Pietisten mit zu halten, wenn einer leugnet, daß Pietisten in der Welt sind.
§. 19. Es ist zwar der Pietismus, wie wir angeführet, eine gefährliche Ketzerey; ieden- noch ist auch nicht zu läugnen, daß occasione pietismi einiger Nutzen geschaffet worden. Denn es sind manche Evangelisch-Lutherische Prediger, die Kirchen-Wächter haben abge- ben sollen, auff ihren ihnen anvertrauten Po- sten sich sehr schläffrig bezeuget, ihr Amt mit grosser Nachläßigkeit und Trägheit verwaltet, sich mehr um ihre Einkünffte, denn um die See- len ihrer Zuhörer bekümmert, durch das Ge- schrey der Pietisten ermuntert, und zu einer mehrern Wachsamkeit angereitzet, ingleichen auch manche Lehren, davon man vielleicht vor- hero auff den Cantzeln nicht so fleißig gepredi- get, bey Gelegenheit des Pietismi fleißiger und forgfältiger tractiret worden, damit man dem Vorwurff der Pietisten entgehen mögte, als würde die wahre Pietät nicht so gar eiffrig von einigen Evangelischen Herren Theologis ge- trieben. Es haben auch wohl manche Pieti- stische Controversien Gelegenheit gegeben, daß eines und das andere in der Theologie besser und genauer examiniret und manches in dem Kirch-Wesen geändert und gebessert wor- den. Ja es werden einige von den Predigern,
weil
Pietiſten mit zu halten, wenn einer leugnet, daß Pietiſten in der Welt ſind.
§. 19. Es iſt zwar der Pietiſmus, wie wir angefuͤhret, eine gefaͤhrliche Ketzerey; ieden- noch iſt auch nicht zu laͤugnen, daß occaſione pietiſmi einiger Nutzen geſchaffet worden. Denn es ſind manche Evangeliſch-Lutheriſche Prediger, die Kirchen-Waͤchter haben abge- ben ſollen, auff ihren ihnen anvertrauten Po- ſten ſich ſehr ſchlaͤffrig bezeuget, ihr Amt mit groſſer Nachlaͤßigkeit und Traͤgheit verwaltet, ſich mehr um ihre Einkuͤnffte, denn um die See- len ihrer Zuhoͤrer bekuͤmmert, durch das Ge- ſchrey der Pietiſten ermuntert, und zu einer mehrern Wachſamkeit angereitzet, ingleichen auch manche Lehren, davon man vielleicht vor- hero auff den Cantzeln nicht ſo fleißig gepredi- get, bey Gelegenheit des Pietiſmi fleißiger und forgfaͤltiger tractiret worden, damit man dem Vorwurff der Pietiſten entgehen moͤgte, als wuͤrde die wahre Pietaͤt nicht ſo gar eiffrig von einigen Evangeliſchen Herren Theologis ge- trieben. Es haben auch wohl manche Pieti- ſtiſche Controverſien Gelegenheit gegeben, daß eines und das andere in der Theologie beſſer und genauer examiniret und manches in dem Kirch-Weſen geaͤndert und gebeſſert wor- den. Ja es werden einige von den Predigern,
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Pietiſten mit zu halten, wenn einer leugnet,
daß Pietiſten in der Welt ſind.
§. 19. Es iſt zwar der Pietiſmus, wie wir
angefuͤhret, eine gefaͤhrliche Ketzerey; ieden-
noch iſt auch nicht zu laͤugnen, daß occaſione
pietiſmi einiger Nutzen geſchaffet worden.
Denn es ſind manche Evangeliſch-Lutheriſche
Prediger, die Kirchen-Waͤchter haben abge-
ben ſollen, auff ihren ihnen anvertrauten Po-
ſten ſich ſehr ſchlaͤffrig bezeuget, ihr Amt mit
groſſer Nachlaͤßigkeit und Traͤgheit verwaltet,
ſich mehr um ihre Einkuͤnffte, denn um die See-
len ihrer Zuhoͤrer bekuͤmmert, durch das Ge-
ſchrey der Pietiſten ermuntert, und zu einer
mehrern Wachſamkeit angereitzet, ingleichen
auch manche Lehren, davon man vielleicht vor-
hero auff den Cantzeln nicht ſo fleißig gepredi-
get, bey Gelegenheit des Pietiſmi fleißiger und
forgfaͤltiger tractiret worden, damit man dem
Vorwurff der Pietiſten entgehen moͤgte, als
wuͤrde die wahre Pietaͤt nicht ſo gar eiffrig von
einigen Evangeliſchen Herren Theologis ge-
trieben. Es haben auch wohl manche Pieti-
ſtiſche Controverſien Gelegenheit gegeben,
daß eines und das andere in der Theologie
beſſer und genauer examiniret und manches in
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/372>, abgerufen am 22.11.2024.
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