Garden paradiren, und begeben sich in guter Ord- nung in die Kirche, um die Land-Tags-Predigt anzuhören, und die übrigen Handlungen des Got- tesdienstes abzuwarten. Jst der Gottesdienst ge- endiget, so erscheinen sie alle wieder auf dem Saal, und placiren sich an die ihnen angewiesene Stellen. Die Grafen haben ihre gewisse Ordnung unter ein- ander, die Prälaten aber, als Decani der Stiffter, gehen über die Grafen; so findet man auch biß- weilen eine Distinction unter den Stühlen, vor die vornehmen werden Sammetene, vor die andern aber nur tuchene Stühle gesetzt.
§. 37. Wenn sich die Stände an ihre gehöri- gen Plätze postirt, und der Landes-Herr mit seiner gantzen Hofstatt, an Ministres, Generalen, Hof- Cavalieren auf dem Propositions-Saal einge- funden, und auf den vor ihm zugerichteten kostba- ren Thron oder Fürsten-Stuhl gesetzt, so geschicht die Eröffnung der Proposition. Es bestehet die- selbe in drey Stücken: (1) in einer Anzeige, daß dem Landes-Herrn zu gnädigstem Gefallen gerei- che, daß die Land-Stände gehorsamst erschienen; (2) in Vorstellung der Puncte, darüber zu delibe- riren, und (3) in einem Begehren an die Land- Stände, daß sie sich über solche Puncte zusammen thun, und mit ihrem unterthänigsten Gutachten dem Landes-Herrn ihre Meynung darüber eröff- nen. Die Anrede bey der Proposition geschiehet entweder von dem Cantzler oder geheimden Rath, oder auch von dem Landes-Herrn selbst, welche
darin-
Von den Reichs- und Land-Taͤgen.
Garden paradiren, und begeben ſich in guter Ord- nung in die Kirche, um die Land-Tags-Predigt anzuhoͤren, und die uͤbrigen Handlungen des Got- tesdienſtes abzuwarten. Jſt der Gottesdienſt ge- endiget, ſo erſcheinen ſie alle wieder auf dem Saal, und placiren ſich an die ihnen angewieſene Stellen. Die Grafen haben ihre gewiſſe Ordnung unter ein- ander, die Praͤlaten aber, als Decani der Stiffter, gehen uͤber die Grafen; ſo findet man auch biß- weilen eine Diſtinction unter den Stuͤhlen, vor die vornehmen werden Sammetene, vor die andern aber nur tuchene Stuͤhle geſetzt.
§. 37. Wenn ſich die Staͤnde an ihre gehoͤri- gen Plaͤtze poſtirt, und der Landes-Herr mit ſeiner gantzen Hofſtatt, an Miniſtres, Generalen, Hof- Cavalieren auf dem Propoſitions-Saal einge- funden, und auf den vor ihm zugerichteten koſtba- ren Thron oder Fuͤrſten-Stuhl geſetzt, ſo geſchicht die Eroͤffnung der Propoſition. Es beſtehet die- ſelbe in drey Stuͤcken: (1) in einer Anzeige, daß dem Landes-Herrn zu gnaͤdigſtem Gefallen gerei- che, daß die Land-Staͤnde gehorſamſt erſchienen; (2) in Vorſtellung der Puncte, daruͤber zu delibe- riren, und (3) in einem Begehren an die Land- Staͤnde, daß ſie ſich uͤber ſolche Puncte zuſammen thun, und mit ihrem unterthaͤnigſten Gutachten dem Landes-Herrn ihre Meynung daruͤber eroͤff- nen. Die Anrede bey der Propoſition geſchiehet entweder von dem Cantzler oder geheimden Rath, oder auch von dem Landes-Herrn ſelbſt, welche
darin-
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Von den Reichs- und Land-Taͤgen.
Garden paradiren, und begeben ſich in guter Ord-
nung in die Kirche, um die Land-Tags-Predigt
anzuhoͤren, und die uͤbrigen Handlungen des Got-
tesdienſtes abzuwarten. Jſt der Gottesdienſt ge-
endiget, ſo erſcheinen ſie alle wieder auf dem Saal,
und placiren ſich an die ihnen angewieſene Stellen.
Die Grafen haben ihre gewiſſe Ordnung unter ein-
ander, die Praͤlaten aber, als Decani der Stiffter,
gehen uͤber die Grafen; ſo findet man auch biß-
weilen eine Diſtinction unter den Stuͤhlen, vor
die vornehmen werden Sammetene, vor die andern
aber nur tuchene Stuͤhle geſetzt.
§. 37. Wenn ſich die Staͤnde an ihre gehoͤri-
gen Plaͤtze poſtirt, und der Landes-Herr mit ſeiner
gantzen Hofſtatt, an Miniſtres, Generalen, Hof-
Cavalieren auf dem Propoſitions-Saal einge-
funden, und auf den vor ihm zugerichteten koſtba-
ren Thron oder Fuͤrſten-Stuhl geſetzt, ſo geſchicht
die Eroͤffnung der Propoſition. Es beſtehet die-
ſelbe in drey Stuͤcken: (1) in einer Anzeige, daß
dem Landes-Herrn zu gnaͤdigſtem Gefallen gerei-
che, daß die Land-Staͤnde gehorſamſt erſchienen;
(2) in Vorſtellung der Puncte, daruͤber zu delibe-
riren, und (3) in einem Begehren an die Land-
Staͤnde, daß ſie ſich uͤber ſolche Puncte zuſammen
thun, und mit ihrem unterthaͤnigſten Gutachten
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entweder von dem Cantzler oder geheimden Rath,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/725>, abgerufen am 22.11.2024.
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