und die Staats-Wissenschafft vor sich behal- ten mögen. Da bedienen sie sich denn folgen- der Expressionen: Man muß junge Leute nicht auf einmahl gar zu klug machen, sie mögen auch sehen, wenn sie hernach zu Affairen gezo- gen werden, wie sie zu recht kommen, es kostet uns Mühe und Geld, ehe wir dahinter gekom- men, es hat es uns niemand ins Maul geschmie- ret, und was dergleichen abgünstige und von der Christlichen Liebe entfernte dicteria etwan mehr sind. Es machen auch wohl solche Leute grosse Geheimnisse aus gewissen Dingen, die doch eben nicht von importanz sind, und wohl von einem und andern mit allen und ieden Um- ständen in Druck gegeben worden. Noch an- dere, ob sie gleich die Exempel unterschiedener hohen Standes-Personen und grossen Staats- Ministres dißfalls vor sich haben, stecken den- noch in dem Vorurtheil, als sey das Bücher- schreiben ihrer Staats-Excellenz disreno- mirlich, sie meynen, es wäre ihren Caracteren ein Schand-Fleck zugezogen, wenn sie hierin- nen andern, die sie, in Ansehung ihrer, vor schlechte Leute halten, sich conformiren, und dem Publico mit einigen Schrifften dienen sol- ten. Wiederum andere, ob sie gleich die politische Klugheit in einem hohen Grad besitzen, und sich ihren Verrichtungen mit grosser Reputation
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und die Staats-Wiſſenſchafft vor ſich behal- ten moͤgen. Da bedienen ſie ſich denn folgen- der Expreſſionen: Man muß junge Leute nicht auf einmahl gar zu klug machen, ſie moͤgen auch ſehen, wenn ſie hernach zu Affairen gezo- gen werden, wie ſie zu recht kommen, es koſtet uns Muͤhe und Geld, ehe wir dahinter gekom- men, es hat es uns niemand ins Maul geſchmie- ret, und was dergleichen abguͤnſtige und von der Chriſtlichen Liebe entfernte dicteria etwan mehr ſind. Es machen auch wohl ſolche Leute groſſe Geheimniſſe aus gewiſſen Dingen, die doch eben nicht von importanz ſind, und wohl von einem und andern mit allen und ieden Um- ſtaͤnden in Druck gegeben worden. Noch an- dere, ob ſie gleich die Exempel unterſchiedener hohen Standes-Perſonen und groſſen Staats- Miniſtres dißfalls vor ſich haben, ſtecken den- noch in dem Vorurtheil, als ſey das Buͤcher- ſchreiben ihrer Staats-Excellenz disreno- mirlich, ſie meynen, es waͤre ihren Caractéren ein Schand-Fleck zugezogen, wenn ſie hierin- nen andern, die ſie, in Anſehung ihrer, vor ſchlechte Leute halten, ſich conformiren, und dem Publico mit einigen Schrifften dienen ſol- ten. Wiedeꝛum andere, ob ſie gleich die politiſche Klugheit in einem hohen Grad beſitzen, und ſich ihren Verrichtungen mit groſſer Reputation
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[20/0040]
und die Staats-Wiſſenſchafft vor ſich behal-
ten moͤgen. Da bedienen ſie ſich denn folgen-
der Expreſſionen: Man muß junge Leute
nicht auf einmahl gar zu klug machen, ſie moͤgen
auch ſehen, wenn ſie hernach zu Affairen gezo-
gen werden, wie ſie zu recht kommen, es koſtet
uns Muͤhe und Geld, ehe wir dahinter gekom-
men, es hat es uns niemand ins Maul geſchmie-
ret, und was dergleichen abguͤnſtige und von
der Chriſtlichen Liebe entfernte dicteria etwan
mehr ſind. Es machen auch wohl ſolche Leute
groſſe Geheimniſſe aus gewiſſen Dingen, die
doch eben nicht von importanz ſind, und wohl
von einem und andern mit allen und ieden Um-
ſtaͤnden in Druck gegeben worden. Noch an-
dere, ob ſie gleich die Exempel unterſchiedener
hohen Standes-Perſonen und groſſen Staats-
Miniſtres dißfalls vor ſich haben, ſtecken den-
noch in dem Vorurtheil, als ſey das Buͤcher-
ſchreiben ihrer Staats-Excellenz disreno-
mirlich, ſie meynen, es waͤre ihren Caractéren
ein Schand-Fleck zugezogen, wenn ſie hierin-
nen andern, die ſie, in Anſehung ihrer, vor
ſchlechte Leute halten, ſich conformiren, und
dem Publico mit einigen Schrifften dienen ſol-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/40>, abgerufen am 21.11.2024.
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