§. 22. Damit die Processe in den Gerich- ten nicht leichtfertiger Weise angefangen oder aus Boßheit fortgesetzt würden, so war in den Römischen Rechten das juramentum calu- mn aegenerale eingeführet, und musten solches zu Eingang des Processes die Advocaten und die Partheyen ablegen, daß sie in der gantzen Sache nichts vornehmen wolten, um ihren Gegner zu vexiren, zu plagen und ihn aufzuhal- ten. l. 2. C. de Jurej. propt. cal. damn. die aber Geld empfiengen, um den andern aus Boßheit mit Processen zu fatigiren, musten solches Geld innerhalb Jahres-Frist dem an- dern vierfach restituiren. Bey den Römern konten die Processe deßwegen bald zu Ende ge- bracht werden, weil auf diejenigen, die Unwahr- heiten vorgaben, Straffe gesetzt waren. Denn wenn der Beklagte einer Lügen überführet wur- de, ward er zu Bezahlung des dupli angehal- ten, und konte sich mit keiner Exception schü- tzen. Wenn nun diese und andere derglei- chen Straffen mehr in Ansehung der Processe noch heutiges Tages bey uns Statt hätten, so würden sie von den Partheyen nicht so unnöthi- ger Weise angefangen und so lange verzögert werden. v. Strykii Dissert. de Processibus ab- breviandis per poenam mendacii.
§. 23. Weil diejenigen, die von den andern
mehr
§. 22. Damit die Proceſſe in den Gerich- ten nicht leichtfertiger Weiſe angefangen oder aus Boßheit fortgeſetzt wuͤrden, ſo war in den Roͤmiſchen Rechten das juramentum calu- mn ægenerale eingefuͤhret, und muſten ſolches zu Eingang des Proceſſes die Advocaten und die Partheyen ablegen, daß ſie in der gantzen Sache nichts vornehmen wolten, um ihren Gegner zu vexiren, zu plagen und ihn aufzuhal- ten. l. 2. C. de Jurej. propt. cal. damn. die aber Geld empfiengen, um den andern aus Boßheit mit Proceſſen zu fatigiren, muſten ſolches Geld innerhalb Jahres-Friſt dem an- dern vierfach reſtituiren. Bey den Roͤmern konten die Proceſſe deßwegen bald zu Ende ge- bracht werden, weil auf diejenigen, die Unwahr- heiten vorgaben, Straffe geſetzt waren. Denn wenn der Beklagte einer Luͤgen uͤberfuͤhret wur- de, ward er zu Bezahlung des dupli angehal- ten, und konte ſich mit keiner Exception ſchuͤ- tzen. Wenn nun dieſe und andere derglei- chen Straffen mehr in Anſehung der Proceſſe noch heutiges Tages bey uns Statt haͤtten, ſo wuͤrden ſie von den Partheyen nicht ſo unnoͤthi- ger Weiſe angefangen und ſo lange verzoͤgert werden. v. Strykii Diſſert. de Proceſſibus ab- breviandis per pœnam mendacii.
§. 23. Weil diejenigen, die von den andern
mehr
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§. 22. Damit die Proceſſe in den Gerich-
ten nicht leichtfertiger Weiſe angefangen oder
aus Boßheit fortgeſetzt wuͤrden, ſo war in den
Roͤmiſchen Rechten das juramentum calu-
mn ægenerale eingefuͤhret, und muſten ſolches
zu Eingang des Proceſſes die Advocaten und
die Partheyen ablegen, daß ſie in der gantzen
Sache nichts vornehmen wolten, um ihren
Gegner zu vexiren, zu plagen und ihn aufzuhal-
ten. l. 2. C. de Jurej. propt. cal. damn. die
aber Geld empfiengen, um den andern aus
Boßheit mit Proceſſen zu fatigiren, muſten
ſolches Geld innerhalb Jahres-Friſt dem an-
dern vierfach reſtituiren. Bey den Roͤmern
konten die Proceſſe deßwegen bald zu Ende ge-
bracht werden, weil auf diejenigen, die Unwahr-
heiten vorgaben, Straffe geſetzt waren. Denn
wenn der Beklagte einer Luͤgen uͤberfuͤhret wur-
de, ward er zu Bezahlung des dupli angehal-
ten, und konte ſich mit keiner Exception ſchuͤ-
tzen. Wenn nun dieſe und andere derglei-
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noch heutiges Tages bey uns Statt haͤtten, ſo
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/560>, abgerufen am 22.11.2024.
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