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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. VIII. Capitul.
nicht allein diejenigen, mit denen er spielet, sondern
auch eine große Anzahl Herumläuffer, die von ei-
nem Spiel-Tische zu dem andern lauffen, und alle
Geberden, Worte und Orte zu spielen, bißweilen
auf das schärffste beurtheilen. Es muß einer, der
sich nicht zum Gelächter machen will, auf alle Klei-
nigkeiten Acht haben, er muß die Charte recht mi-
schen, und kein Blat unter den Tisch fallen lassen, ge-
hörig coupiren lassen, die Charten-Blätter recht
austheilen, keinem zu viel noch zu wenig geben, er
muß nicht vergessen, die Beten zuzusetzen, und alles
dasjenige, was die Regeln des Spieles erfordern,
ohn Erinnern beobachten.

§. 14. Jst man nicht en humeur zu spielen, so
besuche man ja nicht die Gesellschafften der Höhern
und vornehmern Leute, denn wenn uns der Höhere
befiehlet, daß wir spielen sollen, und wir entschuldi-
gen uns nach Art einiger unwissenden jungen Leute
bloß damit, daß wir heute zum Spielen gantz und
gar nicht aufgelegt, und dazu disponirt wären, so
würden wir gar sehr wieder die Regeln des Wohl-
standes handeln. Diese Erklärung gehet wohl
an, wenn man unter seines gleichen ist, wenn man
sie aber bey den Höhern vorbringen will, lässet sie
sehr unglimpflich.

§. 15. Wider den Wohlstand ist, wenn sich
ein junger Cavalier in solche Spiele einläst, die nur
dem Pöbel-Volck und dem Lumpen-Gesindlein
anständig, als wenn er z. E. auf öffentlichen Märck-
ten bey den Glücksbüdnern und Riemschneidern

sein

II. Theil. VIII. Capitul.
nicht allein diejenigen, mit denen er ſpielet, ſondern
auch eine große Anzahl Herumlaͤuffer, die von ei-
nem Spiel-Tiſche zu dem andern lauffen, und alle
Geberden, Worte und Orte zu ſpielen, bißweilen
auf das ſchaͤrffſte beurtheilen. Es muß einer, der
ſich nicht zum Gelaͤchter machen will, auf alle Klei-
nigkeiten Acht haben, er muß die Charte recht mi-
ſchen, und kein Blat unter den Tiſch fallen laſſen, ge-
hoͤrig coupiren laſſen, die Charten-Blaͤtter recht
austheilen, keinem zu viel noch zu wenig geben, er
muß nicht vergeſſen, die Béten zuzuſetzen, und alles
dasjenige, was die Regeln des Spieles erfordern,
ohn Erinnern beobachten.

§. 14. Jſt man nicht en humeur zu ſpielen, ſo
beſuche man ja nicht die Geſellſchafften der Hoͤhern
und vornehmern Leute, denn wenn uns der Hoͤhere
befiehlet, daß wir ſpielen ſollen, und wir entſchuldi-
gen uns nach Art einiger unwiſſenden jungen Leute
bloß damit, daß wir heute zum Spielen gantz und
gar nicht aufgelegt, und dazu diſponirt waͤren, ſo
wuͤrden wir gar ſehr wieder die Regeln des Wohl-
ſtandes handeln. Dieſe Erklaͤrung gehet wohl
an, wenn man unter ſeines gleichen iſt, wenn man
ſie aber bey den Hoͤhern vorbringen will, laͤſſet ſie
ſehr unglimpflich.

§. 15. Wider den Wohlſtand iſt, wenn ſich
ein junger Cavalier in ſolche Spiele einlaͤſt, die nur
dem Poͤbel-Volck und dem Lumpen-Geſindlein
anſtaͤndig, als wenn er z. E. auf oͤffentlichen Maͤrck-
ten bey den Gluͤcksbuͤdnern und Riemſchneidern

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[412/0432] II. Theil. VIII. Capitul. nicht allein diejenigen, mit denen er ſpielet, ſondern auch eine große Anzahl Herumlaͤuffer, die von ei- nem Spiel-Tiſche zu dem andern lauffen, und alle Geberden, Worte und Orte zu ſpielen, bißweilen auf das ſchaͤrffſte beurtheilen. Es muß einer, der ſich nicht zum Gelaͤchter machen will, auf alle Klei- nigkeiten Acht haben, er muß die Charte recht mi- ſchen, und kein Blat unter den Tiſch fallen laſſen, ge- hoͤrig coupiren laſſen, die Charten-Blaͤtter recht austheilen, keinem zu viel noch zu wenig geben, er muß nicht vergeſſen, die Béten zuzuſetzen, und alles dasjenige, was die Regeln des Spieles erfordern, ohn Erinnern beobachten. §. 14. Jſt man nicht en humeur zu ſpielen, ſo beſuche man ja nicht die Geſellſchafften der Hoͤhern und vornehmern Leute, denn wenn uns der Hoͤhere befiehlet, daß wir ſpielen ſollen, und wir entſchuldi- gen uns nach Art einiger unwiſſenden jungen Leute bloß damit, daß wir heute zum Spielen gantz und gar nicht aufgelegt, und dazu diſponirt waͤren, ſo wuͤrden wir gar ſehr wieder die Regeln des Wohl- ſtandes handeln. Dieſe Erklaͤrung gehet wohl an, wenn man unter ſeines gleichen iſt, wenn man ſie aber bey den Hoͤhern vorbringen will, laͤſſet ſie ſehr unglimpflich. §. 15. Wider den Wohlſtand iſt, wenn ſich ein junger Cavalier in ſolche Spiele einlaͤſt, die nur dem Poͤbel-Volck und dem Lumpen-Geſindlein anſtaͤndig, als wenn er z. E. auf oͤffentlichen Maͤrck- ten bey den Gluͤcksbuͤdnern und Riemſchneidern ſein

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/432>, abgerufen am 24.11.2024.