Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

N001
stadt Jenotajewsk, die gegen die Regel der russischen N002
Landstädte eng zusammengebaut ist, sonst aber wie N003
diese nur aus hölzernen Häusern besteht. Wir sahen N004
hier wie auch im Lande umher viele Kalmücken, die N005
sich häufiger hier, als in den benachbarten Städten, N006
einstellen, da sich in Jenotajewsk die Verwaltungsbehörde N007
für die kalmückischen Angelegenheiten befindet. Sie N008
besteht aus 8 gewählten Kalmücken, die als Deputirte N009
der verschiedenen Horden unter dem Vorsitz eines N010
russischen Ober-Pristaw's (Polizei-Inspectors) Strei- N011
tigkeiten und Rechtsfälle schlichten, und zugleich das N012
Organ der Regierung für das Volk ausmachen.

N001
Hinter Jenotajewsk wird die Gegend überaus N002
sandig, und ist stellenweise mit grossen Dünen be- N003
deckt. Die Ufer der Wolga sind ganz flach, und zwi- N004
schen ihnen fliesst der durch viele Arme getheilte, N005
aber dennoch überaus mächtige Strom langsam hin. N006
In dem tiefen Sande konnten wir fast nur im Schritte N007
fahren. Wir kamen am Morgen des 12. Octobers bei N008
mehreren kalmückischen Kibitken vorbei und Schaa- N009
ren von Kalmücken mit ihren Heerden von Pferden, N010
Schaafen und Kameelen begegneten uns häufig. Auch N011
bei einem fast ganz einzeln stehenden und nur von N012
einigen Kibitken umgebenen kalmückischen Tempel N013
führte uns der Weg vorüber. Es war ein kleines N014
länglich viereckiges hölzernes Gebäude, an dessen ei- N015
ner schmalen Seite die Thür, und an dessen längeren N016
Seiten die Fenster sich befanden; an dem Eingange N017
war aber die lange Stange zur Befestigung der ge- N018
schriebenen Gebete errichtet 1).

N001
Das Flattern der Gebete an dieser Stange und N002
die rauschende Musik, die aus dem Tempel uns ent- N003
gegenschallte, lehrte uns, dass in ihm Gottesdienst N004
gehalten wurde. Wir waren begierig denselben ken-

[footnote reference]
[footnote reference] N001
1) Vergl. oben S. 283.
N001
II.19

N001
stadt Jenotajewsk, die gegen die Regel der russischen N002
Landstädte eng zusammengebaut ist, sonst aber wie N003
diese nur aus hölzernen Häusern besteht. Wir sahen N004
hier wie auch im Lande umher viele Kalmücken, die N005
sich häufiger hier, als in den benachbarten Städten, N006
einstellen, da sich in Jenotajewsk die Verwaltungsbehörde N007
für die kalmückischen Angelegenheiten befindet. Sie N008
besteht aus 8 gewählten Kalmücken, die als Deputirte N009
der verschiedenen Horden unter dem Vorsitz eines N010
russischen Ober-Pristaw’s (Polizei-Inspectors) Strei- N011
tigkeiten und Rechtsfälle schlichten, und zugleich das N012
Organ der Regierung für das Volk ausmachen.

N001
Hinter Jenotajewsk wird die Gegend überaus N002
sandig, und ist stellenweise mit grossen Dünen be- N003
deckt. Die Ufer der Wolga sind ganz flach, und zwi- N004
schen ihnen fliesst der durch viele Arme getheilte, N005
aber dennoch überaus mächtige Strom langsam hin. N006
In dem tiefen Sande konnten wir fast nur im Schritte N007
fahren. Wir kamen am Morgen des 12. Octobers bei N008
mehreren kalmückischen Kibitken vorbei und Schaa- N009
ren von Kalmücken mit ihren Heerden von Pferden, N010
Schaafen und Kameelen begegneten uns häufig. Auch N011
bei einem fast ganz einzeln stehenden und nur von N012
einigen Kibitken umgebenen kalmückischen Tempel N013
führte uns der Weg vorüber. Es war ein kleines N014
länglich viereckiges hölzernes Gebäude, an dessen ei- N015
ner schmalen Seite die Thür, und an dessen längeren N016
Seiten die Fenster sich befanden; an dem Eingange N017
war aber die lange Stange zur Befestigung der ge- N018
schriebenen Gebete errichtet 1).

N001
Das Flattern der Gebete an dieser Stange und N002
die rauschende Musik, die aus dem Tempel uns ent- N003
gegenschallte, lehrte uns, dass in ihm Gottesdienst N004
gehalten wurde. Wir waren begierig denselben ken-

