tes Gemüth mit nach Hause bringen. Ja es bleibt nicht allemahl bey dem ordinairen Bet- teln; Wann sie in denen Städten bey den All- mosen Cassen einen Tag die Gabe empfangen, kommen sie wohl andern Tags unter verstell- ten Nahmen mit ihres Cameraden Kleide wie- der, und lassen sich noch einmahl geben, verän- dern auch die Nahmen, geben sich vor andere Handwercks-Genossen, als sie sind, aus, und damit sie sich nicht um Arbeit umschauen lassen dürffen, fingiren sie Kranckheiten, legen auch es mit einem bösen Herbergs-Vater ab, daß sol- cher ihnen Attestata an die Allmosen-Vorsteher mittheilet, wie sie keine Arbeit finden können, und also des Allmosens würdig. Wenn sie nun diese von der Stadt empfangen, treten sie gleichwohl bey Meistern in Arbeit.
§. 18. Die Vertriebenen sind in zwey Clas- sen einzutheilen, als zuerst in diejenigen, welche entweder um der wahren Religion Willen oder in Kriegs-Zeiten von dem Feinde aus ihrem Lan- de und Wohn-Plätzen in das Elend verjaget worden. Jene der Religion wegen exuliren- de hat eine iedwede Christliche Obrigkeit auf- zunehmen, ihnen durch Ertheilung allerhand Privilegien und Freyheiten, Anweisung der Felder zum Anbau, anzurichtender und an die Hand zu gebender Manufacturen und derglei-
chen,
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tes Gemuͤth mit nach Hauſe bringen. Ja es bleibt nicht allemahl bey dem ordinairen Bet- teln; Wann ſie in denen Staͤdten bey den All- moſen Caſſen einen Tag die Gabe empfangen, kommen ſie wohl andern Tags unter verſtell- ten Nahmen mit ihres Cameraden Kleide wie- der, und laſſen ſich noch einmahl geben, veraͤn- dern auch die Nahmen, geben ſich vor andere Handwercks-Genoſſen, als ſie ſind, aus, und damit ſie ſich nicht um Arbeit umſchauen laſſen duͤrffen, fingiren ſie Kranckheiten, legen auch es mit einem boͤſen Herbergs-Vater ab, daß ſol- cher ihnen Atteſtata an die Allmoſen-Vorſteher mittheilet, wie ſie keine Arbeit finden koͤnnen, und alſo des Allmoſens wuͤrdig. Wenn ſie nun dieſe von der Stadt empfangen, treten ſie gleichwohl bey Meiſtern in Arbeit.
§. 18. Die Vertriebenen ſind in zwey Claſ- ſen einzutheilen, als zuerſt in diejenigen, welche entweder um der wahren Religion Willen oder in Kriegs-Zeiten von dem Feinde aus ihrem Lan- de und Wohn-Plaͤtzen in das Elend verjaget worden. Jene der Religion wegen exuliren- de hat eine iedwede Chriſtliche Obrigkeit auf- zunehmen, ihnen durch Ertheilung allerhand Privilegien und Freyheiten, Anweiſung der Felder zum Anbau, anzurichtender und an die Hand zu gebender Manufacturen und derglei-
chen,
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tes Gemuͤth mit nach Hauſe bringen. Ja es
bleibt nicht allemahl bey dem ordinairen Bet-
teln; Wann ſie in denen Staͤdten bey den All-
moſen Caſſen einen Tag die Gabe empfangen,
kommen ſie wohl andern Tags unter verſtell-
ten Nahmen mit ihres Cameraden Kleide wie-
der, und laſſen ſich noch einmahl geben, veraͤn-
dern auch die Nahmen, geben ſich vor andere
Handwercks-Genoſſen, als ſie ſind, aus, und
damit ſie ſich nicht um Arbeit umſchauen laſſen
duͤrffen, fingiren ſie Kranckheiten, legen auch es
mit einem boͤſen Herbergs-Vater ab, daß ſol-
cher ihnen Atteſtata an die Allmoſen-Vorſteher
mittheilet, wie ſie keine Arbeit finden koͤnnen,
und alſo des Allmoſens wuͤrdig. Wenn ſie
nun dieſe von der Stadt empfangen, treten ſie
gleichwohl bey Meiſtern in Arbeit.
§. 18. Die Vertriebenen ſind in zwey Claſ-
ſen einzutheilen, als zuerſt in diejenigen, welche
entweder um der wahren Religion Willen oder
in Kriegs-Zeiten von dem Feinde aus ihrem Lan-
de und Wohn-Plaͤtzen in das Elend verjaget
worden. Jene der Religion wegen exuliren-
de hat eine iedwede Chriſtliche Obrigkeit auf-
zunehmen, ihnen durch Ertheilung allerhand
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Felder zum Anbau, anzurichtender und an die
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1341>, abgerufen am 23.11.2024.
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