Gewalt zustehet als dem, der zuletzt das Steu- er-Ruder in der Republic gehabt, so würde seltz am seyn, wenn er vermeynen solte, daß er hierdurch etwas anordnen könte, welches nach seinem Tode fester und unverbrüchlicher gehal- ten werden müsse. Gleichwie er durch seinem Tod auffhöret regierender Herr zu seyn; Also kan er auch nichts verordnen das nach seinem Tode fest gehalten werden müsse.
§. 4. Es giebt auch einige Exempel in ge- wissen Reichen, da die Fürstl. Mütter als Wittwen, nicht nur die Vormundschafft über ihre minderjährige Printzen, sondern auch die Regierung selbst über sich genommen. Allein es scheinen diese Fälle gantz besonders, und von den rationibus des Völcker-Rechts entfrem- det zu seyn, und haben die Weibes-Personen dergleichen Regiment entweder durch List und Betrug, oder die besondere Einwilligung des Volckes überkommen. Nach dem Völcker- Recht muß die Verwaltung des Regiments de- nen Männern, nicht den Weibern zu stehen. Jnzwischen ist in der gesunden Vernunfft und natürlichen Billigkeit gantz wohl gegründet, daß die Vormundschafft und Aufferziehung der jungen Printzen der Fürstl. Frau Mutter zuüberlassen ist.
§. 5. Was nun die Vormundschafft des
Reichs
Gewalt zuſtehet als dem, der zuletzt das Steu- er-Ruder in der Republic gehabt, ſo wuͤrde ſeltz am ſeyn, wenn er vermeynen ſolte, daß er hierdurch etwas anordnen koͤnte, welches nach ſeinem Tode feſter und unverbruͤchlicher gehal- ten werden muͤſſe. Gleichwie er durch ſeinem Tod auffhoͤret regierender Herr zu ſeyn; Alſo kan er auch nichts verordnen das nach ſeinem Tode feſt gehalten werden muͤſſe.
§. 4. Es giebt auch einige Exempel in ge- wiſſen Reichen, da die Fuͤrſtl. Muͤtter als Wittwen, nicht nur die Vormundſchafft uͤber ihre minderjaͤhrige Printzen, ſondern auch die Regierung ſelbſt uͤber ſich genommen. Allein es ſcheinen dieſe Faͤlle gantz beſonders, und von den rationibus des Voͤlcker-Rechts entfrem- det zu ſeyn, und haben die Weibes-Perſonen dergleichen Regiment entweder durch Liſt und Betrug, oder die beſondere Einwilligung des Volckes uͤberkommen. Nach dem Voͤlcker- Recht muß die Verwaltung des Regiments de- nen Maͤnnern, nicht den Weibern zu ſtehen. Jnzwiſchen iſt in der geſunden Vernunfft und natuͤrlichen Billigkeit gantz wohl gegruͤndet, daß die Vormundſchafft und Aufferziehung der jungen Printzen der Fuͤrſtl. Frau Mutter zuuͤberlaſſen iſt.
§. 5. Was nun die Vormundſchafft des
Reichs
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Gewalt zuſtehet als dem, der zuletzt das Steu-
er-Ruder in der Republic gehabt, ſo wuͤrde
ſeltz am ſeyn, wenn er vermeynen ſolte, daß er
hierdurch etwas anordnen koͤnte, welches nach
ſeinem Tode feſter und unverbruͤchlicher gehal-
ten werden muͤſſe. Gleichwie er durch ſeinem
Tod auffhoͤret regierender Herr zu ſeyn; Alſo
kan er auch nichts verordnen das nach ſeinem
Tode feſt gehalten werden muͤſſe.
§. 4. Es giebt auch einige Exempel in ge-
wiſſen Reichen, da die Fuͤrſtl. Muͤtter als
Wittwen, nicht nur die Vormundſchafft uͤber
ihre minderjaͤhrige Printzen, ſondern auch die
Regierung ſelbſt uͤber ſich genommen. Allein
es ſcheinen dieſe Faͤlle gantz beſonders, und von
den rationibus des Voͤlcker-Rechts entfrem-
det zu ſeyn, und haben die Weibes-Perſonen
dergleichen Regiment entweder durch Liſt und
Betrug, oder die beſondere Einwilligung des
Volckes uͤberkommen. Nach dem Voͤlcker-
Recht muß die Verwaltung des Regiments de-
nen Maͤnnern, nicht den Weibern zu ſtehen.
Jnzwiſchen iſt in der geſunden Vernunfft und
natuͤrlichen Billigkeit gantz wohl gegruͤndet,
daß die Vormundſchafft und Aufferziehung
der jungen Printzen der Fuͤrſtl. Frau Mutter
zuuͤberlaſſen iſt.
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/241>, abgerufen am 24.11.2024.
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