mit der Hand nicht auf seiner Nase oder Backen er- fahren, stets zurück treten, und sich weiter von ihnen entfernen muß. Manche von den jungen Leuten wissen nicht, wo sie unter währendem Discours, oder bey einer vornehmen Aufwartung, ihre Hände mit einer guten grace hinthun sollen. Jch hörte ein- sten eine hohe und verständige Dame raisoniren: Manche von unsern jungen Teutschen verreißten viele tausend Thaler, und brächten, ausser einigen verchamerirten Kleidern und andern Galanterien, aus Franckreich und andern fremden Ländern, we- nig gute Qualitäten mit sich, wären auch wohl bey ihrer Zurückkunfft so ungeschickt, daß sie nicht wüß- ten, wenn sie mit einer Dame discourirten, wo sie die Hände lassen solten. Einige vagiren stets da- mit herum, und machen allzu geschwinde Verände- rungen, andere aber sind allzu steiff, sie stecken die Hände entweder in Schubsack oder oben in die Weste, u. s. w.
§. 25. Es ist viel daran gelegen, daß ein junger Mensch einen zierlichen Reverence cavalierement machen kan, der mit einer wohlanständigen Mine vergesellschafftet werde, sintemahl unterschiedene Fehler von Leuten, die doch sonst im übrigen wohl zu leben wissen, dabey vorgehen, einige machen sie allzu tief und dabey zu schnell, und gewinnet es das Ansehen, als ob sie anfiengen zu fallen; andere wollen den Rücken nicht beugen, als ob sie einen Drath darinne angehefftet hätten, der nicht nach- geben wolte, noch andere wackeln mit dem Kopff
dazu,
I. Theil. VI. Capitul.
mit der Hand nicht auf ſeiner Naſe oder Backen er- fahren, ſtets zuruͤck treten, und ſich weiter von ihnen entfernen muß. Manche von den jungen Leuten wiſſen nicht, wo ſie unter waͤhrendem Diſcours, oder bey einer vornehmen Aufwartung, ihre Haͤnde mit einer guten grace hinthun ſollen. Jch hoͤrte ein- ſten eine hohe und verſtaͤndige Dame raiſoniren: Manche von unſern jungen Teutſchen verreißten viele tauſend Thaler, und braͤchten, auſſer einigen verchamerirten Kleidern und andern Galanterien, aus Franckreich und andern fremden Laͤndern, we- nig gute Qualitaͤten mit ſich, waͤren auch wohl bey ihrer Zuruͤckkunfft ſo ungeſchickt, daß ſie nicht wuͤß- ten, wenn ſie mit einer Dame diſcourirten, wo ſie die Haͤnde laſſen ſolten. Einige vagiren ſtets da- mit herum, und machen allzu geſchwinde Veraͤnde- rungen, andere aber ſind allzu ſteiff, ſie ſtecken die Haͤnde entweder in Schubſack oder oben in die Weſte, u. ſ. w.
§. 25. Es iſt viel daran gelegen, daß ein junger Menſch einen zierlichen Reverence cavalierement machen kan, der mit einer wohlanſtaͤndigen Mine vergeſellſchafftet werde, ſintemahl unterſchiedene Fehler von Leuten, die doch ſonſt im uͤbrigen wohl zu leben wiſſen, dabey vorgehen, einige machen ſie allzu tief und dabey zu ſchnell, und gewinnet es das Anſehen, als ob ſie anfiengen zu fallen; andere wollen den Ruͤcken nicht beugen, als ob ſie einen Drath darinne angehefftet haͤtten, der nicht nach- geben wolte, noch andere wackeln mit dem Kopff
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I. Theil. VI. Capitul.
mit der Hand nicht auf ſeiner Naſe oder Backen er-
fahren, ſtets zuruͤck treten, und ſich weiter von ihnen
entfernen muß. Manche von den jungen Leuten
wiſſen nicht, wo ſie unter waͤhrendem Diſcours, oder
bey einer vornehmen Aufwartung, ihre Haͤnde mit
einer guten grace hinthun ſollen. Jch hoͤrte ein-
ſten eine hohe und verſtaͤndige Dame raiſoniren:
Manche von unſern jungen Teutſchen verreißten
viele tauſend Thaler, und braͤchten, auſſer einigen
verchamerirten Kleidern und andern Galanterien,
aus Franckreich und andern fremden Laͤndern, we-
nig gute Qualitaͤten mit ſich, waͤren auch wohl bey
ihrer Zuruͤckkunfft ſo ungeſchickt, daß ſie nicht wuͤß-
ten, wenn ſie mit einer Dame diſcourirten, wo ſie
die Haͤnde laſſen ſolten. Einige vagiren ſtets da-
mit herum, und machen allzu geſchwinde Veraͤnde-
rungen, andere aber ſind allzu ſteiff, ſie ſtecken die
Haͤnde entweder in Schubſack oder oben in die
Weſte, u. ſ. w.
§. 25. Es iſt viel daran gelegen, daß ein junger
Menſch einen zierlichen Reverence cavalierement
machen kan, der mit einer wohlanſtaͤndigen Mine
vergeſellſchafftet werde, ſintemahl unterſchiedene
Fehler von Leuten, die doch ſonſt im uͤbrigen wohl
zu leben wiſſen, dabey vorgehen, einige machen ſie
allzu tief und dabey zu ſchnell, und gewinnet es
das Anſehen, als ob ſie anfiengen zu fallen; andere
wollen den Ruͤcken nicht beugen, als ob ſie einen
Drath darinne angehefftet haͤtten, der nicht nach-
geben wolte, noch andere wackeln mit dem Kopff
dazu,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/218>, abgerufen am 09.11.2024.
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