wahren Religion des Landes recht gründliche Information bekommen, und sie hernach gantz einen andern Begriff, denn sie sich sonst davon gemacht, von selbiger erlangen, zu der im Lande dominanten Religion sich bekennen möchten.
§. 6. Diesemnach halte zwar davor, daß ein Landes-Herr nicht unrecht handelt, wenn er unterschiedene Religions-Verwandten in seinem Lande toleriret und ihnen die Ausübung ihres Gottesdienstes frey läst, iedoch hat er auch folgendes darbey in Acht zu nehmen und anzuordnen. Erstlich muß er keine andere in sein Land recipiren, als solche, davon er und sein Land Vortheil hat, und die die Commer- cien und Manufacturen verbessern, als Kauf- Leute, geschickte Künstler und Manufacturier, u. s. w. Zum andern sich bemühen, daß er, bevor er den fremden Religionen ein freyes Ex- ercitium verstattet, auch denen von seiner Re- ligion bey den andern Potentaten in ihren Län- dern einen freyen Gottesdienst verschafft. Zum dritten muß ihnen keine Kirche, sondern ein a part Hauß eingeräumt; Zum vierdten, scharff und bey Straffe verboten werden, daß sie in ihren Predigten keine eintzige Contro- vers, die diejenigen, so der im Lande herrschen- den Religion zugethan sind, concerniret, ein- mischen, noch weniger sich gegen die Priester ei-
nige
wahren Religion des Landes recht gruͤndliche Information bekommen, und ſie hernach gantz einen andern Begriff, denn ſie ſich ſonſt davon gemacht, von ſelbiger erlangen, zu der im Lande dominanten Religion ſich bekennen moͤchten.
§. 6. Dieſemnach halte zwar davor, daß ein Landes-Herr nicht unrecht handelt, wenn er unterſchiedene Religions-Verwandten in ſeinem Lande toleriret und ihnen die Ausuͤbung ihres Gottesdienſtes frey laͤſt, iedoch hat er auch folgendes darbey in Acht zu nehmen und anzuordnen. Erſtlich muß er keine andere in ſein Land recipiren, als ſolche, davon er und ſein Land Vortheil hat, und die die Commer- cien und Manufacturen verbeſſern, als Kauf- Leute, geſchickte Kuͤnſtler und Manufacturier, u. ſ. w. Zum andern ſich bemuͤhen, daß er, bevor er den fremden Religionen ein freyes Ex- ercitium verſtattet, auch denen von ſeiner Re- ligion bey den andern Potentaten in ihren Laͤn- dern einen freyen Gottesdienſt verſchafft. Zum dritten muß ihnen keine Kirche, ſondern ein a part Hauß eingeraͤumt; Zum vierdten, ſcharff und bey Straffe verboten werden, daß ſie in ihren Predigten keine eintzige Contro- vers, die diejenigen, ſo der im Lande herrſchen- den Religion zugethan ſind, concerniret, ein- miſchen, noch weniger ſich gegen die Prieſter ei-
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wahren Religion des Landes recht gruͤndliche
Information bekommen, und ſie hernach gantz
einen andern Begriff, denn ſie ſich ſonſt davon
gemacht, von ſelbiger erlangen, zu der im Lande
dominanten Religion ſich bekennen moͤchten.
§. 6. Dieſemnach halte zwar davor, daß
ein Landes-Herr nicht unrecht handelt, wenn
er unterſchiedene Religions-Verwandten in
ſeinem Lande toleriret und ihnen die Ausuͤbung
ihres Gottesdienſtes frey laͤſt, iedoch hat er
auch folgendes darbey in Acht zu nehmen und
anzuordnen. Erſtlich muß er keine andere in
ſein Land recipiren, als ſolche, davon er und
ſein Land Vortheil hat, und die die Commer-
cien und Manufacturen verbeſſern, als Kauf-
Leute, geſchickte Kuͤnſtler und Manufacturier,
u. ſ. w. Zum andern ſich bemuͤhen, daß er,
bevor er den fremden Religionen ein freyes Ex-
ercitium verſtattet, auch denen von ſeiner Re-
ligion bey den andern Potentaten in ihren Laͤn-
dern einen freyen Gottesdienſt verſchafft.
Zum dritten muß ihnen keine Kirche, ſondern
ein a part Hauß eingeraͤumt; Zum vierdten,
ſcharff und bey Straffe verboten werden, daß
ſie in ihren Predigten keine eintzige Contro-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/282>, abgerufen am 21.11.2024.
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