Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



und zwar mit allem Recht, hinter ihm drein.
Hingegen, dafern iemand aus einer vornehmen
oder ansehnlichen Familie dergleichen Unglück
anrichtet, so sind die Justiz-Personen bey den
Inquisitionen offt gar nachläßig. So sind
die Richter mit den Executionen der armen
Delinquenten bald fertig, damit sie Gelegen-
heit haben, ihre peinliche Gerichtsbarkeit ein-
mahl zu exerciren, oder diejenige Jurisdiction,
die sie sich unrechtmäßiger Weise zugeeignet,
durch einen actum possessorium zu befestigen.

§. 20. Es giebt auch unterschiedene Ver-
brechen, die entweder gar nicht oder doch zum
wenigsten sehr selten und nicht so scharff, als wie
es wohl billig seyn solte, bestrafft werden. Der-
gleichen sind die Lügen, die sowohl außer Gerich-
ten als gerichtlich geschehen, der Müßiggang,
die Verschwendung, wenn einer sein Vermö-
gen liederlicher Weise gantz und gar durch die
Gurgel jagt, unnütze Schwüre und Verläum-
dungen gegen den Nächsten, Trunckenheit, u.
s. w. Es solten billig alle diese und dergleichen
Laster bestrafft werden, theils weil sie der grosse
GOtt in seinem Worte selbst verbothen, theils
auch, weil hierdurch der Socialität und der
Glückseeligkeit des Landes geschadet wird, und
andere geärgert und verführet werden, theils
auch, weil sich solche Leute selbst praejudiciren.

Allein
L l 5



und zwar mit allem Recht, hinter ihm drein.
Hingegen, dafern iemand aus einer vornehmen
oder anſehnlichen Familie dergleichen Ungluͤck
anrichtet, ſo ſind die Juſtiz-Perſonen bey den
Inquiſitionen offt gar nachlaͤßig. So ſind
die Richter mit den Executionen der armen
Delinquenten bald fertig, damit ſie Gelegen-
heit haben, ihre peinliche Gerichtsbarkeit ein-
mahl zu exerciren, oder diejenige Jurisdiction,
die ſie ſich unrechtmaͤßiger Weiſe zugeeignet,
durch einen actum poſſeſſorium zu befeſtigen.

§. 20. Es giebt auch unterſchiedene Ver-
brechen, die entweder gar nicht oder doch zum
wenigſten ſehr ſelten und nicht ſo ſcharff, als wie
es wohl billig ſeyn ſolte, beſtrafft werden. Der-
gleichen ſind die Luͤgen, die ſowohl außer Gerich-
ten als gerichtlich geſchehen, der Muͤßiggang,
die Verſchwendung, wenn einer ſein Vermoͤ-
gen liederlicher Weiſe gantz und gar durch die
Gurgel jagt, unnuͤtze Schwuͤre und Verlaͤum-
dungen gegen den Naͤchſten, Trunckenheit, u.
ſ. w. Es ſolten billig alle dieſe und dergleichen
Laſter beſtrafft werden, theils weil ſie der groſſe
GOtt in ſeinem Worte ſelbſt verbothen, theils
auch, weil hierdurch der Socialitaͤt und der
Gluͤckſeeligkeit des Landes geſchadet wird, und
andere geaͤrgert und verfuͤhret werden, theils
auch, weil ſich ſolche Leute ſelbſt præjudiciren.

