Herzwurzel verfault, zu helfen, dadurch, daß sie die Wurzeln räumten. Um diesem Ver- dorren zuvor zu kommen, bohrten sie, wenn sie Abnahme seiner Kräfte merkten, unter dem Orte, wo er gepfropft ist, ein Loch hinein, bis auf die Mitte oder bis auf den Kern; sie tha- ten dieses um Martini, und ließen dieses 6 Wochen auf, um dem Baume frische Luft zu geben; sie verstopften es alsdenn mit einem Hagedornpflock, und glaubten dadurch den Baum zu verjüngen; sie legten vor der Ver- stopfung noch in das Loch Zimmet, Nägelein, mit halb Zucker vermischt, um den Geschmack der Früchte zu bessern y). Der Versuch mit der Luftverbesserung verdiente Aufmerksamkeit, mehr als andere Künsteleyen, die vielleicht meist auf Vorurtheile und Aberglauben sich gründeten. Sie behaupteten, daß man Aepfel, auf Erlen, Ebreschen und Kirschstämme ge- pfropft, roth färben könne. Sie pfropften auch Aepfel auf Weyden und Pappeln. Unter den Früchten, die sie kannten und baueten, werden erwähnt, Aepfel, Birnen, Quitten, Pflau- men, Kirschen, Pfersigen, Nüsse, Cornel- kirschen, Mandeln, Castanien, Wein, Maul- beeren, Mispeln, Hanbuten und Schleen. Die Maulbeerbäume scheint man damals am meisten durch Pfropfen fortgepflanzet zu ha- ben, z. B. auf Ulmen, auf Pflaumen- und
andere
y) Coler l. c. p. 131.
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Herzwurzel verfault, zu helfen, dadurch, daß ſie die Wurzeln raͤumten. Um dieſem Ver- dorren zuvor zu kommen, bohrten ſie, wenn ſie Abnahme ſeiner Kraͤfte merkten, unter dem Orte, wo er gepfropft iſt, ein Loch hinein, bis auf die Mitte oder bis auf den Kern; ſie tha- ten dieſes um Martini, und ließen dieſes 6 Wochen auf, um dem Baume friſche Luft zu geben; ſie verſtopften es alsdenn mit einem Hagedornpflock, und glaubten dadurch den Baum zu verjuͤngen; ſie legten vor der Ver- ſtopfung noch in das Loch Zimmet, Naͤgelein, mit halb Zucker vermiſcht, um den Geſchmack der Fruͤchte zu beſſern y). Der Verſuch mit der Luftverbeſſerung verdiente Aufmerkſamkeit, mehr als andere Kuͤnſteleyen, die vielleicht meiſt auf Vorurtheile und Aberglauben ſich gruͤndeten. Sie behaupteten, daß man Aepfel, auf Erlen, Ebreſchen und Kirſchſtaͤmme ge- pfropft, roth faͤrben koͤnne. Sie pfropften auch Aepfel auf Weyden und Pappeln. Unter den Fruͤchten, die ſie kannten und baueten, werden erwaͤhnt, Aepfel, Birnen, Quitten, Pflau- men, Kirſchen, Pferſigen, Nuͤſſe, Cornel- kirſchen, Mandeln, Caſtanien, Wein, Maul- beeren, Miſpeln, Hanbuten und Schleen. Die Maulbeerbaͤume ſcheint man damals am meiſten durch Pfropfen fortgepflanzet zu ha- ben, z. B. auf Ulmen, auf Pflaumen- und
andere
y) Coler l. c. p. 131.
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Herzwurzel verfault, zu helfen, dadurch, daß
ſie die Wurzeln raͤumten. Um dieſem Ver-
dorren zuvor zu kommen, bohrten ſie, wenn
ſie Abnahme ſeiner Kraͤfte merkten, unter dem
Orte, wo er gepfropft iſt, ein Loch hinein, bis
auf die Mitte oder bis auf den Kern; ſie tha-
ten dieſes um Martini, und ließen dieſes 6
Wochen auf, um dem Baume friſche Luft zu
geben; ſie verſtopften es alsdenn mit einem
Hagedornpflock, und glaubten dadurch den
Baum zu verjuͤngen; ſie legten vor der Ver-
ſtopfung noch in das Loch Zimmet, Naͤgelein,
mit halb Zucker vermiſcht, um den Geſchmack
der Fruͤchte zu beſſern y). Der Verſuch mit
der Luftverbeſſerung verdiente Aufmerkſamkeit,
mehr als andere Kuͤnſteleyen, die vielleicht
meiſt auf Vorurtheile und Aberglauben ſich
gruͤndeten. Sie behaupteten, daß man Aepfel,
auf Erlen, Ebreſchen und Kirſchſtaͤmme ge-
pfropft, roth faͤrben koͤnne. Sie pfropften auch
Aepfel auf Weyden und Pappeln. Unter den
Fruͤchten, die ſie kannten und baueten, werden
erwaͤhnt, Aepfel, Birnen, Quitten, Pflau-
men, Kirſchen, Pferſigen, Nuͤſſe, Cornel-
kirſchen, Mandeln, Caſtanien, Wein, Maul-
beeren, Miſpeln, Hanbuten und Schleen.
Die Maulbeerbaͤume ſcheint man damals am
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/33>, abgerufen am 21.11.2024.
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