Schlaf, die Arbeit des Menschen, das gemeinsame Mahl, Hochzeit, Geburt und Tod, nach dem Adel ihrer positiven und universellen Bedeutung geschildert. Man erinnere sich, wie Homer auf dem Schilde des Kriegers Achilleus den ganzen Cyklus der Begehungen und Feste des Friedens vom Hephaistos hat bilden lassen; man erinnere sich der Werke und Tage des Hesiodos; man erinnere sich der Idyllik, der socialen, der skolischen Lyrik; man erinnere sich, wie das antike Relief, die antike Vasenmalerei, die Pompejanische Wandmalerei unsere gewöhlichen Zustände in naiver Heiter¬ keit vorführt; wie die christliche Poesie, Plastik und Malerei aus der Geschichte der Patriarchen und Christi heraus alle gewöhnlichen Vorkommnisse des Menschenlebens nach ihrem idealen Werth gebildet haben, so wird man erkennen, welch' großen Umfang das Gewöhnliche in der Kunst mit einem vollkommen affirmativen Charakter einnimmt. Allein eben weil diese epischen Elemente des Weltlebens in ihrer unend¬ lichen praktischen Wichtigkeit doch zugleich die alltäglichen sind, welche auch die Abhängigkeit des Menschen von der Natur verrathen und in ihrer steten Wiederkehr die Lange¬ weile unseres Daseins enthalten, immer wieder essen und trinken, arbeiten und schlafen, gebären und sterben zu müssen, so liegt auch in ihnen selbst schon ein ironischer Anflug. Die Kunst darf aus ihnen nur den Punct unseres Zusam¬ menhangs mit der Natur, unserer Gebundenheit an das Endliche, schärfer hervorheben, so ist die Komik im Nu fertig. Dann entsteht auch ein Genrebild, aber ein solches, das uns ein Lächeln abgewinnt, weil es uns die Freiheit in ihrer natürlichen Beschränktheit zeigt. In der großen Totalität ist der einzelne Zustand nur ein Moment; welche Befriedi¬ gung ein Zustand relativ und momentan gewähre, so muß
Schlaf, die Arbeit des Menſchen, das gemeinſame Mahl, Hochzeit, Geburt und Tod, nach dem Adel ihrer poſitiven und univerſellen Bedeutung geſchildert. Man erinnere ſich, wie Homer auf dem Schilde des Kriegers Achilleus den ganzen Cyklus der Begehungen und Feſte des Friedens vom Hephaiſtos hat bilden laſſen; man erinnere ſich der Werke und Tage des Heſiodos; man erinnere ſich der Idyllik, der ſocialen, der ſkoliſchen Lyrik; man erinnere ſich, wie das antike Relief, die antike Vaſenmalerei, die Pompejaniſche Wandmalerei unſere gewöhlichen Zuſtände in naiver Heiter¬ keit vorführt; wie die chriſtliche Poeſie, Plaſtik und Malerei aus der Geſchichte der Patriarchen und Chriſti heraus alle gewöhnlichen Vorkommniſſe des Menſchenlebens nach ihrem idealen Werth gebildet haben, ſo wird man erkennen, welch' großen Umfang das Gewöhnliche in der Kunſt mit einem vollkommen affirmativen Charakter einnimmt. Allein eben weil dieſe epiſchen Elemente des Weltlebens in ihrer unend¬ lichen praktiſchen Wichtigkeit doch zugleich die alltäglichen ſind, welche auch die Abhängigkeit des Menſchen von der Natur verrathen und in ihrer ſteten Wiederkehr die Lange¬ weile unſeres Daſeins enthalten, immer wieder eſſen und trinken, arbeiten und ſchlafen, gebären und ſterben zu müſſen, ſo liegt auch in ihnen ſelbſt ſchon ein ironiſcher Anflug. Die Kunſt darf aus ihnen nur den Punct unſeres Zuſam¬ menhangs mit der Natur, unſerer Gebundenheit an das Endliche, ſchärfer hervorheben, ſo iſt die Komik im Nu fertig. Dann entſteht auch ein Genrebild, aber ein ſolches, das uns ein Lächeln abgewinnt, weil es uns die Freiheit in ihrer natürlichen Beſchränktheit zeigt. In der großen Totalität iſt der einzelne Zuſtand nur ein Moment; welche Befriedi¬ gung ein Zuſtand relativ und momentan gewähre, ſo muß
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Schlaf, die Arbeit des Menſchen, das gemeinſame Mahl,
Hochzeit, Geburt und Tod, nach dem Adel ihrer poſitiven
und univerſellen Bedeutung geſchildert. Man erinnere ſich,
wie Homer auf dem Schilde des Kriegers Achilleus den
ganzen Cyklus der Begehungen und Feſte des Friedens vom
Hephaiſtos hat bilden laſſen; man erinnere ſich der Werke
und Tage des Heſiodos; man erinnere ſich der Idyllik,
der ſocialen, der ſkoliſchen Lyrik; man erinnere ſich, wie
das antike Relief, die antike Vaſenmalerei, die Pompejaniſche
Wandmalerei unſere gewöhlichen Zuſtände in naiver Heiter¬
keit vorführt; wie die chriſtliche Poeſie, Plaſtik und Malerei
aus der Geſchichte der Patriarchen und Chriſti heraus alle
gewöhnlichen Vorkommniſſe des Menſchenlebens nach ihrem
idealen Werth gebildet haben, ſo wird man erkennen, welch'
großen Umfang das Gewöhnliche in der Kunſt mit einem
vollkommen affirmativen Charakter einnimmt. Allein eben
weil dieſe epiſchen Elemente des Weltlebens in ihrer unend¬
lichen praktiſchen Wichtigkeit doch zugleich die alltäglichen
ſind, welche auch die Abhängigkeit des Menſchen von der
Natur verrathen und in ihrer ſteten Wiederkehr die Lange¬
weile unſeres Daſeins enthalten, immer wieder eſſen und
trinken, arbeiten und ſchlafen, gebären und ſterben zu müſſen,
ſo liegt auch in ihnen ſelbſt ſchon ein ironiſcher Anflug.
Die Kunſt darf aus ihnen nur den Punct unſeres Zuſam¬
menhangs mit der Natur, unſerer Gebundenheit an das
Endliche, ſchärfer hervorheben, ſo iſt die Komik im Nu fertig.
Dann entſteht auch ein Genrebild, aber ein ſolches, das
uns ein Lächeln abgewinnt, weil es uns die Freiheit in ihrer
natürlichen Beſchränktheit zeigt. In der großen Totalität
iſt der einzelne Zuſtand nur ein Moment; welche Befriedi¬
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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/232>, abgerufen am 25.11.2024.
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