und tugendhaffte Haus-Arme um desto eher einer Commiseration und Beysteuer würdig, weil ihre Noth öffters andern Leuten unbekannt ist, und sie solche niemand als GOtt im Himmel zu kla- gen pflegen.
§. 16. Bey denen Haus-Armen, wenn ihnen Allmosen ausgetheilet werden sollen, hat man zu consideriren, ob sie (1) Leibes- und Alters hal- ber in Armuth begriffen ((2) ob sie erbaren Le- bens, oder Spielen, Sauffen, Prassen und dem Müßiggang oder anderer Ruchloßigkeit ergeben? (3) ob sie Kinder, und wie viel derselben, auch welches Alters, haben? (4) ob sie dieselben zur Schule halten, oder dienen lassen? (5) ob sie noch einige Mittel haben, oder bey ihren Eltern, Kindern, nächsten Anverwandten die Nothwen- digkeit zu ihres Lebens Unterhaltung völlig oder zum Theil erlangen können? Allermassen dieje- nigen, welche Häuser oder Feld-Stücken haben, keines Allmosens würdig sind? (6) wie lange sie sich an dem Orte aufgehalten? (7) ob sie das Allmosen mißbrauchen, u. s. w.
§. 17. Je grösser die Anzahl der Handwercks- Pursche, welche nach ihrer Redens-Art garten oder fechten gehen, (denn daß sie betteln, wollen sie nicht gerne um Schande willen von sich gesagt seyn lassen) mit so mehrern Umständen wird von ihnen zu reden seyn. Es ist wohl nicht zu läugnen,
daß
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und tugendhaffte Haus-Arme um deſto eher einer Commiſeration und Beyſteuer wuͤrdig, weil ihre Noth oͤffters andern Leuten unbekannt iſt, und ſie ſolche niemand als GOtt im Himmel zu kla- gen pflegen.
§. 16. Bey denen Haus-Armen, wenn ihnen Allmoſen ausgetheilet werden ſollen, hat man zu conſideriren, ob ſie (1) Leibes- und Alters hal- ber in Armuth begriffen ((2) ob ſie erbaren Le- bens, oder Spielen, Sauffen, Praſſen und dem Muͤßiggang oder anderer Ruchloßigkeit ergeben? (3) ob ſie Kinder, und wie viel derſelben, auch welches Alters, haben? (4) ob ſie dieſelben zur Schule halten, oder dienen laſſen? (5) ob ſie noch einige Mittel haben, oder bey ihren Eltern, Kindern, naͤchſten Anverwandten die Nothwen- digkeit zu ihres Lebens Unterhaltung voͤllig oder zum Theil erlangen koͤnnen? Allermaſſen dieje- nigen, welche Haͤuſer oder Feld-Stuͤcken haben, keines Allmoſens wuͤrdig ſind? (6) wie lange ſie ſich an dem Orte aufgehalten? (7) ob ſie das Allmoſen mißbrauchen, u. ſ. w.
§. 17. Je groͤſſer die Anzahl der Handwercks- Purſche, welche nach ihrer Redens-Art garten oder fechten gehen, (denn daß ſie betteln, wollen ſie nicht gerne um Schande willen von ſich geſagt ſeyn laſſen) mit ſo mehrern Umſtaͤnden wird von ihnen zu reden ſeyn. Es iſt wohl nicht zu laͤugnen,
daß
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und tugendhaffte Haus-Arme um deſto eher einer
Commiſeration und Beyſteuer wuͤrdig, weil ihre
Noth oͤffters andern Leuten unbekannt iſt, und
ſie ſolche niemand als GOtt im Himmel zu kla-
gen pflegen.
§. 16. Bey denen Haus-Armen, wenn ihnen
Allmoſen ausgetheilet werden ſollen, hat man zu
conſideriren, ob ſie (1) Leibes- und Alters hal-
ber in Armuth begriffen ((2) ob ſie erbaren Le-
bens, oder Spielen, Sauffen, Praſſen und dem
Muͤßiggang oder anderer Ruchloßigkeit ergeben?
(3) ob ſie Kinder, und wie viel derſelben, auch
welches Alters, haben? (4) ob ſie dieſelben zur
Schule halten, oder dienen laſſen? (5) ob ſie
noch einige Mittel haben, oder bey ihren Eltern,
Kindern, naͤchſten Anverwandten die Nothwen-
digkeit zu ihres Lebens Unterhaltung voͤllig oder
zum Theil erlangen koͤnnen? Allermaſſen dieje-
nigen, welche Haͤuſer oder Feld-Stuͤcken haben,
keines Allmoſens wuͤrdig ſind? (6) wie lange ſie
ſich an dem Orte aufgehalten? (7) ob ſie das
Allmoſen mißbrauchen, u. ſ. w.
§. 17. Je groͤſſer die Anzahl der Handwercks-
Purſche, welche nach ihrer Redens-Art garten
oder fechten gehen, (denn daß ſie betteln, wollen
ſie nicht gerne um Schande willen von ſich geſagt
ſeyn laſſen) mit ſo mehrern Umſtaͤnden wird von
ihnen zu reden ſeyn. Es iſt wohl nicht zu laͤugnen,
daß
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1339>, abgerufen am 23.11.2024.
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