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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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bey Schneidern, Kürschnern, Tuchmachern (in
Wolle lesen und kämmen) bey Nadlern oder
vielmehr Hefftelmachern und andern mehr, er
kan schreiben, zeichnen, mahlen, Kupfferste-
chen, wircken, nähen, spinnen (mit der Spindel
und einem Drehrade) Federn schliessen, auch
nur Graupen, Erbsen, Linsen, Reiß, Hirsen etc.
lesen, Gewürtz mahlen und vielerley zu thun fin-
den, darzu man eben der Füsse nicht nöthig
hat, wenn er ja an denselbigen lahm ist. Wer
nun an einer Hand lahm wäre, bey demselbi-
gen könte man den Mangel der einen Hand ei-
niger Massen und dergestalt ersetzen, daß man
mit einer gekünstelten Hand nur halten oder
aufflegen könte, man kan auch die lincke Hand
angewöhnen, an statt der rechten damit zu ar-
beiten, man kan die meiste vorhererzehlte Ar-
beit mit einer Hand thun. Gesetzt aber auch,
daß einer an beyden Händen lahm wäre, könte
denn nichts erfunden werden, mit denen Füssen
allein zu arbeiten? Man hat ja die Exempel
derer im Lande zum Spectacul herumziehenden
Krüpel, die mit den Füssen Gewehr laden und
loß schiessen, schreiben und anders verrichten,
darüber man sich verwundert, wie solte denn
unmöglich seyn, eine Machine zur Arbeit mit
denen Füssen tractiren zu können?

§. 25. Und gesetzt, daß diese Leute so viel als

andere



bey Schneidern, Kuͤrſchnern, Tuchmachern (in
Wolle leſen und kaͤmmen) bey Nadlern oder
vielmehr Hefftelmachern und andern mehr, er
kan ſchreiben, zeichnen, mahlen, Kupfferſte-
chen, wircken, naͤhen, ſpinnen (mit der Spindel
und einem Drehrade) Federn ſchlieſſen, auch
nur Graupen, Erbſen, Linſen, Reiß, Hirſen ꝛc.
leſen, Gewuͤrtz mahlen und vielerley zu thun fin-
den, darzu man eben der Fuͤſſe nicht noͤthig
hat, wenn er ja an denſelbigen lahm iſt. Wer
nun an einer Hand lahm waͤre, bey demſelbi-
gen koͤnte man den Mangel der einen Hand ei-
niger Maſſen und dergeſtalt erſetzen, daß man
mit einer gekuͤnſtelten Hand nur halten oder
aufflegen koͤnte, man kan auch die lincke Hand
angewoͤhnen, an ſtatt der rechten damit zu ar-
beiten, man kan die meiſte vorhererzehlte Ar-
beit mit einer Hand thun. Geſetzt aber auch,
daß einer an beyden Haͤnden lahm waͤre, koͤnte
denn nichts erfunden werden, mit denen Fuͤſſen
allein zu arbeiten? Man hat ja die Exempel
derer im Lande zum Spectacul herumziehenden
Kruͤpel, die mit den Fuͤſſen Gewehr laden und
loß ſchieſſen, ſchreiben und anders verrichten,
daruͤber man ſich verwundert, wie ſolte denn
unmoͤglich ſeyn, eine Machine zur Arbeit mit
denen Fuͤſſen tractiren zu koͤnnen?

§. 25. Und geſetzt, daß dieſe Leute ſo viel als

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[1330/1350] bey Schneidern, Kuͤrſchnern, Tuchmachern (in Wolle leſen und kaͤmmen) bey Nadlern oder vielmehr Hefftelmachern und andern mehr, er kan ſchreiben, zeichnen, mahlen, Kupfferſte- chen, wircken, naͤhen, ſpinnen (mit der Spindel und einem Drehrade) Federn ſchlieſſen, auch nur Graupen, Erbſen, Linſen, Reiß, Hirſen ꝛc. leſen, Gewuͤrtz mahlen und vielerley zu thun fin- den, darzu man eben der Fuͤſſe nicht noͤthig hat, wenn er ja an denſelbigen lahm iſt. Wer nun an einer Hand lahm waͤre, bey demſelbi- gen koͤnte man den Mangel der einen Hand ei- niger Maſſen und dergeſtalt erſetzen, daß man mit einer gekuͤnſtelten Hand nur halten oder aufflegen koͤnte, man kan auch die lincke Hand angewoͤhnen, an ſtatt der rechten damit zu ar- beiten, man kan die meiſte vorhererzehlte Ar- beit mit einer Hand thun. Geſetzt aber auch, daß einer an beyden Haͤnden lahm waͤre, koͤnte denn nichts erfunden werden, mit denen Fuͤſſen allein zu arbeiten? Man hat ja die Exempel derer im Lande zum Spectacul herumziehenden Kruͤpel, die mit den Fuͤſſen Gewehr laden und loß ſchieſſen, ſchreiben und anders verrichten, daruͤber man ſich verwundert, wie ſolte denn unmoͤglich ſeyn, eine Machine zur Arbeit mit denen Fuͤſſen tractiren zu koͤnnen? §. 25. Und geſetzt, daß dieſe Leute ſo viel als andere

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1350>, abgerufen am 23.11.2024.