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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von Ablegung öffentlicher Reden.

§. 14. Es geben nicht allein die Oerter, wo man
redet, und die Umstände der Zuhörer, vor denen
man seine Rede abzulegen hat, sondern auch wohl
die Fälle, die eine Rede veranlassen, die Regeln an
die Hand, was sich vor Themata und Realien am
füglichsten appliciren lassen, und aus was vor
Qvellen solche herzuleiten seyn. Bey Hofe ist es
gar angenehm, wenn man in seinen Reden aus
der neuesten Historie, sonderlich der Teutschen Ge-
schichte, aus bewährten Historicis, aus den Lebens-
Beschreibungen grosser Herren, ingleichen aus be-
liebten Frantzösischen Autoribus, u. s. w. etwas
angenehmes, merckwürdiges, und nicht jederman
bekandtes, anbringen kan. Hat man in einem
Raths-Collegio, oder bey Abwechselung eines
Stadt-Magistrats, und andern dergleichen Bege-
benheiten eine Rede zu halten, so schickt es sich gar
wohl, wenn man aus den Römischen oder andern
Gesetzen etwas mit erwehnt, und juristisch aus-
führt, und so kan man denn bey andern Fällen schon
selbst finden, was vor ein Thema, oder welcherley
Realien am besten zu appliciren seyn.

§. 15. Die so genandten Sinn-Bilder sind
insgemein nicht gar zu weit her, sie riechen
starck nach der Schule, und müssen in den Hof-
und Staats-Reden gar sparsam angebracht wer-
den. Wenn manche Hof-Leute hören, daß ein
Redner seine Rede folgender Gestalt anfängt: Je-
ner sinnreiche Kopff mahlte diß und das mit der
Uberschrifft an, so kommt es ihnen schon spöttisch

vor,
U 5
Von Ablegung oͤffentlicher Reden.

§. 14. Es geben nicht allein die Oerter, wo man
redet, und die Umſtaͤnde der Zuhoͤrer, vor denen
man ſeine Rede abzulegen hat, ſondern auch wohl
die Faͤlle, die eine Rede veranlaſſen, die Regeln an
die Hand, was ſich vor Themata und Realien am
fuͤglichſten appliciren laſſen, und aus was vor
Qvellen ſolche herzuleiten ſeyn. Bey Hofe iſt es
gar angenehm, wenn man in ſeinen Reden aus
der neueſten Hiſtorie, ſonderlich der Teutſchen Ge-
ſchichte, aus bewaͤhrten Hiſtoricis, aus den Lebens-
Beſchreibungen groſſer Herren, ingleichen aus be-
liebten Frantzoͤſiſchen Autoribus, u. ſ. w. etwas
angenehmes, merckwuͤrdiges, und nicht jederman
bekandtes, anbringen kan. Hat man in einem
Raths-Collegio, oder bey Abwechſelung eines
Stadt-Magiſtrats, und andern dergleichen Bege-
benheiten eine Rede zu halten, ſo ſchickt es ſich gar
wohl, wenn man aus den Roͤmiſchen oder andern
Geſetzen etwas mit erwehnt, und juriſtiſch aus-
fuͤhrt, und ſo kan man denn bey andern Faͤllen ſchon
ſelbſt finden, was vor ein Thema, oder welcherley
Realien am beſten zu appliciren ſeyn.

§. 15. Die ſo genandten Sinn-Bilder ſind
insgemein nicht gar zu weit her, ſie riechen
ſtarck nach der Schule, und muͤſſen in den Hof-
und Staats-Reden gar ſparſam angebracht wer-
den. Wenn manche Hof-Leute hoͤren, daß ein
Redner ſeine Rede folgender Geſtalt anfaͤngt: Je-
ner ſinnreiche Kopff mahlte diß und das mit der
Uberſchrifft an, ſo kommt es ihnen ſchon ſpoͤttiſch

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[313/0333] Von Ablegung oͤffentlicher Reden. §. 14. Es geben nicht allein die Oerter, wo man redet, und die Umſtaͤnde der Zuhoͤrer, vor denen man ſeine Rede abzulegen hat, ſondern auch wohl die Faͤlle, die eine Rede veranlaſſen, die Regeln an die Hand, was ſich vor Themata und Realien am fuͤglichſten appliciren laſſen, und aus was vor Qvellen ſolche herzuleiten ſeyn. Bey Hofe iſt es gar angenehm, wenn man in ſeinen Reden aus der neueſten Hiſtorie, ſonderlich der Teutſchen Ge- ſchichte, aus bewaͤhrten Hiſtoricis, aus den Lebens- Beſchreibungen groſſer Herren, ingleichen aus be- liebten Frantzoͤſiſchen Autoribus, u. ſ. w. etwas angenehmes, merckwuͤrdiges, und nicht jederman bekandtes, anbringen kan. Hat man in einem Raths-Collegio, oder bey Abwechſelung eines Stadt-Magiſtrats, und andern dergleichen Bege- benheiten eine Rede zu halten, ſo ſchickt es ſich gar wohl, wenn man aus den Roͤmiſchen oder andern Geſetzen etwas mit erwehnt, und juriſtiſch aus- fuͤhrt, und ſo kan man denn bey andern Faͤllen ſchon ſelbſt finden, was vor ein Thema, oder welcherley Realien am beſten zu appliciren ſeyn. §. 15. Die ſo genandten Sinn-Bilder ſind insgemein nicht gar zu weit her, ſie riechen ſtarck nach der Schule, und muͤſſen in den Hof- und Staats-Reden gar ſparſam angebracht wer- den. Wenn manche Hof-Leute hoͤren, daß ein Redner ſeine Rede folgender Geſtalt anfaͤngt: Je- ner ſinnreiche Kopff mahlte diß und das mit der Uberſchrifft an, ſo kommt es ihnen ſchon ſpoͤttiſch vor, U 5

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/333>, abgerufen am 21.11.2024.