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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von den heiligen Handlungen.
Herren in Teutschland ihre Princeßinnen Töchter
noch vor dem Tische bethen lassen, ob sie schon be-
reits erwachsen, ja wohl gar an andere Printzen
versprochen gewesen; welches bey der heutigen
Welt manchen trefflich spöttisch vorkommen
würde.

§. 8. Sie suchen sich die schönsten und herrlich-
sten Lieder aus, daran sie in ihrem Leben ihr gröstes
Vergnügen gefunden, sie befehlen, welche davon
auf ihrem Sterbe-Bette ihnen sollen vorgelesen
und vorgesungen werden, und verordnen wohl gar,
daß sie sollen zusammen gedruckt werden, wie wir
zu unsern Zeiten dieses von der Allerdurchlauchtig-
sten und Großmächtigsten Königin in Pohlen und
Chur-Fürstin zu Sachsen, Frauen Christinen
Eberhardinen, deren Verlust das gantze Chur-
Fürstenthum Sachsen noch höchst-schmertzlich be-
klaget, nachrühmen können.

§. 9. An unterschiedenen Höfen muß der Hof-
oder Schloß-Prediger des Morgens und Abends
eine Bethstunde halten, welcher die Durchlauch-
tigste Herrschafft nebst der gantzen Hof-Gemeinde
mit beywohnen; an andern hingegen verrichten sie
dieselben in den besondern Beth-Stübchen, die sie
zu dem Ende in ihren Fürstlichen Residentz-Häu-
sern anlegen lassen, und darff sich alsdenn kein
Mensch unterstehen sie darinnen zu stöhren.

§. 10. Jn den Schloß-Kirchen wird entweder
Früh und Nachmittags geprediget, oder nur früh
Morgens. An einigen Orten sind die Schloß-

Kirchen

Von den heiligen Handlungen.
Herren in Teutſchland ihre Princeßinnen Toͤchter
noch vor dem Tiſche bethen laſſen, ob ſie ſchon be-
reits erwachſen, ja wohl gar an andere Printzen
verſprochen geweſen; welches bey der heutigen
Welt manchen trefflich ſpoͤttiſch vorkommen
wuͤrde.

§. 8. Sie ſuchen ſich die ſchoͤnſten und herrlich-
ſten Lieder aus, daran ſie in ihrem Leben ihr groͤſtes
Vergnuͤgen gefunden, ſie befehlen, welche davon
auf ihrem Sterbe-Bette ihnen ſollen vorgeleſen
und vorgeſungen werden, und verordnen wohl gar,
daß ſie ſollen zuſammen gedruckt werden, wie wir
zu unſern Zeiten dieſes von der Allerdurchlauchtig-
ſten und Großmaͤchtigſten Koͤnigin in Pohlen und
Chur-Fuͤrſtin zu Sachſen, Frauen Chriſtinen
Eberhardinen, deren Verluſt das gantze Chur-
Fuͤrſtenthum Sachſen noch hoͤchſt-ſchmertzlich be-
klaget, nachruͤhmen koͤnnen.

§. 9. An unterſchiedenen Hoͤfen muß der Hof-
oder Schloß-Prediger des Morgens und Abends
eine Bethſtunde halten, welcher die Durchlauch-
tigſte Herrſchafft nebſt der gantzen Hof-Gemeinde
mit beywohnen; an andern hingegen verrichten ſie
dieſelben in den beſondern Beth-Stuͤbchen, die ſie
zu dem Ende in ihren Fuͤrſtlichen Reſidentz-Haͤu-
ſern anlegen laſſen, und darff ſich alsdenn kein
Menſch unterſtehen ſie darinnen zu ſtoͤhren.

§. 10. Jn den Schloß-Kirchen wird entweder
Fruͤh und Nachmittags geprediget, oder nur fruͤh
Morgens. An einigen Orten ſind die Schloß-

Kirchen
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[45/0069] Von den heiligen Handlungen. Herren in Teutſchland ihre Princeßinnen Toͤchter noch vor dem Tiſche bethen laſſen, ob ſie ſchon be- reits erwachſen, ja wohl gar an andere Printzen verſprochen geweſen; welches bey der heutigen Welt manchen trefflich ſpoͤttiſch vorkommen wuͤrde. §. 8. Sie ſuchen ſich die ſchoͤnſten und herrlich- ſten Lieder aus, daran ſie in ihrem Leben ihr groͤſtes Vergnuͤgen gefunden, ſie befehlen, welche davon auf ihrem Sterbe-Bette ihnen ſollen vorgeleſen und vorgeſungen werden, und verordnen wohl gar, daß ſie ſollen zuſammen gedruckt werden, wie wir zu unſern Zeiten dieſes von der Allerdurchlauchtig- ſten und Großmaͤchtigſten Koͤnigin in Pohlen und Chur-Fuͤrſtin zu Sachſen, Frauen Chriſtinen Eberhardinen, deren Verluſt das gantze Chur- Fuͤrſtenthum Sachſen noch hoͤchſt-ſchmertzlich be- klaget, nachruͤhmen koͤnnen. §. 9. An unterſchiedenen Hoͤfen muß der Hof- oder Schloß-Prediger des Morgens und Abends eine Bethſtunde halten, welcher die Durchlauch- tigſte Herrſchafft nebſt der gantzen Hof-Gemeinde mit beywohnen; an andern hingegen verrichten ſie dieſelben in den beſondern Beth-Stuͤbchen, die ſie zu dem Ende in ihren Fuͤrſtlichen Reſidentz-Haͤu- ſern anlegen laſſen, und darff ſich alsdenn kein Menſch unterſtehen ſie darinnen zu ſtoͤhren. §. 10. Jn den Schloß-Kirchen wird entweder Fruͤh und Nachmittags geprediget, oder nur fruͤh Morgens. An einigen Orten ſind die Schloß- Kirchen

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/69>, abgerufen am 21.11.2024.