Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.das Unglück haben, entweder durch Kranckhei- ten oder wegen an vielen Orten nicht gefunde- ner Arbeit oder durch Beraubung und derglei- chen Zufälle um ihren Noth-Pfennig kommen, und dahero gute Leute um eine Zehrung, zu- mahlen an solchen Orten Teutschlandes, wo es keine geschenckten Handwercke giebet, anspre- chen müssen. Allein diese machen wohl den wenigsten Theil derer das Allmosen suchenden Handwercks-Gesellen aus. Viele mögen kei- ne oder nicht an ieden Orte Arbeit annehmen, legen sich lieber auf die faule Seite, betteln von Ort zu Ort, und lassen sich von solchen gesamm- leten Allmosen wohl seyn, welche ihnen von de- nen Handwercks-Meistern gleichsam per pa- ctum tacitum um so viel williger gereicht wer- den, damit ihre auf der Wanderschafft befindli- chen Söhne mit gleichen versehen werden. Und solcher Gestalt lauffen sie öffters viele hundert Meilen nicht nur durch Teutschland, sondern auch wohl durch Ungarn, Pohlen, Dänne- marck, Schweden, u. s. w. so lange, biß ihre zwey oder drey Jahre zu Ende gegangen, da sie denn von ihren weiten Reisen vieles zu erzehlen und aufzuschneiden wissen, doch in der That kei- ne mehrere Erfahrenheit auf ihrem Handwerck, wohl aber einen kräncklichen Leib und verderb- tes
das Ungluͤck haben, entweder durch Kranckhei- ten oder wegen an vielen Orten nicht gefunde- ner Arbeit oder durch Beraubung und derglei- chen Zufaͤlle um ihren Noth-Pfennig kommen, und dahero gute Leute um eine Zehrung, zu- mahlen an ſolchen Orten Teutſchlandes, wo es keine geſchenckten Handwercke giebet, anſpre- chen muͤſſen. Allein dieſe machen wohl den wenigſten Theil derer das Allmoſen ſuchenden Handwercks-Geſellen aus. Viele moͤgen kei- ne oder nicht an ieden Orte Arbeit annehmen, legen ſich lieber auf die faule Seite, betteln von Ort zu Ort, und laſſen ſich von ſolchen geſamm- leten Allmoſen wohl ſeyn, welche ihnen von de- nen Handwercks-Meiſtern gleichſam per pa- ctum tacitum um ſo viel williger gereicht wer- den, damit ihre auf der Wanderſchafft befindli- chen Soͤhne mit gleichen verſehen werden. Und ſolcher Geſtalt lauffen ſie oͤffters viele hundert Meilen nicht nur durch Teutſchland, ſondern auch wohl durch Ungarn, Pohlen, Daͤnne- marck, Schweden, u. ſ. w. ſo lange, biß ihre zwey oder drey Jahre zu Ende gegangen, da ſie denn von ihren weiten Reiſen vieles zu erzehlen und aufzuſchneiden wiſſen, doch in der That kei- ne mehrere Erfahrenheit auf ihrem Handwerck, wohl aber einen kraͤncklichen Leib und verderb- tes
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daß iezuweilen reiſende Handwercks-Burſche
das Ungluͤck haben, entweder durch Kranckhei-
ten oder wegen an vielen Orten nicht gefunde-
ner Arbeit oder durch Beraubung und derglei-
chen Zufaͤlle um ihren Noth-Pfennig kommen,
und dahero gute Leute um eine Zehrung, zu-
mahlen an ſolchen Orten Teutſchlandes, wo es
keine geſchenckten Handwercke giebet, anſpre-
chen muͤſſen. Allein dieſe machen wohl den
wenigſten Theil derer das Allmoſen ſuchenden
Handwercks-Geſellen aus. Viele moͤgen kei-
ne oder nicht an ieden Orte Arbeit annehmen,
legen ſich lieber auf die faule Seite, betteln von
Ort zu Ort, und laſſen ſich von ſolchen geſamm-
leten Allmoſen wohl ſeyn, welche ihnen von de-
nen Handwercks-Meiſtern gleichſam per pa-
ctum tacitum um ſo viel williger gereicht wer-
den, damit ihre auf der Wanderſchafft befindli-
chen Soͤhne mit gleichen verſehen werden. Und
ſolcher Geſtalt lauffen ſie oͤffters viele hundert
Meilen nicht nur durch Teutſchland, ſondern
auch wohl durch Ungarn, Pohlen, Daͤnne-
marck, Schweden, u. ſ. w. ſo lange, biß ihre
zwey oder drey Jahre zu Ende gegangen, da ſie
denn von ihren weiten Reiſen vieles zu erzehlen
und aufzuſchneiden wiſſen, doch in der That kei-
ne mehrere Erfahrenheit auf ihrem Handwerck,
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