Redner zu Vorgängern hat, und was einmahl in der Teutschen Sprache das Bürger-Recht erhal- ten, kan er auch gantz wohl gebrauchen.
§. 12. Da in allen unsern Reden und Hand- lungen die Sittsamkeit, Klugheit und Ordnung herrschen muß, so müssen wir dieselbe, auch bey Ab- fassung und Ablegung solenner Reden, in Obacht nehmen, und nichts vorbringen, das entweder bey einem zweydeutigen Verstande den Schein hat, als ob es die Erbarkeit einigermassen beleidigt, oder doch sonst den Zuhörern wunderlich und unordent- lich vorkommen könte. Einige dencken, was sie vor ein Kunst-Stück anbringen wollen, wenn sie ihre Rede mit einem so seltzamen Eingang anfangen, daß die Zuhörer nicht wissen, wo es damit hinaus kommen werde. Also weiß ich, daß einsten ein jun- ger Parentator, bey dem Begräbniß eines hohen Kriegs-Officiers, seine Abdanckung mit den Wor- ten: Der Donner und der Hagel, anfieng; Nach- dem nun den Zuhörern dieser Anfang befremdlich geschienen, und er eine Weile inne gehalten, setzte er seine Rede folgender Gestalt fort: Der Donner und der Hagel, welcher in dem 2ten Jahre bey Be- lagerung der Vestung Landau, aus den brüllenden Carthaunen ausgeworffen wurde, u s. w. Ein anderer wolte bey dem Begräbniß eines jungen adelichen Frauenzimmers, ich weiß nicht, nach was vor einer Thesi, drey Berge vorstellen, doch diese drey Berge gaben einigen Spöttern Gelegenheit zu mancherley unnützen Worten.
§. 13.
U 4
Von Ablegung oͤffentlicher Reden.
Redner zu Vorgaͤngern hat, und was einmahl in der Teutſchen Sprache das Buͤrger-Recht erhal- ten, kan er auch gantz wohl gebrauchen.
§. 12. Da in allen unſern Reden und Hand- lungen die Sittſamkeit, Klugheit und Ordnung herrſchen muß, ſo muͤſſen wir dieſelbe, auch bey Ab- faſſung und Ablegung ſolenner Reden, in Obacht nehmen, und nichts vorbringen, das entweder bey einem zweydeutigen Verſtande den Schein hat, als ob es die Erbarkeit einigermaſſen beleidigt, oder doch ſonſt den Zuhoͤrern wunderlich und unordent- lich vorkommen koͤnte. Einige dencken, was ſie vor ein Kunſt-Stuͤck anbringen wollen, wenn ſie ihre Rede mit einem ſo ſeltzamen Eingang anfangen, daß die Zuhoͤrer nicht wiſſen, wo es damit hinaus kommen werde. Alſo weiß ich, daß einſten ein jun- ger Parentator, bey dem Begraͤbniß eines hohen Kriegs-Officiers, ſeine Abdanckung mit den Wor- ten: Der Donner und der Hagel, anfieng; Nach- dem nun den Zuhoͤrern dieſer Anfang befremdlich geſchienen, und er eine Weile inne gehalten, ſetzte er ſeine Rede folgender Geſtalt fort: Der Donner und der Hagel, welcher in dem 2ten Jahre bey Be- lagerung der Veſtung Landau, aus den bruͤllenden Carthaunen ausgeworffen wurde, u ſ. w. Ein anderer wolte bey dem Begraͤbniß eines jungen adelichen Frauenzimmers, ich weiß nicht, nach was vor einer Theſi, drey Berge vorſtellen, doch dieſe drey Berge gaben einigen Spoͤttern Gelegenheit zu mancherley unnuͤtzen Worten.
§. 13.
