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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von Opern und Comoedien.
repraesentiren gleichsam eine kleine Republic, und
machen bißweilen, als wie in Franckreich und Jta-
lien, wohl ein paar hundert Personen aus, einige
singen, andere tantzen, wiederum andere spielen auf
verschiednen Instrumenten, die schlechtesten unter
ihnen sind, welche bey den Logen die Billets ab-
fordern, und die auf den Theatro bey den Machi-
nen arbeiten. Wenn auf den Theatris bey Hofe
entweder zur Sommers-Zeit, da der Zulauff nach
den Spectaclen so gar groß nicht ist, oder um an-
derer Ursachen willen nur kleine Piecen vorgestellt
werden, so nennet man dieses Operetten.

§. 2. Man findet bißweilen, daß Durchlauch-
tigste hohe Häupter sich gefallen lassen einige
Opern auszuarbeiten, wie denn unterschiedene be-
kannt sind, die von dem Durchlauchtigsten Her-
tzog zu Wolffenbüttel Anton Ulrichen componirt
worden. Es soll auch ehedessen zu Zeiten Jhrer
Kayserlichen Majestät Leopoldi des Grossen, in
Wien niemahls eine Opera gespielt worden seyn,
worinnen er nicht selbst eine und die andere Passage
componi
ret. Er soll auch in der Opera eine sol-
che Aufmercksamkeit bezeugt haben, als wenn er
sie zum erstenmahl hörte, und nicht leichtlich ein
Auge von der in Händen habenden Parthie weg-
gewendet haben, so genau hätte er alle Noten ob-
servi
rt. Hierinnen aber soll ihm, seine ihn sonst
an Willen und Frömmigkeit gleiche Gemahlin die
Kayserin Maria Theresia, gantz und gar nicht ein-
stimmig gewesen seyn; maßen sie sich öffters in die

Opera

Von Opern und Comœdien.
repræſentiren gleichſam eine kleine Republic, und
machen bißweilen, als wie in Franckreich und Jta-
lien, wohl ein paar hundert Perſonen aus, einige
ſingen, andere tantzen, wiederum andere ſpielen auf
verſchiednen Inſtrumenten, die ſchlechteſten unter
ihnen ſind, welche bey den Logen die Billets ab-
fordern, und die auf den Theatro bey den Machi-
nen arbeiten. Wenn auf den Theatris bey Hofe
entweder zur Sommers-Zeit, da der Zulauff nach
den Spectaclen ſo gar groß nicht iſt, oder um an-
derer Urſachen willen nur kleine Piécen vorgeſtellt
werden, ſo nennet man dieſes Operetten.

§. 2. Man findet bißweilen, daß Durchlauch-
tigſte hohe Haͤupter ſich gefallen laſſen einige
Opern auszuarbeiten, wie denn unterſchiedene be-
kannt ſind, die von dem Durchlauchtigſten Her-
tzog zu Wolffenbuͤttel Anton Ulrichen componirt
worden. Es ſoll auch ehedeſſen zu Zeiten Jhrer
Kayſerlichen Majeſtaͤt Leopoldi des Groſſen, in
Wien niemahls eine Opera geſpielt worden ſeyn,
worinnen er nicht ſelbſt eine und die andere Paſſage
componi
ret. Er ſoll auch in der Opera eine ſol-
che Aufmerckſamkeit bezeugt haben, als wenn er
ſie zum erſtenmahl hoͤrte, und nicht leichtlich ein
Auge von der in Haͤnden habenden Parthie weg-
gewendet haben, ſo genau haͤtte er alle Noten ob-
ſervi
rt. Hierinnen aber ſoll ihm, ſeine ihn ſonſt
an Willen und Froͤmmigkeit gleiche Gemahlin die
Kayſerin Maria Thereſia, gantz und gar nicht ein-
ſtimmig geweſen ſeyn; maßen ſie ſich oͤffters in die

Opera
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[797/0821] Von Opern und Comœdien. repræſentiren gleichſam eine kleine Republic, und machen bißweilen, als wie in Franckreich und Jta- lien, wohl ein paar hundert Perſonen aus, einige ſingen, andere tantzen, wiederum andere ſpielen auf verſchiednen Inſtrumenten, die ſchlechteſten unter ihnen ſind, welche bey den Logen die Billets ab- fordern, und die auf den Theatro bey den Machi- nen arbeiten. Wenn auf den Theatris bey Hofe entweder zur Sommers-Zeit, da der Zulauff nach den Spectaclen ſo gar groß nicht iſt, oder um an- derer Urſachen willen nur kleine Piécen vorgeſtellt werden, ſo nennet man dieſes Operetten. §. 2. Man findet bißweilen, daß Durchlauch- tigſte hohe Haͤupter ſich gefallen laſſen einige Opern auszuarbeiten, wie denn unterſchiedene be- kannt ſind, die von dem Durchlauchtigſten Her- tzog zu Wolffenbuͤttel Anton Ulrichen componirt worden. Es ſoll auch ehedeſſen zu Zeiten Jhrer Kayſerlichen Majeſtaͤt Leopoldi des Groſſen, in Wien niemahls eine Opera geſpielt worden ſeyn, worinnen er nicht ſelbſt eine und die andere Paſſage componiret. Er ſoll auch in der Opera eine ſol- che Aufmerckſamkeit bezeugt haben, als wenn er ſie zum erſtenmahl hoͤrte, und nicht leichtlich ein Auge von der in Haͤnden habenden Parthie weg- gewendet haben, ſo genau haͤtte er alle Noten ob- ſervirt. Hierinnen aber ſoll ihm, ſeine ihn ſonſt an Willen und Froͤmmigkeit gleiche Gemahlin die Kayſerin Maria Thereſia, gantz und gar nicht ein- ſtimmig geweſen ſeyn; maßen ſie ſich oͤffters in die Opera

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 797. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/821>, abgerufen am 22.11.2024.