es sich nicht beeilte, sofort auf den Dachboden oder anderswohin zu entkommen.
Mich närrischen Jungen stimmen meine Ent- deckungsreisen heiterer, als ich's je vermeint hätte. Es liegt ein traurig Geschick über diesem Völklein, aber dieses Geschick macht zuweilen ein unsäglich spaßhaftes Gesicht. Ich halte diese Waldteufel auch nicht für so verdorben und verkommen. Verwahr- lost und ungeschlacht sind sie. Es ließe sich vielleicht was aus ihnen machen; -- nur Sauerteig muß dazu kommen.
Aussterben wird das Geschlecht nicht so leicht. Gerade in dem feuchten, dunkeln Waldboden gedei- hen die kleinen Rangen, wie die Pilze. Die Jun- gen gehen den Weg der Alten, und tragen die Wurzelkrampe, oder den Hirtenstab, oder die Pech- hacke oder die Holzaxt.
Beim Pfarrer draußen in Holdenschlag ist nur bekannt, daß die Waldkinder lauter Mädchen sind. Die Knaben werden zumeist getauft mit dem Wasser des Waldes; sie sind in kein Pfarrbuch ge- schrieben, auf daß sie vergessen bleiben draußen im Kreisamte und im Verzeichnisse der Wehrpflichtigen.
Die Mädchen, werden sie ein wenig flügge, gehen bald auch ins Ameisen- und Wurzelgraben, ins Kräutersammeln, und sie wissen für Alles Ab- satz, und sie pflücken die Eberbeeren und die Hage-
es ſich nicht beeilte, ſofort auf den Dachboden oder anderswohin zu entkommen.
Mich närriſchen Jungen ſtimmen meine Ent- deckungsreiſen heiterer, als ich’s je vermeint hätte. Es liegt ein traurig Geſchick über dieſem Völklein, aber dieſes Geſchick macht zuweilen ein unſäglich ſpaßhaftes Geſicht. Ich halte dieſe Waldteufel auch nicht für ſo verdorben und verkommen. Verwahr- loſt und ungeſchlacht ſind ſie. Es ließe ſich vielleicht was aus ihnen machen; — nur Sauerteig muß dazu kommen.
Ausſterben wird das Geſchlecht nicht ſo leicht. Gerade in dem feuchten, dunkeln Waldboden gedei- hen die kleinen Rangen, wie die Pilze. Die Jun- gen gehen den Weg der Alten, und tragen die Wurzelkrampe, oder den Hirtenſtab, oder die Pech- hacke oder die Holzaxt.
Beim Pfarrer draußen in Holdenſchlag iſt nur bekannt, daß die Waldkinder lauter Mädchen ſind. Die Knaben werden zumeiſt getauft mit dem Waſſer des Waldes; ſie ſind in kein Pfarrbuch ge- ſchrieben, auf daß ſie vergeſſen bleiben draußen im Kreisamte und im Verzeichniſſe der Wehrpflichtigen.
Die Mädchen, werden ſie ein wenig flügge, gehen bald auch ins Ameiſen- und Wurzelgraben, ins Kräuterſammeln, und ſie wiſſen für Alles Ab- ſatz, und ſie pflücken die Eberbeeren und die Hage-
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es ſich nicht beeilte, ſofort auf den Dachboden oder
anderswohin zu entkommen.
Mich närriſchen Jungen ſtimmen meine Ent-
deckungsreiſen heiterer, als ich’s je vermeint hätte.
Es liegt ein traurig Geſchick über dieſem Völklein,
aber dieſes Geſchick macht zuweilen ein unſäglich
ſpaßhaftes Geſicht. Ich halte dieſe Waldteufel auch
nicht für ſo verdorben und verkommen. Verwahr-
loſt und ungeſchlacht ſind ſie. Es ließe ſich vielleicht
was aus ihnen machen; — nur Sauerteig muß
dazu kommen.
Ausſterben wird das Geſchlecht nicht ſo leicht.
Gerade in dem feuchten, dunkeln Waldboden gedei-
hen die kleinen Rangen, wie die Pilze. Die Jun-
gen gehen den Weg der Alten, und tragen die
Wurzelkrampe, oder den Hirtenſtab, oder die Pech-
hacke oder die Holzaxt.
Beim Pfarrer draußen in Holdenſchlag iſt
nur bekannt, daß die Waldkinder lauter Mädchen
ſind. Die Knaben werden zumeiſt getauft mit dem
Waſſer des Waldes; ſie ſind in kein Pfarrbuch ge-
ſchrieben, auf daß ſie vergeſſen bleiben draußen im
Kreisamte und im Verzeichniſſe der Wehrpflichtigen.
Die Mädchen, werden ſie ein wenig flügge,
gehen bald auch ins Ameiſen- und Wurzelgraben,
ins Kräuterſammeln, und ſie wiſſen für Alles Ab-
ſatz, und ſie pflücken die Eberbeeren und die Hage-
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/116>, abgerufen am 23.11.2024.
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