wollen. Da aber solches eine pure caprice ist, so halte davor, daß Landes-Herren gar wohl befugt sind, dergleichen Leute auch mit Gewalt anzuhalten, daß sie einigen Personen vor ihrem Absterben dasjenige, was sie können, lernen sollen, damit die nachkommende Welt nicht um eine so nützliche Erfindung gebracht werde. Und wenn sie sich widerspenstig hierzu bezeugen, so sind sie auch wohl mit Gefängniß und andern Straffen zu zwingen, jedoch kan ein Landes- Fürst nicht praetendiren, daß sie solches andern umsonst decouviren, sondern sie müssen ihnen hiervor eine raisonable Discretion auszahlen.
§. 8. Jndem mehr als zu bekandt, was gottlose und gefährliche Bücher so wohl in der Kirche als in der Republic vor Unheil und Ver- wirrung anzurichten vermögend sind, so hat ein Landes-Herr wohl Acht zu haben, daß nicht in seinen Landen dergleichen Bücher gedruckt und verkaufft werden. Es gehören aber in diese Claße (1.) die Atheistischen, die entweder die existenz GOttes gantz und gar verläugnen, o- der doch von GOtt so schreiben, daß seine Ei- genschafften dadurch verkleinert werden, als die z. E. seine Providenz in Zweiffel ziehen; (2.) die Naturalistischen und Indifferentistischen, die entweder alle Religion und äusserlichen Got- tesdienst verwerffen oder über den Hauffen
schmeis-
wollen. Da aber ſolches eine pure caprice iſt, ſo halte davor, daß Landes-Herren gar wohl befugt ſind, dergleichen Leute auch mit Gewalt anzuhalten, daß ſie einigen Perſonen vor ihrem Abſterben dasjenige, was ſie koͤnnen, lernen ſollen, damit die nachkommende Welt nicht um eine ſo nuͤtzliche Erfindung gebracht werde. Und wenn ſie ſich widerſpenſtig hierzu bezeugen, ſo ſind ſie auch wohl mit Gefaͤngniß und andern Straffen zu zwingen, jedoch kan ein Landes- Fuͤrſt nicht prætendiren, daß ſie ſolches andern umſonſt decouviren, ſondern ſie muͤſſen ihnen hiervor eine raiſonable Diſcretion auszahlen.
§. 8. Jndem mehr als zu bekandt, was gottloſe und gefaͤhrliche Buͤcher ſo wohl in der Kirche als in der Republic vor Unheil und Ver- wirrung anzurichten vermoͤgend ſind, ſo hat ein Landes-Herr wohl Acht zu haben, daß nicht in ſeinen Landen dergleichen Buͤcher gedruckt und verkaufft werden. Es gehoͤren aber in dieſe Claße (1.) die Atheiſtiſchen, die entweder die exiſtenz GOttes gantz und gar verlaͤugnen, o- der doch von GOtt ſo ſchreiben, daß ſeine Ei- genſchafften dadurch verkleinert werden, als die z. E. ſeine Providenz in Zweiffel ziehen; (2.) die Naturaliſtiſchen und Indifferentiſtiſchen, die entweder alle Religion und aͤuſſerlichen Got- tesdienſt verwerffen oder uͤber den Hauffen
ſchmeiſ-
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wollen. Da aber ſolches eine pure caprice
iſt, ſo halte davor, daß Landes-Herren gar wohl
befugt ſind, dergleichen Leute auch mit Gewalt
anzuhalten, daß ſie einigen Perſonen vor ihrem
Abſterben dasjenige, was ſie koͤnnen, lernen
ſollen, damit die nachkommende Welt nicht um
eine ſo nuͤtzliche Erfindung gebracht werde. Und
wenn ſie ſich widerſpenſtig hierzu bezeugen, ſo
ſind ſie auch wohl mit Gefaͤngniß und andern
Straffen zu zwingen, jedoch kan ein Landes-
Fuͤrſt nicht prætendiren, daß ſie ſolches andern
umſonſt decouviren, ſondern ſie muͤſſen ihnen
hiervor eine raiſonable Diſcretion auszahlen.
§. 8. Jndem mehr als zu bekandt, was
gottloſe und gefaͤhrliche Buͤcher ſo wohl in der
Kirche als in der Republic vor Unheil und Ver-
wirrung anzurichten vermoͤgend ſind, ſo hat ein
Landes-Herr wohl Acht zu haben, daß nicht in
ſeinen Landen dergleichen Buͤcher gedruckt und
verkaufft werden. Es gehoͤren aber in dieſe
Claße (1.) die Atheiſtiſchen, die entweder die
exiſtenz GOttes gantz und gar verlaͤugnen, o-
der doch von GOtt ſo ſchreiben, daß ſeine Ei-
genſchafften dadurch verkleinert werden, als die
z. E. ſeine Providenz in Zweiffel ziehen; (2.)
die Naturaliſtiſchen und Indifferentiſtiſchen, die
entweder alle Religion und aͤuſſerlichen Got-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/465>, abgerufen am 22.11.2024.
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