[footnote reference]
[footnote reference] N001
1) Vergl. oben S. 283.
N001
II.19
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0307" xml:id="img_0305" n="289"/>
        <p><lb n="N001"/>
stadt Jenotajewsk, die gegen die Regel der russischen             <lb n="N002"/>
Landstädte eng zusammengebaut ist, sonst aber wie             <lb n="N003"/>
diese nur aus hölzernen Häusern besteht. Wir sahen             <lb n="N004"/>
hier wie auch im Lande umher viele Kalmücken, die             <lb n="N005"/>
sich häufiger hier, als in den benachbarten Städten,             <lb n="N006"/>
einstellen, da sich in Jenotajewsk die Verwaltungsbehörde             <lb n="N007"/>
für die kalmückischen Angelegenheiten befindet. Sie             <lb n="N008"/>
besteht aus 8 gewählten Kalmücken, die als Deputirte             <lb n="N009"/>
der verschiedenen Horden unter dem Vorsitz eines             <lb n="N010"/>
russischen Ober-Pristaw&#x2019;s (Polizei-Inspectors) Strei-             <lb n="N011"/>
tigkeiten und Rechtsfälle schlichten, und zugleich das             <lb n="N012"/>
Organ der Regierung für das Volk ausmachen.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Hinter Jenotajewsk wird die Gegend überaus             <lb n="N002"/>
sandig, und ist stellenweise mit grossen Dünen be-             <lb n="N003"/>
deckt. Die Ufer der Wolga sind ganz flach, und zwi-             <lb n="N004"/>
schen ihnen fliesst der durch viele Arme getheilte,             <lb n="N005"/>
aber dennoch überaus mächtige Strom langsam hin.             <lb n="N006"/>
In dem tiefen Sande konnten wir fast nur im Schritte             <lb n="N007"/>
fahren. Wir kamen am Morgen des 12. Octobers bei             <lb n="N008"/>
mehreren kalmückischen Kibitken vorbei und Schaa-             <lb n="N009"/>
ren von Kalmücken mit ihren Heerden von Pferden,             <lb n="N010"/>
Schaafen und Kameelen begegneten uns häufig. Auch             <lb n="N011"/>
bei einem fast ganz einzeln stehenden und nur von             <lb n="N012"/>
einigen Kibitken umgebenen kalmückischen Tempel             <lb n="N013"/>
führte uns der Weg vorüber. Es war ein kleines             <lb n="N014"/>
länglich viereckiges hölzernes Gebäude, an dessen ei-             <lb n="N015"/>
ner schmalen Seite die Thür, und an dessen längeren             <lb n="N016"/>
Seiten die Fenster sich befanden; an dem Eingange             <lb n="N017"/>
war aber die lange Stange zur Befestigung der ge-             <lb n="N018"/>
schriebenen Gebete errichtet 1).</p>
        <p><lb n="N001"/>
Das Flattern der Gebete an dieser Stange und             <lb n="N002"/>
die rauschende Musik, die aus dem Tempel uns ent- <lb n="N003"/>
gegenschallte, lehrte uns, dass in ihm Gottesdienst             <lb n="N004"/>
gehalten wurde. Wir waren begierig denselben ken-</p>
        <note place="foot" n="[footnote reference]"><lb n="N001"/>
1) Vergl. oben S. 283.</note>
        <fw place="bottom" type="sig"><lb n="N001"/>
II.19</fw>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0307] N001 stadt Jenotajewsk, die gegen die Regel der russischen N002 Landstädte eng zusammengebaut ist, sonst aber wie N003 diese nur aus hölzernen Häusern besteht. Wir sahen N004 hier wie auch im Lande umher viele Kalmücken, die N005 sich häufiger hier, als in den benachbarten Städten, N006 einstellen, da sich in Jenotajewsk die Verwaltungsbehörde N007 für die kalmückischen Angelegenheiten befindet. Sie N008 besteht aus 8 gewählten Kalmücken, die als Deputirte N009 der verschiedenen Horden unter dem Vorsitz eines N010 russischen Ober-Pristaw’s (Polizei-Inspectors) Strei- N011 tigkeiten und Rechtsfälle schlichten, und zugleich das N012 Organ der Regierung für das Volk ausmachen. N001 Hinter Jenotajewsk wird die Gegend überaus N002 sandig, und ist stellenweise mit grossen Dünen be- N003 deckt. Die Ufer der Wolga sind ganz flach, und zwi- N004 schen ihnen fliesst der durch viele Arme getheilte, N005 aber dennoch überaus mächtige Strom langsam hin. N006 In dem tiefen Sande konnten wir fast nur im Schritte N007 fahren. Wir kamen am Morgen des 12. Octobers bei N008 mehreren kalmückischen Kibitken vorbei und Schaa- N009 ren von Kalmücken mit ihren Heerden von Pferden, N010 Schaafen und Kameelen begegneten uns häufig. Auch N011 bei einem fast ganz einzeln stehenden und nur von N012 einigen Kibitken umgebenen kalmückischen Tempel N013 führte uns der Weg vorüber. Es war ein kleines N014 länglich viereckiges hölzernes Gebäude, an dessen ei- N015 ner schmalen Seite die Thür, und an dessen längeren N016 Seiten die Fenster sich befanden; an dem Eingange N017 war aber die lange Stange zur Befestigung der ge- N018 schriebenen Gebete errichtet 1). N001 Das Flattern der Gebete an dieser Stange und N002 die rauschende Musik, die aus dem Tempel uns ent- N003 gegenschallte, lehrte uns, dass in ihm Gottesdienst N004 gehalten wurde. Wir waren begierig denselben ken- [footnote reference] [footnote reference] N001 1) Vergl. oben S. 283. N001 II.19

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

OCR-D: Bereitstellung der Texttranskription. (2019-10-24T14:59:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Dennis Dietrich, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2019-10-24T14:59:58Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR ohne Nachkorrektur.

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.ocr-d.de/gt_guidelines formulierten Richtlinien und wurde in Richtung des Zielformats DTABf angepasst. Der Textinhalt einzelner Tabellen wurde von der OCR nur teilweise erfasst.

Weitere Textphänomene wurden wie folgt behandelt:

  • Bogensignaturen: gekennzeichnet;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: dokumentiert;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: wie Vorlage;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: ja;

Die Faksimiles der Karten, #f0631 bis #f0634, stammen aus dem Digitalisat der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin, Werks-URN (URL): https://www.digi-hub.de/viewer/resolver?urn=urn:nbn:de:kobv:11-d-6431605.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural02_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural02_1842/307
Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural02_1842/307>, abgerufen am 24.11.2024.