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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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dienet, er wolle sein übergebenes Klag-Libell
mit allen demselben einverleibten Puncten,
Clausulen und Umständen samt angehängten
petito von Wort zu Wort wiederhohlet ha-
ben, und der Antwort gewärtig seyn.

§. 34. Es ist den Herren Advocaten und
Richtern zur Gnüge bekannt, daß denen Klag-
Libellen insgemein folgende Clausul pflegt an-
necti
rt zu werden: Man wolle über dieses al-
les, und was sonst denen Rechten nach am füg-
lichsten hätte gebothen werden können, sollen
oder mögen nobilissimum Domini Judicis
officium pro administrando jure & justitia
omni meliori modo implori
ret haben. Es
wird diese Clausul von den Practicis herba be-
tonica
genennt, ein Kräutgen, welches alle
Mängel und Schäden des Klag-Libells heilet.
Allein ich kan nicht läugnen, daß ich auch diese
Clausul vor überflüßig und vor eine juristische
Schulfüchserey halte. Denn ist die Klage so
contradictorisch und verworren eingerichtet,
daß der Richter nicht absehen kan, was der
Kläger haben will, so wird ihm diese Clausul
nichts helffen. Hat es aber der Parth oder
sein Advocate in einem und andern bey der Kla-
ge etwan versehen, oder um dasjenige, was ihm
doch den Rechten und der Billigkeit nach zukä-
me, nicht angesucht, so erfordert die Schul-

digkeit
Z z 5



dienet, er wolle ſein uͤbergebenes Klag-Libell
mit allen demſelben einverleibten Puncten,
Clauſulen und Umſtaͤnden ſamt angehaͤngten
petito von Wort zu Wort wiederhohlet ha-
ben, und der Antwort gewaͤrtig ſeyn.

§. 34. Es iſt den Herren Advocaten und
Richtern zur Gnuͤge bekannt, daß denen Klag-
Libellen insgemein folgende Clauſul pflegt an-
necti
rt zu werden: Man wolle uͤber dieſes al-
les, und was ſonſt denen Rechten nach am fuͤg-
lichſten haͤtte gebothen werden koͤnnen, ſollen
oder moͤgen nobilisſimum Domini Judicis
officium pro adminiſtrando jure & juſtitia
omni meliori modo implori
ret haben. Es
wird dieſe Clauſul von den Practicis herba be-
tonica
genennt, ein Kraͤutgen, welches alle
Maͤngel und Schaͤden des Klag-Libells heilet.
Allein ich kan nicht laͤugnen, daß ich auch dieſe
Clauſul vor uͤberfluͤßig und vor eine juriſtiſche
Schulfuͤchſerey halte. Denn iſt die Klage ſo
contradictoriſch und verworren eingerichtet,
daß der Richter nicht abſehen kan, was der
Klaͤger haben will, ſo wird ihm dieſe Clauſul
nichts helffen. Hat es aber der Parth oder
ſein Advocate in einem und andern bey der Kla-
ge etwan verſehen, oder um dasjenige, was ihm
doch den Rechten und der Billigkeit nach zukaͤ-
me, nicht angeſucht, ſo erfordert die Schul-

digkeit
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[729/0749] dienet, er wolle ſein uͤbergebenes Klag-Libell mit allen demſelben einverleibten Puncten, Clauſulen und Umſtaͤnden ſamt angehaͤngten petito von Wort zu Wort wiederhohlet ha- ben, und der Antwort gewaͤrtig ſeyn. §. 34. Es iſt den Herren Advocaten und Richtern zur Gnuͤge bekannt, daß denen Klag- Libellen insgemein folgende Clauſul pflegt an- nectirt zu werden: Man wolle uͤber dieſes al- les, und was ſonſt denen Rechten nach am fuͤg- lichſten haͤtte gebothen werden koͤnnen, ſollen oder moͤgen nobilisſimum Domini Judicis officium pro adminiſtrando jure & juſtitia omni meliori modo imploriret haben. Es wird dieſe Clauſul von den Practicis herba be- tonica genennt, ein Kraͤutgen, welches alle Maͤngel und Schaͤden des Klag-Libells heilet. Allein ich kan nicht laͤugnen, daß ich auch dieſe Clauſul vor uͤberfluͤßig und vor eine juriſtiſche Schulfuͤchſerey halte. Denn iſt die Klage ſo contradictoriſch und verworren eingerichtet, daß der Richter nicht abſehen kan, was der Klaͤger haben will, ſo wird ihm dieſe Clauſul nichts helffen. Hat es aber der Parth oder ſein Advocate in einem und andern bey der Kla- ge etwan verſehen, oder um dasjenige, was ihm doch den Rechten und der Billigkeit nach zukaͤ- me, nicht angeſucht, ſo erfordert die Schul- digkeit Z z 5

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 729. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/749>, abgerufen am 29.06.2024.