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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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§. 29. Es sind aber der wucherlichen Con-
tracte
noch mehr; Denn wer weiß nicht, daß ein
gantzer Jahres-Zinß, es sey auch nur 5. oder ie-
tzo üblich 6. pro Cent bey Auszahlung des An-
lehns gleich zurück behalten wird, und doch das
Capital, so lange es stehet, vollkömmlich verzin-
set werden muß, daß öffters noch Discretiones
darzu gegeben und die Obligationes auf das
Geld gerichtet werden, da doch allerhand ande-
re Sachen, auch wohl alte verlegene Schulden
mit eingerechnet worden, daß öffters das
Kauff-Geld von Getreyde oder Viehe zu Capi-
tal
gemacht und verzinset, auch vorher alles
übertheuer angeschlagen wird, daß man gute
Müntz-Sorten in der Bezahlung wieder zu
schaffen versprechen muß, da man doch schlech-
tere empfangen. Was auch mit dem Gelde
selbst vor Wucher getrieben wird, verdienet
billig ein Landes-Obrigkeitliches Einsehen,
denn wenn grobe Sorten von guten Schrot
und Korn zu verwechseln sind, so will sie nie-
mand so hoch annehmen und einwechseln, als sie
insgemein vor Waare und an Bezahlung hin-
gegeben und angenommen werden. Wenn
man hingegen solche Sorten haben will, kan
man nicht gnug lagio geben, zu geschweigen,
daß öffters gantze auch wohl etliche Centner
von solchen Müntz-Sorten mit Fleiß eingefüh-

ret,
K k


§. 29. Es ſind aber der wucherlichen Con-
tracte
noch mehr; Denn wer weiß nicht, daß ein
gantzer Jahres-Zinß, es ſey auch nur 5. oder ie-
tzo uͤblich 6. pro Cent bey Auszahlung des An-
lehns gleich zuruͤck behalten wird, und doch das
Capital, ſo lange es ſtehet, vollkoͤmmlich verzin-
ſet werden muß, daß oͤffters noch Diſcretiones
darzu gegeben und die Obligationes auf das
Geld gerichtet werden, da doch allerhand ande-
re Sachen, auch wohl alte verlegene Schulden
mit eingerechnet worden, daß oͤffters das
Kauff-Geld von Getreyde oder Viehe zu Capi-
tal
gemacht und verzinſet, auch vorher alles
uͤbertheuer angeſchlagen wird, daß man gute
Muͤntz-Sorten in der Bezahlung wieder zu
ſchaffen verſprechen muß, da man doch ſchlech-
tere empfangen. Was auch mit dem Gelde
ſelbſt vor Wucher getrieben wird, verdienet
billig ein Landes-Obrigkeitliches Einſehen,
denn wenn grobe Sorten von guten Schrot
und Korn zu verwechſeln ſind, ſo will ſie nie-
mand ſo hoch annehmen und einwechſeln, als ſie
insgemein vor Waare und an Bezahlung hin-
gegeben und angenommen werden. Wenn
man hingegen ſolche Sorten haben will, kan
man nicht gnug lagio geben, zu geſchweigen,
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[513/0533] §. 29. Es ſind aber der wucherlichen Con- tracte noch mehr; Denn wer weiß nicht, daß ein gantzer Jahres-Zinß, es ſey auch nur 5. oder ie- tzo uͤblich 6. pro Cent bey Auszahlung des An- lehns gleich zuruͤck behalten wird, und doch das Capital, ſo lange es ſtehet, vollkoͤmmlich verzin- ſet werden muß, daß oͤffters noch Diſcretiones darzu gegeben und die Obligationes auf das Geld gerichtet werden, da doch allerhand ande- re Sachen, auch wohl alte verlegene Schulden mit eingerechnet worden, daß oͤffters das Kauff-Geld von Getreyde oder Viehe zu Capi- tal gemacht und verzinſet, auch vorher alles uͤbertheuer angeſchlagen wird, daß man gute Muͤntz-Sorten in der Bezahlung wieder zu ſchaffen verſprechen muß, da man doch ſchlech- tere empfangen. Was auch mit dem Gelde ſelbſt vor Wucher getrieben wird, verdienet billig ein Landes-Obrigkeitliches Einſehen, denn wenn grobe Sorten von guten Schrot und Korn zu verwechſeln ſind, ſo will ſie nie- mand ſo hoch annehmen und einwechſeln, als ſie insgemein vor Waare und an Bezahlung hin- gegeben und angenommen werden. Wenn man hingegen ſolche Sorten haben will, kan man nicht gnug lagio geben, zu geſchweigen, daß oͤffters gantze auch wohl etliche Centner von ſolchen Muͤntz-Sorten mit Fleiß eingefuͤh- ret, K k

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/533>, abgerufen am 22.11.2024.