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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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in die Vorstellung, aus so entstandenem Wasser zu schöpfen
und zu trinken. Wenn Rembrand dagegen den Ganymed
gemalt hat, wie er, vom Adler emporgetragen, in der Ueber¬
raschung vor Schrecken nach Kinderart pißt, so ist das
wirklich komisch. Der feiste Junge hält in der Linken noch
die Weintraube, die er sich hat schmecken lassen, als der
Vogel des hochher donnernden Zeus ihn ergriffen und ihm
mit der Kralle das Hemdchen über seinen rundlichen Hintern
emporgezogen hat. Wie Aristophanes das Hosiren sogar
auf die Bühne gebracht hat, ist in anderer Hinsicht oben
schon erwähnt. Im Pfaffen von Kalenberge, im Pfaffen
Amis und im Eulenspiegel wimmelt es von so grob¬
fläthigen Scherzen. Auch der häßliche, cynische Morolf
mit seiner ganzen Italienischen Sippe gehört hierher.

Die übermäßige Befriedigung des Nahrungstriebes kann
als Folge die Gestalt auch wampig, wanstig und dadurch
häßlich machen, eine Deformität, die von der Komik immer
auf's Neue zu ganz unfehlbarem Effect ausgebeutet wird,
wenn auch schon Aristophanes darüber schmält, daß die
Komiker, Lachen zu erzwingen, es sich mit der Anwendung
von Dickbäuchen zu bequem machten. Der dicke Bauch, der
so viel Inconvenienzen mit sich bringt, vor welchem der In¬
haber seine eigenen Füße nicht mehr sehen kann, der so bos¬
haft den Dichtern das Aetherische, den Priestern das Geistliche
nimmt, der dicke Bauch, den man vor sich hertragen muß
und der an einer Straßenecke eher, als sein Träger, sichtbar
wird, ist bis zum Spitzbauch des schalkischen Punch herunter
ein Liebling der niedern Komik gewesen. Ohne Geist, ohne
Witz, ohne Ironie ist das Lächerliche eines Dickbauchs aller¬
dings sehr dünn, bei einem Fallstaff aber wird er zu einer
unerschöpflichen Fundgrube humoristischer Witze.

in die Vorſtellung, aus ſo entſtandenem Waſſer zu ſchöpfen
und zu trinken. Wenn Rembrand dagegen den Ganymed
gemalt hat, wie er, vom Adler emporgetragen, in der Ueber¬
raſchung vor Schrecken nach Kinderart pißt, ſo iſt das
wirklich komiſch. Der feiſte Junge hält in der Linken noch
die Weintraube, die er ſich hat ſchmecken laſſen, als der
Vogel des hochher donnernden Zeus ihn ergriffen und ihm
mit der Kralle das Hemdchen über ſeinen rundlichen Hintern
emporgezogen hat. Wie Ariſtophanes das Hoſiren ſogar
auf die Bühne gebracht hat, iſt in anderer Hinſicht oben
ſchon erwähnt. Im Pfaffen von Kalenberge, im Pfaffen
Amis und im Eulenſpiegel wimmelt es von ſo grob¬
fläthigen Scherzen. Auch der häßliche, cyniſche Morolf
mit ſeiner ganzen Italieniſchen Sippe gehört hierher.

Die übermäßige Befriedigung des Nahrungstriebes kann
als Folge die Geſtalt auch wampig, wanſtig und dadurch
häßlich machen, eine Deformität, die von der Komik immer
auf's Neue zu ganz unfehlbarem Effect ausgebeutet wird,
wenn auch ſchon Ariſtophanes darüber ſchmält, daß die
Komiker, Lachen zu erzwingen, es ſich mit der Anwendung
von Dickbäuchen zu bequem machten. Der dicke Bauch, der
ſo viel Inconvenienzen mit ſich bringt, vor welchem der In¬
haber ſeine eigenen Füße nicht mehr ſehen kann, der ſo bos¬
haft den Dichtern das Aetheriſche, den Prieſtern das Geiſtliche
nimmt, der dicke Bauch, den man vor ſich hertragen muß
und der an einer Straßenecke eher, als ſein Träger, ſichtbar
wird, iſt bis zum Spitzbauch des ſchalkiſchen Punch herunter
ein Liebling der niedern Komik geweſen. Ohne Geiſt, ohne
Witz, ohne Ironie iſt das Lächerliche eines Dickbauchs aller¬
dings ſehr dünn, bei einem Fallſtaff aber wird er zu einer
unerſchöpflichen Fundgrube humoriſtiſcher Witze.

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[232/0254] in die Vorſtellung, aus ſo entſtandenem Waſſer zu ſchöpfen und zu trinken. Wenn Rembrand dagegen den Ganymed gemalt hat, wie er, vom Adler emporgetragen, in der Ueber¬ raſchung vor Schrecken nach Kinderart pißt, ſo iſt das wirklich komiſch. Der feiſte Junge hält in der Linken noch die Weintraube, die er ſich hat ſchmecken laſſen, als der Vogel des hochher donnernden Zeus ihn ergriffen und ihm mit der Kralle das Hemdchen über ſeinen rundlichen Hintern emporgezogen hat. Wie Ariſtophanes das Hoſiren ſogar auf die Bühne gebracht hat, iſt in anderer Hinſicht oben ſchon erwähnt. Im Pfaffen von Kalenberge, im Pfaffen Amis und im Eulenſpiegel wimmelt es von ſo grob¬ fläthigen Scherzen. Auch der häßliche, cyniſche Morolf mit ſeiner ganzen Italieniſchen Sippe gehört hierher. Die übermäßige Befriedigung des Nahrungstriebes kann als Folge die Geſtalt auch wampig, wanſtig und dadurch häßlich machen, eine Deformität, die von der Komik immer auf's Neue zu ganz unfehlbarem Effect ausgebeutet wird, wenn auch ſchon Ariſtophanes darüber ſchmält, daß die Komiker, Lachen zu erzwingen, es ſich mit der Anwendung von Dickbäuchen zu bequem machten. Der dicke Bauch, der ſo viel Inconvenienzen mit ſich bringt, vor welchem der In¬ haber ſeine eigenen Füße nicht mehr ſehen kann, der ſo bos¬ haft den Dichtern das Aetheriſche, den Prieſtern das Geiſtliche nimmt, der dicke Bauch, den man vor ſich hertragen muß und der an einer Straßenecke eher, als ſein Träger, ſichtbar wird, iſt bis zum Spitzbauch des ſchalkiſchen Punch herunter ein Liebling der niedern Komik geweſen. Ohne Geiſt, ohne Witz, ohne Ironie iſt das Lächerliche eines Dickbauchs aller¬ dings ſehr dünn, bei einem Fallſtaff aber wird er zu einer unerſchöpflichen Fundgrube humoriſtiſcher Witze.

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/254>, abgerufen am 22.11.2024.