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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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zunächst noch in der Form eines mächtigen, Flügel tragenden
Engels, der von andern Engeln sich fast nur durch seine
graue, schattenhafte Farbe unterscheidet. So kommt der
Satan auf Abraras und in alten Miniaturen vor. Auch
als Trinität des Bösen wurde das Diabolische in drei
gleichen, geharnischten, gekrönten, bezepterten, die Zunge
hervorstreckenden, widrigen Personen gebildet, wovon Didron
in seiner Inconographie chretienne eine Abbildung gege¬
ben (84). Später gestalteten die Maler die Flügel auch
wohl zu Fledermausflügeln, wie im Campo Santo Pisano,
bis das Streben nach energischer Contrastirung die Kunst
zum Ergreifen auch anderer thierischer Formen führte. Dante
im Inferno hat einer Menge phantastischer Gestaltungen sich
bedient. Die anthropologische Formation als die auch im
Uebelmenschlichen hervorragende Tendenz gab im Mittelalter
auch zu dem Mythus von Merlin Veranlassung, indem der
Teufel, Gott nachahmend, auch sich einen Sohn zeugen
wollte. Er beschlief daher eine sehr fromme Nonne zu Cär¬
marthen ohne ihr Wissen, um so die Kräfte des Guten mit
denen des Bösen zu vereinen. Merlin, die Frucht dieser
Verbindung, empfangen und geboren von einer heiligen
Jungfrau, sollte nun als des Teufels Sohn das Reich des
Sohnes Gottes zerstören. Natürlich erfolgte das Gegentheil.
Die Altfranzösische Geschichte des Merlin hat Fr. Schlegel
bekanntlich ins Deutsche übersetzt (85). Ein köstliches Drama,
die Geburt des Merlin von Shakespeare und Rowley
(86), hat den Teufel vortrefflich gezeichnet, nicht ohne eine
gewisse infernale Scheinmajestät, die aber den Sohn gar
nicht abhält, dem Herrn Vater sehr derbe zu begegnen, ein
wahres Gegenstück zu Scribe's schon ein paar Mal von uns
getadelten sentimentalen Behandlung des Sohnes durch den

zunächſt noch in der Form eines mächtigen, Flügel tragenden
Engels, der von andern Engeln ſich faſt nur durch ſeine
graue, ſchattenhafte Farbe unterſcheidet. So kommt der
Satan auf Abraras und in alten Miniaturen vor. Auch
als Trinität des Böſen wurde das Diaboliſche in drei
gleichen, geharniſchten, gekrönten, bezepterten, die Zunge
hervorſtreckenden, widrigen Perſonen gebildet, wovon Didron
in ſeiner Inconographie chrétienne eine Abbildung gege¬
ben (84). Später geſtalteten die Maler die Flügel auch
wohl zu Fledermausflügeln, wie im Campo Santo Pisano,
bis das Streben nach energiſcher Contraſtirung die Kunſt
zum Ergreifen auch anderer thieriſcher Formen führte. Dante
im Inferno hat einer Menge phantaſtiſcher Geſtaltungen ſich
bedient. Die anthropologiſche Formation als die auch im
Uebelmenſchlichen hervorragende Tendenz gab im Mittelalter
auch zu dem Mythus von Merlin Veranlaſſung, indem der
Teufel, Gott nachahmend, auch ſich einen Sohn zeugen
wollte. Er beſchlief daher eine ſehr fromme Nonne zu Cär¬
marthen ohne ihr Wiſſen, um ſo die Kräfte des Guten mit
denen des Böſen zu vereinen. Merlin, die Frucht dieſer
Verbindung, empfangen und geboren von einer heiligen
Jungfrau, ſollte nun als des Teufels Sohn das Reich des
Sohnes Gottes zerſtören. Natürlich erfolgte das Gegentheil.
Die Altfranzöſiſche Geſchichte des Merlin hat Fr. Schlegel
bekanntlich ins Deutſche überſetzt (85). Ein köſtliches Drama,
die Geburt des Merlin von Shakeſpeare und Rowley
(86), hat den Teufel vortrefflich gezeichnet, nicht ohne eine
gewiſſe infernale Scheinmajeſtät, die aber den Sohn gar
nicht abhält, dem Herrn Vater ſehr derbe zu begegnen, ein
wahres Gegenſtück zu Scribe's ſchon ein paar Mal von uns
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[375/0397] zunächſt noch in der Form eines mächtigen, Flügel tragenden Engels, der von andern Engeln ſich faſt nur durch ſeine graue, ſchattenhafte Farbe unterſcheidet. So kommt der Satan auf Abraras und in alten Miniaturen vor. Auch als Trinität des Böſen wurde das Diaboliſche in drei gleichen, geharniſchten, gekrönten, bezepterten, die Zunge hervorſtreckenden, widrigen Perſonen gebildet, wovon Didron in ſeiner Inconographie chrétienne eine Abbildung gege¬ ben (84). Später geſtalteten die Maler die Flügel auch wohl zu Fledermausflügeln, wie im Campo Santo Pisano, bis das Streben nach energiſcher Contraſtirung die Kunſt zum Ergreifen auch anderer thieriſcher Formen führte. Dante im Inferno hat einer Menge phantaſtiſcher Geſtaltungen ſich bedient. Die anthropologiſche Formation als die auch im Uebelmenſchlichen hervorragende Tendenz gab im Mittelalter auch zu dem Mythus von Merlin Veranlaſſung, indem der Teufel, Gott nachahmend, auch ſich einen Sohn zeugen wollte. Er beſchlief daher eine ſehr fromme Nonne zu Cär¬ marthen ohne ihr Wiſſen, um ſo die Kräfte des Guten mit denen des Böſen zu vereinen. Merlin, die Frucht dieſer Verbindung, empfangen und geboren von einer heiligen Jungfrau, ſollte nun als des Teufels Sohn das Reich des Sohnes Gottes zerſtören. Natürlich erfolgte das Gegentheil. Die Altfranzöſiſche Geſchichte des Merlin hat Fr. Schlegel bekanntlich ins Deutſche überſetzt (85). Ein köſtliches Drama, die Geburt des Merlin von Shakeſpeare und Rowley (86), hat den Teufel vortrefflich gezeichnet, nicht ohne eine gewiſſe infernale Scheinmajeſtät, die aber den Sohn gar nicht abhält, dem Herrn Vater ſehr derbe zu begegnen, ein wahres Gegenſtück zu Scribe's ſchon ein paar Mal von uns getadelten ſentimentalen Behandlung des Sohnes durch den

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/397>, abgerufen am 23.11.2024.