darbey profitiren mögen. Diesemnach erfodert auch die Pflicht eines Landes-Herrn, bey den Divertissemens derer Unterthanen zu sorgen, daß sie die Gräntzen der Erbarkeit und guten Ordnung nicht überschreiten mögen.
§. 2. Es giebet einige von unsern neuen heutigen Mücken-Sängern und Cameel-Ver- schluckern, die alle Freude über allerhand welt- lichen und irrdischen Dingen vor sündlich, und die Ergötzlichkeiten ohne Unterschied vor unzu- läßlich halten wollen. Gleichwie aber solche Leute den Gebrauch von den Mißbräuchen nicht abzusondern wissen, sondern alle Divertisse- mens an und vor sich selbst vor lauter gegebene Aergernisse gantz unvernünfftig halten, und den Gewissen unnöthiger Weise Stricke an den Halß werffen; Also muß man ihnen, da sie kei- ne Christliche Freyheit statuiren wollen, mit Gewalt widerstehen, und haben Landes-Her- ren zwar dahin zu sehen, daß durch sündliche und in der heil. Schrifft verbotene Uppigkeiten GOtt nicht zum Zorn gereitzet, noch der Unsee- gen über das Land gezogen, aber auch nicht durch ungegründete Vorstellungen einiger un- vernünfftigen Pietisten alle zuläßige Ergötzlich- keiten den Unterthanen verboten werden. Es sind, wie in allen Sachen, also auch hier beyde Extrema zu meiden.
§. 3.
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darbey profitiren moͤgen. Dieſemnach erfodert auch die Pflicht eines Landes-Herrn, bey den Divertiſſemens derer Unterthanen zu ſorgen, daß ſie die Graͤntzen der Erbarkeit und guten Ordnung nicht uͤberſchreiten moͤgen.
§. 2. Es giebet einige von unſern neuen heutigen Muͤcken-Saͤngern und Cameel-Ver- ſchluckern, die alle Freude uͤber allerhand welt- lichen und irrdiſchen Dingen vor ſuͤndlich, und die Ergoͤtzlichkeiten ohne Unterſchied vor unzu- laͤßlich halten wollen. Gleichwie aber ſolche Leute den Gebrauch von den Mißbraͤuchen nicht abzuſondern wiſſen, ſondern alle Divertiſſe- mens an und vor ſich ſelbſt vor lauter gegebene Aergerniſſe gantz unvernuͤnfftig halten, und den Gewiſſen unnoͤthiger Weiſe Stricke an den Halß werffen; Alſo muß man ihnen, da ſie kei- ne Chriſtliche Freyheit ſtatuiren wollen, mit Gewalt widerſtehen, und haben Landes-Her- ren zwar dahin zu ſehen, daß durch ſuͤndliche und in der heil. Schrifft verbotene Uppigkeiten GOtt nicht zum Zorn gereitzet, noch der Unſee- gen uͤber das Land gezogen, aber auch nicht durch ungegruͤndete Vorſtellungen einiger un- vernuͤnfftigen Pietiſten alle zulaͤßige Ergoͤtzlich- keiten den Unterthanen verboten werden. Es ſind, wie in allen Sachen, alſo auch hier beyde Extrema zu meiden.
§. 3.
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[1289/1309]
darbey profitiren moͤgen. Dieſemnach erfodert
auch die Pflicht eines Landes-Herrn, bey den
Divertiſſemens derer Unterthanen zu ſorgen,
daß ſie die Graͤntzen der Erbarkeit und guten
Ordnung nicht uͤberſchreiten moͤgen.
§. 2. Es giebet einige von unſern neuen
heutigen Muͤcken-Saͤngern und Cameel-Ver-
ſchluckern, die alle Freude uͤber allerhand welt-
lichen und irrdiſchen Dingen vor ſuͤndlich, und
die Ergoͤtzlichkeiten ohne Unterſchied vor unzu-
laͤßlich halten wollen. Gleichwie aber ſolche
Leute den Gebrauch von den Mißbraͤuchen nicht
abzuſondern wiſſen, ſondern alle Divertiſſe-
mens an und vor ſich ſelbſt vor lauter gegebene
Aergerniſſe gantz unvernuͤnfftig halten, und den
Gewiſſen unnoͤthiger Weiſe Stricke an den
Halß werffen; Alſo muß man ihnen, da ſie kei-
ne Chriſtliche Freyheit ſtatuiren wollen, mit
Gewalt widerſtehen, und haben Landes-Her-
ren zwar dahin zu ſehen, daß durch ſuͤndliche und
in der heil. Schrifft verbotene Uppigkeiten
GOtt nicht zum Zorn gereitzet, noch der Unſee-
gen uͤber das Land gezogen, aber auch nicht
durch ungegruͤndete Vorſtellungen einiger un-
vernuͤnfftigen Pietiſten alle zulaͤßige Ergoͤtzlich-
keiten den Unterthanen verboten werden. Es
ſind, wie in allen Sachen, alſo auch hier beyde
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1309>, abgerufen am 23.11.2024.
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