ertheilet; Zum andern, so giebet die entzogene Gelegenheit, allerhand üppige Wercke des Sonntags auszuüben, ihnen wohl selbst Anlaß, daß sie um die Zeit zu passiren, etwas in GOt- tes Wort lesen und also hierdurch manchmahl wider ihren Willen, weil der Geist GOttes all- stets mit dem Worte vereiniget ist, erbauet wer- den; und zum dritten, so müssen die Landes- Herren doch wie in andern Stücken also auch hierinnen thun, was sie können und ihnen mög- lich, weil sie die Hertzen der Menschen nicht ver- ändern mögen, sondern solches unserm HErre GOtt überlassen müssen.
§. 52. Es ist fast in allen Evangelisch-Lu- therischen Kirchen in Teutschland so eingefüh- ret, daß Vormittags in der Früh-Predigt die Evangelia, Nachmittags hingegen die Episteln erkläret, oder auch wohl ein Jahr ums an- dere Catechismus-Predigten gehalten und die Augspurgische Confession durchgepredigt wird. Nun will ich zwar diese Methode eben nicht tadeln, wiewohl ich auch glaube, daß die Evangelia ordentlicher und in einer bessern Connexion hätten eingetheilet werden kön- nen, sondern nur denenjenigen, von denen der- gleichen Verordnungen dependiret, zu ihrer Uberlegung anheim stellen, ob es nicht besser wäre, wenn zumahl in grossen Städten die
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ertheilet; Zum andern, ſo giebet die entzogene Gelegenheit, allerhand uͤppige Wercke des Sonntags auszuuͤben, ihnen wohl ſelbſt Anlaß, daß ſie um die Zeit zu paſſiren, etwas in GOt- tes Wort leſen und alſo hierdurch manchmahl wider ihren Willen, weil der Geiſt GOttes all- ſtets mit dem Worte vereiniget iſt, erbauet wer- den; und zum dritten, ſo muͤſſen die Landes- Herren doch wie in andern Stuͤcken alſo auch hierinnen thun, was ſie koͤnnen und ihnen moͤg- lich, weil ſie die Hertzen der Menſchen nicht ver- aͤndern moͤgen, ſondern ſolches unſerm HErre GOtt uͤberlaſſen muͤſſen.
§. 52. Es iſt faſt in allen Evangeliſch-Lu- theriſchen Kirchen in Teutſchland ſo eingefuͤh- ret, daß Vormittags in der Fruͤh-Predigt die Evangelia, Nachmittags hingegen die Epiſteln erklaͤret, oder auch wohl ein Jahr ums an- dere Catechiſmus-Predigten gehalten und die Augſpurgiſche Confeſſion durchgepredigt wird. Nun will ich zwar dieſe Methode eben nicht tadeln, wiewohl ich auch glaube, daß die Evangelia ordentlicher und in einer beſſern Connexion haͤtten eingetheilet werden koͤn- nen, ſondern nur denenjenigen, von denen der- gleichen Verordnungen dependiret, zu ihrer Uberlegung anheim ſtellen, ob es nicht beſſer waͤre, wenn zumahl in groſſen Staͤdten die
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ertheilet; Zum andern, ſo giebet die entzogene
Gelegenheit, allerhand uͤppige Wercke des
Sonntags auszuuͤben, ihnen wohl ſelbſt Anlaß,
daß ſie um die Zeit zu paſſiren, etwas in GOt-
tes Wort leſen und alſo hierdurch manchmahl
wider ihren Willen, weil der Geiſt GOttes all-
ſtets mit dem Worte vereiniget iſt, erbauet wer-
den; und zum dritten, ſo muͤſſen die Landes-
Herren doch wie in andern Stuͤcken alſo auch
hierinnen thun, was ſie koͤnnen und ihnen moͤg-
lich, weil ſie die Hertzen der Menſchen nicht ver-
aͤndern moͤgen, ſondern ſolches unſerm HErre
GOtt uͤberlaſſen muͤſſen.
§. 52. Es iſt faſt in allen Evangeliſch-Lu-
theriſchen Kirchen in Teutſchland ſo eingefuͤh-
ret, daß Vormittags in der Fruͤh-Predigt die
Evangelia, Nachmittags hingegen die Epiſteln
erklaͤret, oder auch wohl ein Jahr ums an-
dere Catechiſmus-Predigten gehalten und
die Augſpurgiſche Confeſſion durchgepredigt
wird. Nun will ich zwar dieſe Methode eben
nicht tadeln, wiewohl ich auch glaube, daß die
Evangelia ordentlicher und in einer beſſern
Connexion haͤtten eingetheilet werden koͤn-
nen, ſondern nur denenjenigen, von denen der-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/325>, abgerufen am 22.11.2024.
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