nige Anzüglichkeiten gebrauchen. Zum fünff- ten ist ihnen bey harter Straffe zu untersagen, niemand aus dem Lande, weder durch Schmei- cheley noch Versprechung gewisser Geld-Sum- men oder anderer Beneficien, zu ihrer Religion anzulocken. Zum sechsten müssen sie niemand, weder directe noch indirecte, denen von einer andern Religion etwas zu Leide thun. Wenn diese Praecautiones in Acht genommen werden, so kan nicht absehen, was ein Landes-Herr vor Praejudiz davon haben könne, wenn er unter- schiedene Religions-Verwandten in seinem Lande erdultet.
§. 7. Es hat sich ein Landes-Herr zu hü- ten, daß er die Leute nicht zur Religion zwinge und hierdurch über die Gewissen seiner Unter- thanen eine Tyranney ausübe, sintemahl die Religion nicht durch Waffen, sondern durch gründliche Beweise und vernünfftige Vorstel- lungen fortzupflantzen und den Leuten beyzu- bringen. Es wird auch hierdurch nichts wei- ter als eine blosse Verstellung und Heucheley zuwege gebracht, daß sie den äußerlichen Got- tesdienst so simuliren, in ihren Hertzen aber dennoch gesinnet bleiben noch wie vor, wie bey den Hugenotren in Franckreich zu sehen, die durch die gestiefelten Missionarien des Königs in Franckreich zu der Papistischen Religion ge-
bracht
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nige Anzuͤglichkeiten gebrauchen. Zum fuͤnff- ten iſt ihnen bey harter Straffe zu unterſagen, niemand aus dem Lande, weder durch Schmei- cheley noch Verſprechung gewiſſer Geld-Sum- men oder anderer Beneficien, zu ihrer Religion anzulocken. Zum ſechſten muͤſſen ſie niemand, weder directe noch indirecte, denen von einer andern Religion etwas zu Leide thun. Wenn dieſe Præcautiones in Acht genommen werden, ſo kan nicht abſehen, was ein Landes-Herr vor Præjudiz davon haben koͤnne, wenn er unter- ſchiedene Religions-Verwandten in ſeinem Lande erdultet.
§. 7. Es hat ſich ein Landes-Herr zu huͤ- ten, daß er die Leute nicht zur Religion zwinge und hierdurch uͤber die Gewiſſen ſeiner Unter- thanen eine Tyranney ausuͤbe, ſintemahl die Religion nicht durch Waffen, ſondern durch gruͤndliche Beweiſe und vernuͤnfftige Vorſtel- lungen fortzupflantzen und den Leuten beyzu- bringen. Es wird auch hierdurch nichts wei- ter als eine bloſſe Verſtellung und Heucheley zuwege gebracht, daß ſie den aͤußerlichen Got- tesdienſt ſo ſimuliren, in ihren Hertzen aber dennoch geſinnet bleiben noch wie vor, wie bey den Hugenotren in Franckreich zu ſehen, die durch die geſtiefelten Miſſionarien des Koͤnigs in Franckreich zu der Papiſtiſchen Religion ge-
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nige Anzuͤglichkeiten gebrauchen. Zum fuͤnff-
ten iſt ihnen bey harter Straffe zu unterſagen,
niemand aus dem Lande, weder durch Schmei-
cheley noch Verſprechung gewiſſer Geld-Sum-
men oder anderer Beneficien, zu ihrer Religion
anzulocken. Zum ſechſten muͤſſen ſie niemand,
weder directe noch indirecte, denen von einer
andern Religion etwas zu Leide thun. Wenn
dieſe Præcautiones in Acht genommen werden,
ſo kan nicht abſehen, was ein Landes-Herr vor
Præjudiz davon haben koͤnne, wenn er unter-
ſchiedene Religions-Verwandten in ſeinem
Lande erdultet.
§. 7. Es hat ſich ein Landes-Herr zu huͤ-
ten, daß er die Leute nicht zur Religion zwinge
und hierdurch uͤber die Gewiſſen ſeiner Unter-
thanen eine Tyranney ausuͤbe, ſintemahl die
Religion nicht durch Waffen, ſondern durch
gruͤndliche Beweiſe und vernuͤnfftige Vorſtel-
lungen fortzupflantzen und den Leuten beyzu-
bringen. Es wird auch hierdurch nichts wei-
ter als eine bloſſe Verſtellung und Heucheley
zuwege gebracht, daß ſie den aͤußerlichen Got-
tesdienſt ſo ſimuliren, in ihren Hertzen aber
dennoch geſinnet bleiben noch wie vor, wie bey
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/283>, abgerufen am 21.11.2024.
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