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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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Licht der Ciceronianischen Purität gantz und
gar verschwinden und die dicke Finsterniß der
Barbarey wieder einbrechen möchte. Nach
diesem exerciren sie ihre Untergebenen in nichts
so sehr als in den modis der aequipollentiae
und conversionis, in den Figuren der Syllo-
gismorum,
den Darapti, Felapton, u. s. w.
oder weisen sie an, wie sie im disputiren die An-
fälle ihrer Gegner mit dem Vorrath der meta-
physi
schen Distinctionen auspariren sollen.
Bey Lesung der Rhetorica lehren sie die Schul-
Jugend nicht sowohl, wie sie auf allerhand in
dem menschlichen Leben vorkommende Fälle
mit einer guten Art lateinische und teutsche
Schreiben und Reden aufsetzen sollen, als daß
sie dieselbigen vielmehr gewisse declamationes
und orationes des Ciceronis, Quintiliani
und andere Reden vorlegen, sie anatomiren
und gewisse Figuren heraus suchen, an welchen
die ehrlichen Leute wohl ihr Lebtage bißweilen
nicht gedacht, und mit grosser Mühe alle Ele-
ganti
en heraus klauben. Bey der Poesie hal-
ten sie es vor die gröste Gelehrsamkeit, wenn sie
ihren Untergebenen einen schönen griechischen
Vers machen lernen, und wer wolte alle Schul-
Grillen solcher pedantischen Lehr-Meister er-
zehlen?

§. 9. Hernach giebet es wieder eine andere

Sorte
A a 3



Licht der Ciceronianiſchen Puritaͤt gantz und
gar verſchwinden und die dicke Finſterniß der
Barbarey wieder einbrechen moͤchte. Nach
dieſem exerciren ſie ihre Untergebenen in nichts
ſo ſehr als in den modis der æquipollentiæ
und converſionis, in den Figuren der Syllo-
giſmorum,
den Darapti, Felapton, u. ſ. w.
oder weiſen ſie an, wie ſie im diſputiren die An-
faͤlle ihrer Gegner mit dem Vorrath der meta-
phyſi
ſchen Diſtinctionen auspariren ſollen.
Bey Leſung der Rhetorica lehren ſie die Schul-
Jugend nicht ſowohl, wie ſie auf allerhand in
dem menſchlichen Leben vorkommende Faͤlle
mit einer guten Art lateiniſche und teutſche
Schreiben und Reden aufſetzen ſollen, als daß
ſie dieſelbigen vielmehr gewiſſe declamationes
und orationes des Ciceronis, Quintiliani
und andere Reden vorlegen, ſie anatomiren
und gewiſſe Figuren heraus ſuchen, an welchen
die ehrlichen Leute wohl ihr Lebtage bißweilen
nicht gedacht, und mit groſſer Muͤhe alle Ele-
ganti
en heraus klauben. Bey der Poeſie hal-
ten ſie es vor die groͤſte Gelehrſamkeit, wenn ſie
ihren Untergebenen einen ſchoͤnen griechiſchen
Vers machen lernen, und wer wolte alle Schul-
Grillen ſolcher pedantiſchen Lehr-Meiſter er-
zehlen?

§. 9. Hernach giebet es wieder eine andere

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[373/0393] Licht der Ciceronianiſchen Puritaͤt gantz und gar verſchwinden und die dicke Finſterniß der Barbarey wieder einbrechen moͤchte. Nach dieſem exerciren ſie ihre Untergebenen in nichts ſo ſehr als in den modis der æquipollentiæ und converſionis, in den Figuren der Syllo- giſmorum, den Darapti, Felapton, u. ſ. w. oder weiſen ſie an, wie ſie im diſputiren die An- faͤlle ihrer Gegner mit dem Vorrath der meta- phyſiſchen Diſtinctionen auspariren ſollen. Bey Leſung der Rhetorica lehren ſie die Schul- Jugend nicht ſowohl, wie ſie auf allerhand in dem menſchlichen Leben vorkommende Faͤlle mit einer guten Art lateiniſche und teutſche Schreiben und Reden aufſetzen ſollen, als daß ſie dieſelbigen vielmehr gewiſſe declamationes und orationes des Ciceronis, Quintiliani und andere Reden vorlegen, ſie anatomiren und gewiſſe Figuren heraus ſuchen, an welchen die ehrlichen Leute wohl ihr Lebtage bißweilen nicht gedacht, und mit groſſer Muͤhe alle Ele- gantien heraus klauben. Bey der Poeſie hal- ten ſie es vor die groͤſte Gelehrſamkeit, wenn ſie ihren Untergebenen einen ſchoͤnen griechiſchen Vers machen lernen, und wer wolte alle Schul- Grillen ſolcher pedantiſchen Lehr-Meiſter er- zehlen? §. 9. Hernach giebet es wieder eine andere Sorte A a 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/393>, abgerufen am 21.11.2024.