§. 4. Appliciren wir nun dieses wiederum auf unsere Römische, Longobardische und Päb- stische Rechte, so finden wir, daß dieselben die angeführten guten requisita, die bey den Gese- tzen erfodert werden, nicht haben; Denn in dem Vortrag ist fast allenthalben wenig Ordnung zu spüren, daher dasjenige, was man suchet, schwer zu finden ist. An vielen Orten ist eine sehr grosse Dunckelheit, da entweder unbekante veraltete Sachen vorgebracht oder unverständ- liche Redens-Arten gebrauchet werden, daß man keinen Verstand heraus bringen kan; Da denn die Critici Gelegenheit haben, ihre Kunst an den Tag zu legen, wiewohl vielmahls in Pra- xi, wenn gleich noch so klar gezeiget wird, daß die Lectio falsch sey, man solches dennoch wenig attendiret. Viele Gesetze widersprechen sich, daß man nicht weiß, welchen zu folgen sey. Dieses trägt sich nicht allein in den unterschie- denen Rechten zu, da das teutsche Recht von dem Römischen, Bürgerlichen, und dieses wie- der von dem Geistlichen an unzehlichen Orten unterschieden, so viele Confusion verursacht, sondern iedes von diesen Rechten hält wieder- um viel gegen einander lauffende Gesetze in sich, welche die Rechts-Lehrer, derer viele gäntzlich läugnen, daß ein wahrer Widerspruch unter den Gesetzen eines Corporis zu finden sey, auff
alle
§. 4. Appliciren wir nun dieſes wiederum auf unſere Roͤmiſche, Longobardiſche und Paͤb- ſtiſche Rechte, ſo finden wir, daß dieſelben die angefuͤhrten guten requiſita, die bey den Geſe- tzen erfodert werden, nicht haben; Denn in dem Vortrag iſt faſt allenthalben wenig Ordnung zu ſpuͤren, daher dasjenige, was man ſuchet, ſchwer zu finden iſt. An vielen Orten iſt eine ſehr groſſe Dunckelheit, da entweder unbekante veraltete Sachen vorgebracht oder unverſtaͤnd- liche Redens-Arten gebrauchet werden, daß man keinen Verſtand heraus bringen kan; Da denn die Critici Gelegenheit haben, ihre Kunſt an den Tag zu legen, wiewohl vielmahls in Pra- xi, wenn gleich noch ſo klar gezeiget wird, daß die Lectio falſch ſey, man ſolches dennoch wenig attendiret. Viele Geſetze widerſprechen ſich, daß man nicht weiß, welchen zu folgen ſey. Dieſes traͤgt ſich nicht allein in den unterſchie- denen Rechten zu, da das teutſche Recht von dem Roͤmiſchen, Buͤrgerlichen, und dieſes wie- der von dem Geiſtlichen an unzehlichen Orten unterſchieden, ſo viele Confuſion verurſacht, ſondern iedes von dieſen Rechten haͤlt wieder- um viel gegen einander lauffende Geſetze in ſich, welche die Rechts-Lehrer, derer viele gaͤntzlich laͤugnen, daß ein wahrer Widerſpruch unter den Geſetzen eines Corporis zu finden ſey, auff
alle
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§. 4. Appliciren wir nun dieſes wiederum
auf unſere Roͤmiſche, Longobardiſche und Paͤb-
ſtiſche Rechte, ſo finden wir, daß dieſelben die
angefuͤhrten guten requiſita, die bey den Geſe-
tzen erfodert werden, nicht haben; Denn in dem
Vortrag iſt faſt allenthalben wenig Ordnung
zu ſpuͤren, daher dasjenige, was man ſuchet,
ſchwer zu finden iſt. An vielen Orten iſt eine
ſehr groſſe Dunckelheit, da entweder unbekante
veraltete Sachen vorgebracht oder unverſtaͤnd-
liche Redens-Arten gebrauchet werden, daß
man keinen Verſtand heraus bringen kan; Da
denn die Critici Gelegenheit haben, ihre Kunſt
an den Tag zu legen, wiewohl vielmahls in Pra-
xi, wenn gleich noch ſo klar gezeiget wird, daß
die Lectio falſch ſey, man ſolches dennoch wenig
attendiret. Viele Geſetze widerſprechen ſich,
daß man nicht weiß, welchen zu folgen ſey.
Dieſes traͤgt ſich nicht allein in den unterſchie-
denen Rechten zu, da das teutſche Recht von
dem Roͤmiſchen, Buͤrgerlichen, und dieſes wie-
der von dem Geiſtlichen an unzehlichen Orten
unterſchieden, ſo viele Confuſion verurſacht,
ſondern iedes von dieſen Rechten haͤlt wieder-
um viel gegen einander lauffende Geſetze in ſich,
welche die Rechts-Lehrer, derer viele gaͤntzlich
laͤugnen, daß ein wahrer Widerſpruch unter
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/591>, abgerufen am 22.11.2024.
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