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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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und die sich durch die Gemeinschaft mit einander für profanirt
erachten würden, finden sich durch ihn in überraschende
Nähe gerückt. Die Modernen haben diesen quodlibetarischen
Witz sehr weit und oft sehr glücklich ausgebildet; die große
empirische Fülle eines heutigen Bewußtseins hat es möglich
gemacht, zahllose Verbindungen zu erzeugen, die uns im
zufälligen Zusammensein durch ihre Reflexion in einander
ergötzen. Das Britische Inselvolk, das meerdurchfurchende
London, Elisabeths Zeitalter, Shakespeare's Weltima¬
gination haben vorzüglich dies Spiel der Phantasie angeregt.
Hogarth hat dasselbe in die Malerei eingeführt, ist aber
schon, wie trefflich auch seine Charakteristik, besonders die
physiognomische, sei, von einer gewissen Absichtlichkeit nicht
frei zu sprechen, die eine übertriebene, aufdringliche Sorg¬
lichkeit verräth, keine der Beziehungen seines Calculs über¬
sehen zu lassen. In die poetische Literatur der spätern Zeit
ist diese Manier besonders von den humoristischen Roman¬
schriftstellern eingeführt worden, die es sich mit ihr nicht
nur oft sehr bequem gemacht, sondern sie auch durch Ge¬
schraubtheit bis zur Albernheit abgehetzt haben. Eine bloße
Verworrenheit der Vorstellungen ist häßlich. Manche unserer
forcirten Humoristen sind oft nichts besser, als die Kranken
in Irrenhäusern, die an der Gedankenflucht leiden.

Die freie Mannigfaltigkeit ist schön, sofern sie eine
gewisse Sinnigkeit der Gruppirungen in sich schließt. Denken
wir uns die Tendenz zur Ordnung des Verschiedenen als
eine abstracte sich wiederholende Einheit in dem Mannigfalti¬
gen, so erhalten wir den Begriff des Regelmäßigen d. h.
der Erneuung des Verschiedenen nach einer festen Regel, die
seine lockern Differenzen unter sich bindet. So die gleichen
Zeittheile des Tactes, so der gleiche Abstand der Bäume einer

und die ſich durch die Gemeinſchaft mit einander für profanirt
erachten würden, finden ſich durch ihn in überraſchende
Nähe gerückt. Die Modernen haben dieſen quodlibetariſchen
Witz ſehr weit und oft ſehr glücklich ausgebildet; die große
empiriſche Fülle eines heutigen Bewußtſeins hat es möglich
gemacht, zahlloſe Verbindungen zu erzeugen, die uns im
zufälligen Zuſammenſein durch ihre Reflexion in einander
ergötzen. Das Britiſche Inſelvolk, das meerdurchfurchende
London, Eliſabeths Zeitalter, Shakeſpeare's Weltima¬
gination haben vorzüglich dies Spiel der Phantaſie angeregt.
Hogarth hat daſſelbe in die Malerei eingeführt, iſt aber
ſchon, wie trefflich auch ſeine Charakteriſtik, beſonders die
phyſiognomiſche, ſei, von einer gewiſſen Abſichtlichkeit nicht
frei zu ſprechen, die eine übertriebene, aufdringliche Sorg¬
lichkeit verräth, keine der Beziehungen ſeines Calculs über¬
ſehen zu laſſen. In die poetiſche Literatur der ſpätern Zeit
iſt dieſe Manier beſonders von den humoriſtiſchen Roman¬
ſchriftſtellern eingeführt worden, die es ſich mit ihr nicht
nur oft ſehr bequem gemacht, ſondern ſie auch durch Ge¬
ſchraubtheit bis zur Albernheit abgehetzt haben. Eine bloße
Verworrenheit der Vorſtellungen iſt häßlich. Manche unſerer
forcirten Humoriſten ſind oft nichts beſſer, als die Kranken
in Irrenhäuſern, die an der Gedankenflucht leiden.

Die freie Mannigfaltigkeit iſt ſchön, ſofern ſie eine
gewiſſe Sinnigkeit der Gruppirungen in ſich ſchließt. Denken
wir uns die Tendenz zur Ordnung des Verſchiedenen als
eine abſtracte ſich wiederholende Einheit in dem Mannigfalti¬
gen, ſo erhalten wir den Begriff des Regelmäßigen d. h.
der Erneuung des Verſchiedenen nach einer feſten Regel, die
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[80/0102] und die ſich durch die Gemeinſchaft mit einander für profanirt erachten würden, finden ſich durch ihn in überraſchende Nähe gerückt. Die Modernen haben dieſen quodlibetariſchen Witz ſehr weit und oft ſehr glücklich ausgebildet; die große empiriſche Fülle eines heutigen Bewußtſeins hat es möglich gemacht, zahlloſe Verbindungen zu erzeugen, die uns im zufälligen Zuſammenſein durch ihre Reflexion in einander ergötzen. Das Britiſche Inſelvolk, das meerdurchfurchende London, Eliſabeths Zeitalter, Shakeſpeare's Weltima¬ gination haben vorzüglich dies Spiel der Phantaſie angeregt. Hogarth hat daſſelbe in die Malerei eingeführt, iſt aber ſchon, wie trefflich auch ſeine Charakteriſtik, beſonders die phyſiognomiſche, ſei, von einer gewiſſen Abſichtlichkeit nicht frei zu ſprechen, die eine übertriebene, aufdringliche Sorg¬ lichkeit verräth, keine der Beziehungen ſeines Calculs über¬ ſehen zu laſſen. In die poetiſche Literatur der ſpätern Zeit iſt dieſe Manier beſonders von den humoriſtiſchen Roman¬ ſchriftſtellern eingeführt worden, die es ſich mit ihr nicht nur oft ſehr bequem gemacht, ſondern ſie auch durch Ge¬ ſchraubtheit bis zur Albernheit abgehetzt haben. Eine bloße Verworrenheit der Vorſtellungen iſt häßlich. Manche unſerer forcirten Humoriſten ſind oft nichts beſſer, als die Kranken in Irrenhäuſern, die an der Gedankenflucht leiden. Die freie Mannigfaltigkeit iſt ſchön, ſofern ſie eine gewiſſe Sinnigkeit der Gruppirungen in ſich ſchließt. Denken wir uns die Tendenz zur Ordnung des Verſchiedenen als eine abſtracte ſich wiederholende Einheit in dem Mannigfalti¬ gen, ſo erhalten wir den Begriff des Regelmäßigen d. h. der Erneuung des Verſchiedenen nach einer feſten Regel, die ſeine lockern Differenzen unter ſich bindet. So die gleichen Zeittheile des Tactes, ſo der gleiche Abſtand der Bäume einer

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/102>, abgerufen am 23.11.2024.