mit importunität den Leuten das Beicht Geld abfordern; andere werden in ihrer Andacht bey der Beichte gestöhret, wenn sie entweder das Beicht-Geld gar vergessen, oder es doch zu der Zeit, wenn sie die Absolution erhalten, es nicht so geschwinde heraus nehmen können, u. s. w. Wie die Priester bißweilen deßwegen in Zwistigkeit gerathen und auff einander jalous sind, habe in vorhergehenden §. angeführet. Es wird unnöthig seyn, alle Mißbräuche die bey dem Beicht-Gelde vorkommen, vorstellig zu machen, indem gelehrte und berühmte Leute so wohl von den geistlichen und weltlichen Stan- de solche schon längst vor mir erkennet und in ei- genen Schrifften dieselben abgehandelt. Es könten die Landes-Fürsten diese aus dem papi- stischen Sauerteig noch bey uns erhaltene reli- quie gar leichtlich abschaffen, wenn sie den Beicht-Pfennig verböthen, und hingegen den Zuhörern anbeföhlen, den Priestern auff eine andere Art, die in hypothesi gar leichtlich zu determiniren wäre, ein honorarium an statt des Beicht Geldes zu bezahlen.
§. 29. Man siehet und höret öffters, daß Priester einer Stadt, wenn sie in manchen Re- ligions-Puncten und Glaubens-Lehren unglei- cher Meynungen sind, einander nicht allein mit grosser Hitze und Hefftigkeit in Schrifften
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mit importunitaͤt den Leuten das Beicht Geld abfordern; andere werden in ihrer Andacht bey der Beichte geſtoͤhret, wenn ſie entweder das Beicht-Geld gar vergeſſen, oder es doch zu der Zeit, wenn ſie die Abſolution erhalten, es nicht ſo geſchwinde heraus nehmen koͤnnen, u. ſ. w. Wie die Prieſter bißweilen deßwegen in Zwiſtigkeit gerathen und auff einander jalous ſind, habe in vorhergehenden §. angefuͤhret. Es wird unnoͤthig ſeyn, alle Mißbraͤuche die bey dem Beicht-Gelde vorkommen, vorſtellig zu machen, indem gelehrte und beruͤhmte Leute ſo wohl von den geiſtlichen und weltlichen Stan- de ſolche ſchon laͤngſt vor mir erkennet und in ei- genen Schrifften dieſelben abgehandelt. Es koͤnten die Landes-Fuͤrſten dieſe aus dem papi- ſtiſchen Sauerteig noch bey uns erhaltene reli- quie gar leichtlich abſchaffen, wenn ſie den Beicht-Pfennig verboͤthen, und hingegen den Zuhoͤrern anbefoͤhlen, den Prieſtern auff eine andere Art, die in hypotheſi gar leichtlich zu determiniren waͤre, ein honorarium an ſtatt des Beicht Geldes zu bezahlen.
§. 29. Man ſiehet und hoͤret oͤffters, daß Prieſter einer Stadt, wenn ſie in manchen Re- ligions-Puncten und Glaubens-Lehren unglei- cher Meynungen ſind, einander nicht allein mit groſſer Hitze und Hefftigkeit in Schrifften
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mit importunitaͤt den Leuten das Beicht Geld
abfordern; andere werden in ihrer Andacht
bey der Beichte geſtoͤhret, wenn ſie entweder
das Beicht-Geld gar vergeſſen, oder es doch zu
der Zeit, wenn ſie die Abſolution erhalten, es
nicht ſo geſchwinde heraus nehmen koͤnnen, u. ſ.
w. Wie die Prieſter bißweilen deßwegen in
Zwiſtigkeit gerathen und auff einander jalous
ſind, habe in vorhergehenden §. angefuͤhret.
Es wird unnoͤthig ſeyn, alle Mißbraͤuche die bey
dem Beicht-Gelde vorkommen, vorſtellig zu
machen, indem gelehrte und beruͤhmte Leute ſo
wohl von den geiſtlichen und weltlichen Stan-
de ſolche ſchon laͤngſt vor mir erkennet und in ei-
genen Schrifften dieſelben abgehandelt. Es
koͤnten die Landes-Fuͤrſten dieſe aus dem papi-
ſtiſchen Sauerteig noch bey uns erhaltene reli-
quie gar leichtlich abſchaffen, wenn ſie den
Beicht-Pfennig verboͤthen, und hingegen den
Zuhoͤrern anbefoͤhlen, den Prieſtern auff eine
andere Art, die in hypotheſi gar leichtlich zu
determiniren waͤre, ein honorarium an ſtatt
des Beicht Geldes zu bezahlen.
§. 29. Man ſiehet und hoͤret oͤffters, daß
Prieſter einer Stadt, wenn ſie in manchen Re-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/301>, abgerufen am 21.11.2024.
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