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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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Euripides.

Kadmos, von Sidons hoher Burg einst abgeschifft,
Der Sohn Agenors --

Aeschylos.

-- brach entzwei sein Salbgefäß.
u. s. w. u. s. w.

Das stete Ansetzen zu einer Gestaltveränderung und
das stete Zurückfallen in die nämliche schon dagewesene Ge¬
stalt ist hier die vis comica, von der die Posse einen glück¬
lichen und starken Nutzen zu ziehen weiß, wie man dies
auch an jedem Hanswurst von Akrobaten und Reiterbanden
beobachten kann. Die Gestaltlosigkeit kann auch in dem
Uebergang in das positive Gegentheil des Anfangs der Ge¬
staltung bestehen. Es kündigt sich uns eine Gestalt an, aber
statt der erwarteten erscheint das Gegentheil, eine Auflösung
der anfänglichen Gestalt in den entgegengesetzten Ausgang.
Eine Gestalt wird derselbe natürlich irgendwie auch haben,
allein im Verhältniß zur ersten wird sie die Vernichtung der¬
selben sein. Z. B. Der Bajazzo nimmt einen ungeheuren
Anlauf, über eine Barriere zu springen. Schon erblicken
wir, in unserer Phantasie vorgreifend, den kühnen Sprung,
als er, dicht vor dem Ziel, sich plötzlich anhält und sich
ruhig unten hindurchduckt oder spaziergängerisch umkehrt.
Wir lachen, weil er uns getäuscht hat. Wir lachen, weil
der vollkommenste Gegensatz der größten Heftigkeit der Be¬
wegung und der phlegmatischen Ruhe uns überrascht. Oder
der Bajazzo soll reiten lernen. Er stellt sich dumm an.
Mühsam macht man ihm vor, was er zu thun hat und
überredet ihn zum Aufsitzen. Endlich schwingt er sich auf
das Pferd, aber -- verkehrt, so daß er den Schwanz statt
der Zügel in die Hand nimmt u. s. w. Auch die Taschen¬

Euripides.

Kadmos, von Sidons hoher Burg einſt abgeſchifft,
Der Sohn Agenors —

Aeſchylos.

— brach entzwei ſein Salbgefäß.
u. ſ. w. u. ſ. w.

Das ſtete Anſetzen zu einer Geſtaltveränderung und
das ſtete Zurückfallen in die nämliche ſchon dageweſene Ge¬
ſtalt iſt hier die vis comica, von der die Poſſe einen glück¬
lichen und ſtarken Nutzen zu ziehen weiß, wie man dies
auch an jedem Hanswurſt von Akrobaten und Reiterbanden
beobachten kann. Die Geſtaltloſigkeit kann auch in dem
Uebergang in das poſitive Gegentheil des Anfangs der Ge¬
ſtaltung beſtehen. Es kündigt ſich uns eine Geſtalt an, aber
ſtatt der erwarteten erſcheint das Gegentheil, eine Auflöſung
der anfänglichen Geſtalt in den entgegengeſetzten Ausgang.
Eine Geſtalt wird derſelbe natürlich irgendwie auch haben,
allein im Verhältniß zur erſten wird ſie die Vernichtung der¬
ſelben ſein. Z. B. Der Bajazzo nimmt einen ungeheuren
Anlauf, über eine Barriere zu ſpringen. Schon erblicken
wir, in unſerer Phantaſie vorgreifend, den kühnen Sprung,
als er, dicht vor dem Ziel, ſich plötzlich anhält und ſich
ruhig unten hindurchduckt oder ſpaziergängeriſch umkehrt.
Wir lachen, weil er uns getäuſcht hat. Wir lachen, weil
der vollkommenſte Gegenſatz der größten Heftigkeit der Be¬
wegung und der phlegmatiſchen Ruhe uns überraſcht. Oder
der Bajazzo ſoll reiten lernen. Er ſtellt ſich dumm an.
Mühſam macht man ihm vor, was er zu thun hat und
überredet ihn zum Aufſitzen. Endlich ſchwingt er ſich auf
das Pferd, aber — verkehrt, ſo daß er den Schwanz ſtatt
der Zügel in die Hand nimmt u. ſ. w. Auch die Taſchen¬

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[76/0098] Euripides. Kadmos, von Sidons hoher Burg einſt abgeſchifft, Der Sohn Agenors — Aeſchylos. — brach entzwei ſein Salbgefäß. u. ſ. w. u. ſ. w. Das ſtete Anſetzen zu einer Geſtaltveränderung und das ſtete Zurückfallen in die nämliche ſchon dageweſene Ge¬ ſtalt iſt hier die vis comica, von der die Poſſe einen glück¬ lichen und ſtarken Nutzen zu ziehen weiß, wie man dies auch an jedem Hanswurſt von Akrobaten und Reiterbanden beobachten kann. Die Geſtaltloſigkeit kann auch in dem Uebergang in das poſitive Gegentheil des Anfangs der Ge¬ ſtaltung beſtehen. Es kündigt ſich uns eine Geſtalt an, aber ſtatt der erwarteten erſcheint das Gegentheil, eine Auflöſung der anfänglichen Geſtalt in den entgegengeſetzten Ausgang. Eine Geſtalt wird derſelbe natürlich irgendwie auch haben, allein im Verhältniß zur erſten wird ſie die Vernichtung der¬ ſelben ſein. Z. B. Der Bajazzo nimmt einen ungeheuren Anlauf, über eine Barriere zu ſpringen. Schon erblicken wir, in unſerer Phantaſie vorgreifend, den kühnen Sprung, als er, dicht vor dem Ziel, ſich plötzlich anhält und ſich ruhig unten hindurchduckt oder ſpaziergängeriſch umkehrt. Wir lachen, weil er uns getäuſcht hat. Wir lachen, weil der vollkommenſte Gegenſatz der größten Heftigkeit der Be¬ wegung und der phlegmatiſchen Ruhe uns überraſcht. Oder der Bajazzo ſoll reiten lernen. Er ſtellt ſich dumm an. Mühſam macht man ihm vor, was er zu thun hat und überredet ihn zum Aufſitzen. Endlich ſchwingt er ſich auf das Pferd, aber — verkehrt, ſo daß er den Schwanz ſtatt der Zügel in die Hand nimmt u. ſ. w. Auch die Taſchen¬

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/98>, abgerufen am 27.11.2024.