Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Theil. VIII. Capitul.
sen Festivitäten, wo es sehr prächtig zugangen, biß-
weilen mehr Schau-Essen zur Parade aufgesetzt
worden als andere Speisen zum Vorschneiden und
Vorlegen. Heutiges Tages sind sie nicht so häuf-
fig, werden aber davor mit desto grösserer Inven-
tion,
und auf eine sinnreichere Weise inventirt;
Jnsonderheit aber die Confituren gar öffters nach
besondern Kunst-Regeln aufgesetzt. Bißweilen
werden gantze Geschichte vorgestellt. Alle Colon-
n
en Gesimse und Aussätze, alle Statuen und Figuren,
und was nur zur Architectur gehört, alle Blumen,
Bäume und Blätter, alle Kleider und Gewandte
an den Personen, die durchsichtigen Wolcken, und
was nur zu sehen ist, ist aus lauter Zucker dergestalt
gegossen, daß die Farben den Marmor, die Bronze,
die Personen, Blumen und Blätter und Früch-
te auf das natürlichste und vollkommenste vor-
stellen.

§. 27. Anno 1726 haben Jhro Chur-Fürst-
liche Durchlauchtigkeit zu Pfaltz am 5 Martii, als
am grossen Carneval, eine sehr magnifique Tafel
gehalten, und an dieser 120 Personen von Distin-
ction
mit 400 prächtigen Speisen auf das delica-
te
ste tractiret, wobey das merckwürdigste gewesen,
daß das von dem Conditore zubereitete sonderbah-
re Confect, unter andern ein förmliches Castel, mit
seinen Forder- und Hinter-Roundelen, oder Thür-
men, aus welchen die Canonen und Raqueten ab-
gefeuert, die letztern auch biß zu der obern Decke des
grossen Saals steigend, aufgetrieben worden, prae-

senti-

I. Theil. VIII. Capitul.
ſen Feſtivitaͤten, wo es ſehr praͤchtig zugangen, biß-
weilen mehr Schau-Eſſen zur Parade aufgeſetzt
worden als andere Speiſen zum Vorſchneiden und
Vorlegen. Heutiges Tages ſind ſie nicht ſo haͤuf-
fig, werden aber davor mit deſto groͤſſerer Inven-
tion,
und auf eine ſinnreichere Weiſe inventirt;
Jnſonderheit aber die Confituren gar oͤffters nach
beſondern Kunſt-Regeln aufgeſetzt. Bißweilen
werden gantze Geſchichte vorgeſtellt. Alle Colon-
n
en Geſimſe und Auſſaͤtze, alle Statuen und Figuren,
und was nur zur Architectur gehoͤrt, alle Blumen,
Baͤume und Blaͤtter, alle Kleider und Gewandte
an den Perſonen, die durchſichtigen Wolcken, und
was nur zu ſehen iſt, iſt aus lauter Zucker dergeſtalt
gegoſſen, daß die Farben den Marmor, die Bronze,
die Perſonen, Blumen und Blaͤtter und Fruͤch-
te auf das natuͤrlichſte und vollkommenſte vor-
ſtellen.

§. 27. Anno 1726 haben Jhro Chur-Fuͤrſt-
liche Durchlauchtigkeit zu Pfaltz am 5 Martii, als
am groſſen Carneval, eine ſehr magnifique Tafel
gehalten, und an dieſer 120 Perſonen von Diſtin-
ction
mit 400 praͤchtigen Speiſen auf das delica-
te
ſte tractiret, wobey das merckwuͤrdigſte geweſen,
daß das von dem Conditore zubereitete ſonderbah-
re Confect, unter andern ein foͤrmliches Caſtel, mit
ſeinen Forder- und Hinter-Roundelen, oder Thuͤr-
men, aus welchen die Canonen und Raqueten ab-
gefeuert, die letztern auch biß zu der obern Decke des
groſſen Saals ſteigend, aufgetrieben worden, præ-

