Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

Von Rang u. Praecedenz grosser Herren.
ben, als worwider sie auf das solenneste wolten
protestiret haben. Bey diesem Falle weichen sie
entweder gäntzlich, oder lassen sich doch ein gewiß
Temperament gefallen.

§. 30. Viele von dem Reichs-Fürstlichen,
Reichs-Gräflichen und Herrschafftlichen Stande
und Geschlechtern, auch viel freye Reichs-Städte,
so auf ihrem point d'honeur allzu sehr bestanden
und noch bestehen, und dißfalls nicht einig werden
können, lassen es auf das Decisum und den Aus-
spruch Jhrer Römisch-Kayserlichen Majestät, als
welchen als ein hohes Reservatum die Cognition
der Praecedenz-Streitigkeiten zukommt. Man-
che werden auch durch die in dem Fürstlichen Hause
hergebrachten Austräge, und in dem Reichs-Hof-
Raths-Collegio ausgemacht.

§. 31. Am besten ists, wenn die Rang-Strei-
tigkeiten auf eine friedliche Weise durch gütliche
Conferenzen entschieden werden, und der Rang
in den Vergleichen secundum aetates Majoratus,
Lineas
oder Senioratus reguliret wird. Also ist
in dem Anhältischen ausgemacht, daß die regieren-
den Herren denen nicht regierenden, ob wohl ältern,
vorgehen, die regierenden aber unter einander den
Vorrang nach dem Alterthum Dero Jahre in der
Regierung haben sollen. Es pflegen dergleichen
Praecedenz-Recesse von Zeit zu Zeit renouvellirt
zu werden.

§. 32. Einige Stände des Reichs, die ihren
Mit-Ständen, oder den Herren Vettern ihres

Hauses,
Z 2

Von Rang u. Præcedenz groſſer Herren.
ben, als worwider ſie auf das ſolenneſte wolten
proteſtiret haben. Bey dieſem Falle weichen ſie
entweder gaͤntzlich, oder laſſen ſich doch ein gewiß
Temperament gefallen.

§. 30. Viele von dem Reichs-Fuͤrſtlichen,
Reichs-Graͤflichen und Herrſchafftlichen Stande
und Geſchlechtern, auch viel freye Reichs-Staͤdte,
ſo auf ihrem point d’honeur allzu ſehr beſtanden
und noch beſtehen, und dißfalls nicht einig werden
koͤnnen, laſſen es auf das Deciſum und den Aus-
ſpruch Jhrer Roͤmiſch-Kayſerlichen Majeſtaͤt, als
welchen als ein hohes Reſervatum die Cognition
der Præcedenz-Streitigkeiten zukommt. Man-
che werden auch durch die in dem Fuͤrſtlichen Hauſe
hergebrachten Austraͤge, und in dem Reichs-Hof-
Raths-Collegio ausgemacht.

§. 31. Am beſten iſts, wenn die Rang-Strei-
tigkeiten auf eine friedliche Weiſe durch guͤtliche
Conferenzen entſchieden werden, und der Rang
in den Vergleichen ſecundum ætates Majoratus,
Lineas
oder Senioratus reguliret wird. Alſo iſt
in dem Anhaͤltiſchen ausgemacht, daß die regieren-
den Herren denen nicht regierenden, ob wohl aͤltern,
vorgehen, die regierenden aber unter einander den
Vorrang nach dem Alterthum Dero Jahre in der
Regierung haben ſollen. Es pflegen dergleichen
Præcedenz-Receſſe von Zeit zu Zeit renouvellirt
zu werden.

§. 32. Einige Staͤnde des Reichs, die ihren
Mit-Staͤnden, oder den Herren Vettern ihres