Allein
L l 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0557" n="537"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> und zwar mit allem Recht, hinter ihm drein.<lb/>
Hingegen, dafern iemand aus einer vornehmen<lb/>
oder an&#x017F;ehnlichen Familie dergleichen Unglu&#x0364;ck<lb/>
anrichtet, &#x017F;o &#x017F;ind die <hi rendition="#aq">Ju&#x017F;tiz-</hi>Per&#x017F;onen bey den<lb/><hi rendition="#aq">Inqui&#x017F;ition</hi>en offt gar nachla&#x0364;ßig. So &#x017F;ind<lb/>
die Richter mit den <hi rendition="#aq">Execution</hi>en der armen<lb/><hi rendition="#aq">Delinquent</hi>en bald fertig, damit &#x017F;ie Gelegen-<lb/>
heit haben, ihre peinliche Gerichtsbarkeit ein-<lb/>
mahl zu <hi rendition="#aq">exerci</hi>ren, oder diejenige <hi rendition="#aq">Jurisdiction,</hi><lb/>
die &#x017F;ie &#x017F;ich unrechtma&#x0364;ßiger Wei&#x017F;e zugeeignet,<lb/>
durch einen <hi rendition="#aq">actum po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;orium</hi> zu befe&#x017F;tigen.</p><lb/>
        <p>§. 20. Es giebt auch unter&#x017F;chiedene Ver-<lb/>
brechen, die entweder gar nicht oder doch zum<lb/>
wenig&#x017F;ten &#x017F;ehr &#x017F;elten und nicht &#x017F;o &#x017F;charff, als wie<lb/>
es wohl billig &#x017F;eyn &#x017F;olte, be&#x017F;trafft werden. Der-<lb/>
gleichen &#x017F;ind die Lu&#x0364;gen, die &#x017F;owohl außer Gerich-<lb/>
ten als gerichtlich ge&#x017F;chehen, der Mu&#x0364;ßiggang,<lb/>
die Ver&#x017F;chwendung, wenn einer &#x017F;ein Vermo&#x0364;-<lb/>
gen liederlicher Wei&#x017F;e gantz und gar durch die<lb/>
Gurgel jagt, unnu&#x0364;tze Schwu&#x0364;re und Verla&#x0364;um-<lb/>
dungen gegen den Na&#x0364;ch&#x017F;ten, Trunckenheit, u.<lb/>
&#x017F;. w. Es &#x017F;olten billig alle die&#x017F;e und dergleichen<lb/>
La&#x017F;ter be&#x017F;trafft werden, theils weil &#x017F;ie der gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
GOtt in &#x017F;einem Worte &#x017F;elb&#x017F;t verbothen, theils<lb/>
auch, weil hierdurch der <hi rendition="#aq">Sociali</hi>ta&#x0364;t und der<lb/>
Glu&#x0364;ck&#x017F;eeligkeit des Landes ge&#x017F;chadet wird, und<lb/>
andere gea&#x0364;rgert und verfu&#x0364;hret werden, theils<lb/>
auch, weil &#x017F;ich &#x017F;olche Leute &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#aq">præjudici</hi>ren.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Allein</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[537/0557] und zwar mit allem Recht, hinter ihm drein. Hingegen, dafern iemand aus einer vornehmen oder anſehnlichen Familie dergleichen Ungluͤck anrichtet, ſo ſind die Juſtiz-Perſonen bey den Inquiſitionen offt gar nachlaͤßig. So ſind die Richter mit den Executionen der armen Delinquenten bald fertig, damit ſie Gelegen- heit haben, ihre peinliche Gerichtsbarkeit ein- mahl zu exerciren, oder diejenige Jurisdiction, die ſie ſich unrechtmaͤßiger Weiſe zugeeignet, durch einen actum poſſeſſorium zu befeſtigen. §. 20. Es giebt auch unterſchiedene Ver- brechen, die entweder gar nicht oder doch zum wenigſten ſehr ſelten und nicht ſo ſcharff, als wie es wohl billig ſeyn ſolte, beſtrafft werden. Der- gleichen ſind die Luͤgen, die ſowohl außer Gerich- ten als gerichtlich geſchehen, der Muͤßiggang, die Verſchwendung, wenn einer ſein Vermoͤ- gen liederlicher Weiſe gantz und gar durch die Gurgel jagt, unnuͤtze Schwuͤre und Verlaͤum- dungen gegen den Naͤchſten, Trunckenheit, u. ſ. w. Es ſolten billig alle dieſe und dergleichen Laſter beſtrafft werden, theils weil ſie der groſſe GOtt in ſeinem Worte ſelbſt verbothen, theils auch, weil hierdurch der Socialitaͤt und der Gluͤckſeeligkeit des Landes geſchadet wird, und andere geaͤrgert und verfuͤhret werden, theils auch, weil ſich ſolche Leute ſelbſt præjudiciren. Allein L l 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/557
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/557>, abgerufen am 22.11.2024.