ſenti-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0126" n="102"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
&#x017F;en <hi rendition="#aq">Fe&#x017F;tivit</hi>a&#x0364;ten, wo es &#x017F;ehr pra&#x0364;chtig zugangen, biß-<lb/>
weilen mehr Schau-E&#x017F;&#x017F;en zur <hi rendition="#aq">Parade</hi> aufge&#x017F;etzt<lb/>
worden als andere Spei&#x017F;en zum Vor&#x017F;chneiden und<lb/>
Vorlegen. Heutiges Tages &#x017F;ind &#x017F;ie nicht &#x017F;o ha&#x0364;uf-<lb/>
fig, werden aber davor mit de&#x017F;to gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erer <hi rendition="#aq">Inven-<lb/>
tion,</hi> und auf eine &#x017F;innreichere Wei&#x017F;e <hi rendition="#aq">inventi</hi>rt;<lb/>
Jn&#x017F;onderheit aber die <hi rendition="#aq">Confitur</hi>en gar o&#x0364;ffters nach<lb/>
be&#x017F;ondern Kun&#x017F;t-Regeln aufge&#x017F;etzt. Bißweilen<lb/>
werden gantze Ge&#x017F;chichte vorge&#x017F;tellt. Alle <hi rendition="#aq">Colon-<lb/>
n</hi>en Ge&#x017F;im&#x017F;e und Au&#x017F;&#x017F;a&#x0364;tze, alle <hi rendition="#aq">Statu</hi>en und <hi rendition="#aq">Figur</hi>en,<lb/>
und was nur zur <hi rendition="#aq">Architectur</hi> geho&#x0364;rt, alle Blumen,<lb/>
Ba&#x0364;ume und Bla&#x0364;tter, alle Kleider und Gewandte<lb/>
an den Per&#x017F;onen, die durch&#x017F;ichtigen Wolcken, und<lb/>
was nur zu &#x017F;ehen i&#x017F;t, i&#x017F;t aus lauter Zucker derge&#x017F;talt<lb/>
gego&#x017F;&#x017F;en, daß die Farben den Marmor, die <hi rendition="#aq">Bronze,</hi><lb/>
die Per&#x017F;onen, Blumen und Bla&#x0364;tter und Fru&#x0364;ch-<lb/>
te auf das natu&#x0364;rlich&#x017F;te und vollkommen&#x017F;te vor-<lb/>
&#x017F;tellen.</p><lb/>
          <p>§. 27. <hi rendition="#aq">Anno</hi> 1726 haben Jhro Chur-Fu&#x0364;r&#x017F;t-<lb/>
liche Durchlauchtigkeit zu Pfaltz am 5 <hi rendition="#aq">Martii,</hi> als<lb/>
am gro&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Carneval,</hi> eine &#x017F;ehr <hi rendition="#aq">magnifique</hi> Tafel<lb/>
gehalten, und an die&#x017F;er 120 Per&#x017F;onen von <hi rendition="#aq">Di&#x017F;tin-<lb/>
ction</hi> mit 400 pra&#x0364;chtigen Spei&#x017F;en auf das <hi rendition="#aq">delica-<lb/>
te</hi>&#x017F;te <hi rendition="#aq">tracti</hi>ret, wobey das merckwu&#x0364;rdig&#x017F;te gewe&#x017F;en,<lb/>
daß das von dem <hi rendition="#aq">Conditore</hi> zubereitete &#x017F;onderbah-<lb/>
re <hi rendition="#aq">Confect,</hi> unter andern ein fo&#x0364;rmliches <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;tel,</hi> mit<lb/>
&#x017F;einen Forder- und Hinter-<hi rendition="#aq">Roundel</hi>en, oder Thu&#x0364;r-<lb/>
men, aus welchen die <hi rendition="#aq">Canon</hi>en und <hi rendition="#aq">Raquet</hi>en ab-<lb/>
gefeuert, die letztern auch biß zu der obern Decke des<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Saals &#x017F;teigend, aufgetrieben worden, <hi rendition="#aq">præ-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">&#x017F;enti-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0126] I. Theil. VIII. Capitul. ſen Feſtivitaͤten, wo es ſehr praͤchtig zugangen, biß- weilen mehr Schau-Eſſen zur Parade aufgeſetzt worden als andere Speiſen zum Vorſchneiden und Vorlegen. Heutiges Tages ſind ſie nicht ſo haͤuf- fig, werden aber davor mit deſto groͤſſerer Inven- tion, und auf eine ſinnreichere Weiſe inventirt; Jnſonderheit aber die Confituren gar oͤffters nach beſondern Kunſt-Regeln aufgeſetzt. Bißweilen werden gantze Geſchichte vorgeſtellt. Alle Colon- nen Geſimſe und Auſſaͤtze, alle Statuen und Figuren, und was nur zur Architectur gehoͤrt, alle Blumen, Baͤume und Blaͤtter, alle Kleider und Gewandte an den Perſonen, die durchſichtigen Wolcken, und was nur zu ſehen iſt, iſt aus lauter Zucker dergeſtalt gegoſſen, daß die Farben den Marmor, die Bronze, die Perſonen, Blumen und Blaͤtter und Fruͤch- te auf das natuͤrlichſte und vollkommenſte vor- ſtellen. §. 27. Anno 1726 haben Jhro Chur-Fuͤrſt- liche Durchlauchtigkeit zu Pfaltz am 5 Martii, als am groſſen Carneval, eine ſehr magnifique Tafel gehalten, und an dieſer 120 Perſonen von Diſtin- ction mit 400 praͤchtigen Speiſen auf das delica- teſte tractiret, wobey das merckwuͤrdigſte geweſen, daß das von dem Conditore zubereitete ſonderbah- re Confect, unter andern ein foͤrmliches Caſtel, mit ſeinen Forder- und Hinter-Roundelen, oder Thuͤr- men, aus welchen die Canonen und Raqueten ab- gefeuert, die letztern auch biß zu der obern Decke des groſſen Saals ſteigend, aufgetrieben worden, præ- ſenti-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/126
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/126>, abgerufen am 24.11.2024.