U 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0331"n="311"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von Ablegung oͤffentlicher Reden.</hi></fw><lb/>
Redner zu Vorgaͤngern hat, und was einmahl in<lb/>
der Teutſchen Sprache das Buͤrger-Recht erhal-<lb/>
ten, kan er auch gantz wohl gebrauchen.</p><lb/><p>§. 12. Da in allen unſern Reden und Hand-<lb/>
lungen die Sittſamkeit, Klugheit und Ordnung<lb/>
herrſchen muß, ſo muͤſſen wir dieſelbe, auch bey Ab-<lb/>
faſſung und Ablegung <hirendition="#aq">ſolenner</hi> Reden, in Obacht<lb/>
nehmen, und nichts vorbringen, das entweder bey<lb/>
einem zweydeutigen Verſtande den Schein hat,<lb/>
als ob es die Erbarkeit einigermaſſen beleidigt, oder<lb/>
doch ſonſt den Zuhoͤrern wunderlich und unordent-<lb/>
lich vorkommen koͤnte. Einige dencken, was ſie<lb/>
vor ein Kunſt-Stuͤck anbringen wollen, wenn ſie<lb/>
ihre Rede mit einem ſo ſeltzamen Eingang anfangen,<lb/>
daß die Zuhoͤrer nicht wiſſen, wo es damit hinaus<lb/>
kommen werde. Alſo weiß ich, daß einſten ein jun-<lb/>
ger <hirendition="#aq">Parentator,</hi> bey dem Begraͤbniß eines hohen<lb/>
Kriegs-<hirendition="#aq">Officiers,</hi>ſeine Abdanckung mit den Wor-<lb/>
ten: Der Donner und der Hagel, anfieng; Nach-<lb/>
dem nun den Zuhoͤrern dieſer Anfang befremdlich<lb/>
geſchienen, und er eine Weile inne gehalten, ſetzte er<lb/>ſeine Rede folgender Geſtalt fort: Der Donner<lb/>
und der Hagel, welcher in dem 2ten Jahre bey Be-<lb/>
lagerung der Veſtung Landau, aus den bruͤllenden<lb/>
Carthaunen ausgeworffen wurde, u ſ. w. Ein<lb/>
anderer wolte bey dem Begraͤbniß eines jungen<lb/>
adelichen Frauenzimmers, ich weiß nicht, nach was<lb/>
vor einer <hirendition="#aq">Theſi,</hi> drey Berge vorſtellen, doch dieſe<lb/>
drey Berge gaben einigen Spoͤttern Gelegenheit zu<lb/>
mancherley unnuͤtzen Worten.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">U 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">§. 13.</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[311/0331]
Von Ablegung oͤffentlicher Reden.
Redner zu Vorgaͤngern hat, und was einmahl in
der Teutſchen Sprache das Buͤrger-Recht erhal-
ten, kan er auch gantz wohl gebrauchen.
§. 12. Da in allen unſern Reden und Hand-
lungen die Sittſamkeit, Klugheit und Ordnung
herrſchen muß, ſo muͤſſen wir dieſelbe, auch bey Ab-
faſſung und Ablegung ſolenner Reden, in Obacht
nehmen, und nichts vorbringen, das entweder bey
einem zweydeutigen Verſtande den Schein hat,
als ob es die Erbarkeit einigermaſſen beleidigt, oder
doch ſonſt den Zuhoͤrern wunderlich und unordent-
lich vorkommen koͤnte. Einige dencken, was ſie
vor ein Kunſt-Stuͤck anbringen wollen, wenn ſie
ihre Rede mit einem ſo ſeltzamen Eingang anfangen,
daß die Zuhoͤrer nicht wiſſen, wo es damit hinaus
kommen werde. Alſo weiß ich, daß einſten ein jun-
ger Parentator, bey dem Begraͤbniß eines hohen
Kriegs-Officiers, ſeine Abdanckung mit den Wor-
ten: Der Donner und der Hagel, anfieng; Nach-
dem nun den Zuhoͤrern dieſer Anfang befremdlich
geſchienen, und er eine Weile inne gehalten, ſetzte er
ſeine Rede folgender Geſtalt fort: Der Donner
und der Hagel, welcher in dem 2ten Jahre bey Be-
lagerung der Veſtung Landau, aus den bruͤllenden
Carthaunen ausgeworffen wurde, u ſ. w. Ein
anderer wolte bey dem Begraͤbniß eines jungen
adelichen Frauenzimmers, ich weiß nicht, nach was
vor einer Theſi, drey Berge vorſtellen, doch dieſe
drey Berge gaben einigen Spoͤttern Gelegenheit zu
mancherley unnuͤtzen Worten.
§. 13.
U 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/331>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.