Hauſes,
Z 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0379" n="355"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von Rang u. <hi rendition="#aq">Præcedenz</hi> gro&#x017F;&#x017F;er Herren.</hi></fw><lb/>
ben, als worwider &#x017F;ie auf das <hi rendition="#aq">&#x017F;olenne</hi>&#x017F;te wolten<lb/><hi rendition="#aq">prote&#x017F;ti</hi>ret haben. Bey die&#x017F;em Falle weichen &#x017F;ie<lb/>
entweder ga&#x0364;ntzlich, oder la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich doch ein gewiß<lb/><hi rendition="#aq">Temperament</hi> gefallen.</p><lb/>
          <p>§. 30. Viele von dem Reichs-Fu&#x0364;r&#x017F;tlichen,<lb/>
Reichs-Gra&#x0364;flichen und Herr&#x017F;chafftlichen Stande<lb/>
und Ge&#x017F;chlechtern, auch viel freye Reichs-Sta&#x0364;dte,<lb/>
&#x017F;o auf ihrem <hi rendition="#aq">point d&#x2019;honeur</hi> allzu &#x017F;ehr be&#x017F;tanden<lb/>
und noch be&#x017F;tehen, und dißfalls nicht einig werden<lb/>
ko&#x0364;nnen, la&#x017F;&#x017F;en es auf das <hi rendition="#aq">Deci&#x017F;um</hi> und den Aus-<lb/>
&#x017F;pruch Jhrer Ro&#x0364;mi&#x017F;ch-Kay&#x017F;erlichen Maje&#x017F;ta&#x0364;t, als<lb/>
welchen als ein hohes <hi rendition="#aq">Re&#x017F;ervatum</hi> die <hi rendition="#aq">Cognition</hi><lb/>
der <hi rendition="#aq">Præcedenz-</hi>Streitigkeiten zukommt. Man-<lb/>
che werden auch durch die in dem Fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Hau&#x017F;e<lb/>
hergebrachten Austra&#x0364;ge, und in dem Reichs-Hof-<lb/>
Raths-<hi rendition="#aq">Collegio</hi> ausgemacht.</p><lb/>
          <p>§. 31. Am be&#x017F;ten i&#x017F;ts, wenn die Rang-Strei-<lb/>
tigkeiten auf eine friedliche Wei&#x017F;e durch gu&#x0364;tliche<lb/><hi rendition="#aq">Conferenz</hi>en ent&#x017F;chieden werden, und der Rang<lb/>
in den Vergleichen <hi rendition="#aq">&#x017F;ecundum ætates Majoratus,<lb/>
Lineas</hi> oder <hi rendition="#aq">Senioratus reguli</hi>ret wird. Al&#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
in dem Anha&#x0364;lti&#x017F;chen ausgemacht, daß die regieren-<lb/>
den Herren denen nicht regierenden, ob wohl a&#x0364;ltern,<lb/>
vorgehen, die regierenden aber unter einander den<lb/>
Vorrang nach dem Alterthum Dero Jahre in der<lb/>
Regierung haben &#x017F;ollen. Es pflegen dergleichen<lb/><hi rendition="#aq">Præcedenz-Rece&#x017F;&#x017F;e</hi> von Zeit zu Zeit <hi rendition="#aq">renouvelli</hi>rt<lb/>
zu werden.</p><lb/>
          <p>§. 32. Einige Sta&#x0364;nde des Reichs, die ihren<lb/>
Mit-Sta&#x0364;nden, oder den Herren Vettern ihres<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Hau&#x017F;es,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[355/0379] Von Rang u. Præcedenz groſſer Herren. ben, als worwider ſie auf das ſolenneſte wolten proteſtiret haben. Bey dieſem Falle weichen ſie entweder gaͤntzlich, oder laſſen ſich doch ein gewiß Temperament gefallen. §. 30. Viele von dem Reichs-Fuͤrſtlichen, Reichs-Graͤflichen und Herrſchafftlichen Stande und Geſchlechtern, auch viel freye Reichs-Staͤdte, ſo auf ihrem point d’honeur allzu ſehr beſtanden und noch beſtehen, und dißfalls nicht einig werden koͤnnen, laſſen es auf das Deciſum und den Aus- ſpruch Jhrer Roͤmiſch-Kayſerlichen Majeſtaͤt, als welchen als ein hohes Reſervatum die Cognition der Præcedenz-Streitigkeiten zukommt. Man- che werden auch durch die in dem Fuͤrſtlichen Hauſe hergebrachten Austraͤge, und in dem Reichs-Hof- Raths-Collegio ausgemacht. §. 31. Am beſten iſts, wenn die Rang-Strei- tigkeiten auf eine friedliche Weiſe durch guͤtliche Conferenzen entſchieden werden, und der Rang in den Vergleichen ſecundum ætates Majoratus, Lineas oder Senioratus reguliret wird. Alſo iſt in dem Anhaͤltiſchen ausgemacht, daß die regieren- den Herren denen nicht regierenden, ob wohl aͤltern, vorgehen, die regierenden aber unter einander den Vorrang nach dem Alterthum Dero Jahre in der Regierung haben ſollen. Es pflegen dergleichen Præcedenz-Receſſe von Zeit zu Zeit renouvellirt zu werden. §. 32. Einige Staͤnde des Reichs, die ihren Mit-Staͤnden, oder den Herren Vettern ihres Hauſes, Z 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/379
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/379>, abgerufen am 24.11.2024.