zimmer, oder zum Sauffen, oder zum Spie- len, oder zur Bequemlichkeit und guten delica- ten Essen und Trincken, Müßiggang, u. s. w. Ob nun gleich nach dem Unterscheid der hu- meure die Erwehlung des eignen Interesse dif- ferent ist, so möchte ich doch bald sagen, daß fast alle darinnen überein kämen, daß sie das Geld zu ihrer Haupt-Absicht machen, weil sie wohl wissen, daß dieses das Haupt-Mittel ist, dadurch sie die übrigen Endzwecke, die sie sich nach ihren Haupt-Passionen vorgesetzt, errei- chen können. Und also bleibt bey einem ied- weden die Erlangung oder Conservirung der- jenigen Summe Geldes, die ihm zur Unterhal- tung seiner Passionen nöthig ist, sein Haupt- Zweck. Die übrigen Objecta aber, nach dem Unterscheid ihrer Passionen, die Neben- Endzwecke. Ein Wollüstiger sey so volu- ptueus als er immer will, so muß er doch, wenn er nicht wider sein eigenes sich vorgesetztes In- teresse handeln will, sich bemühen, so viel Geld zu erlangen oder zu erhalten, als ihm zu seinem Zweck nöthig ist, und so auch mit den Ehrgei- tzigen. Daher stellen sie ihre actiones auf folgende Art an: Alles, was dein Interesse befördert, must du thun, was demselben zuwi- der, must du unterlassen; Was ihm aber nicht hinderlich, ob es gleich eben nicht dazu beför-
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zimmer, oder zum Sauffen, oder zum Spie- len, oder zur Bequemlichkeit und guten delica- ten Eſſen und Trincken, Muͤßiggang, u. ſ. w. Ob nun gleich nach dem Unterſcheid der hu- meure die Erwehlung des eignen Intereſſe dif- ferent iſt, ſo moͤchte ich doch bald ſagen, daß faſt alle darinnen uͤberein kaͤmen, daß ſie das Geld zu ihrer Haupt-Abſicht machen, weil ſie wohl wiſſen, daß dieſes das Haupt-Mittel iſt, dadurch ſie die uͤbrigen Endzwecke, die ſie ſich nach ihren Haupt-Paſſionen vorgeſetzt, errei- chen koͤnnen. Und alſo bleibt bey einem ied- weden die Erlangung oder Conſervirung der- jenigen Summe Geldes, die ihm zur Unterhal- tung ſeiner Paſſionen noͤthig iſt, ſein Haupt- Zweck. Die uͤbrigen Objecta aber, nach dem Unterſcheid ihrer Paſſionen, die Neben- Endzwecke. Ein Wolluͤſtiger ſey ſo volu- ptueus als er immer will, ſo muß er doch, wenn er nicht wider ſein eigenes ſich vorgeſetztes In- tereſſe handeln will, ſich bemuͤhen, ſo viel Geld zu erlangen oder zu erhalten, als ihm zu ſeinem Zweck noͤthig iſt, und ſo auch mit den Ehrgei- tzigen. Daher ſtellen ſie ihre actiones auf folgende Art an: Alles, was dein Intereſſe befoͤrdert, muſt du thun, was demſelben zuwi- der, muſt du unterlaſſen; Was ihm aber nicht hinderlich, ob es gleich eben nicht dazu befoͤr-
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zimmer, oder zum Sauffen, oder zum Spie-
len, oder zur Bequemlichkeit und guten delica-
ten Eſſen und Trincken, Muͤßiggang, u. ſ. w.
Ob nun gleich nach dem Unterſcheid der hu-
meure die Erwehlung des eignen Intereſſe dif-
ferent iſt, ſo moͤchte ich doch bald ſagen, daß
faſt alle darinnen uͤberein kaͤmen, daß ſie das
Geld zu ihrer Haupt-Abſicht machen, weil ſie
wohl wiſſen, daß dieſes das Haupt-Mittel iſt,
dadurch ſie die uͤbrigen Endzwecke, die ſie ſich
nach ihren Haupt-Paſſionen vorgeſetzt, errei-
chen koͤnnen. Und alſo bleibt bey einem ied-
weden die Erlangung oder Conſervirung der-
jenigen Summe Geldes, die ihm zur Unterhal-
tung ſeiner Paſſionen noͤthig iſt, ſein Haupt-
Zweck. Die uͤbrigen Objecta aber, nach
dem Unterſcheid ihrer Paſſionen, die Neben-
Endzwecke. Ein Wolluͤſtiger ſey ſo volu-
ptueus als er immer will, ſo muß er doch, wenn
er nicht wider ſein eigenes ſich vorgeſetztes In-
tereſſe handeln will, ſich bemuͤhen, ſo viel Geld
zu erlangen oder zu erhalten, als ihm zu ſeinem
Zweck noͤthig iſt, und ſo auch mit den Ehrgei-
tzigen. Daher ſtellen ſie ihre actiones auf
folgende Art an: Alles, was dein Intereſſe
befoͤrdert, muſt du thun, was demſelben zuwi-
der, muſt du unterlaſſen; Was ihm aber nicht
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/29>, abgerufen am 21.11.2024.
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