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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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spielerkunst versteht uns in dieser Hinsicht vorzüglich zu
unterhalten, indem sie sogar aus dem Nichts etwas hervor¬
zuzaubern weiß. Der Verstand sagt sich, daß aus Nichts
Nichts werden kann und doch sehen wir, ihm zum Trotz,
den Magier aus einem leeren Hut Strauß auf Strauß her¬
ausnehmen. Wir staunen, aber wir lachen, weil unser Ver¬
stand, während ihm öffentlich so widersprochen wird, im
Stillen sich doch sagt, daß er an sich Recht hat. Dieser
Widerspruch eben, mit Bewußtsein dupirt zu werden, ergötzt
uns. -- Auch das Uebergehen Betrunkener aus dem Sprechen
in das bloße Lallen, in unarticulirte Laute, den Reflex der
Verwirrung, worin die Intelligenz verfallen, kann bis auf
einen gewissen Grad komisch sein. Der Schauspieler Gern
der Sohn in Berlin konnte diese gestaltsuchenden, brum¬
menden, quetschenden, gurgelnden, miauenden Töne, unter¬
mischt mit einzelnen Wortfragmenten, vortrefflich und zu
unfehlbarer Wirkung hervorbringen.


B.
Die Asymmetrie.

Die Amorphie ist unmittelbar die totale Unbestimmtheit
der Gestalt. Diese hebt sich auf zur Einheit einer Gestalt,
der es aber an dem Unterschied innerhalb ihrer selbst gebricht,
so daß sie durch die Ununterschiedenheit in sich gestaltlos ist.
Oder der Unterschied bildet sich an der Gestalt hervor, aber
so, daß er in der Auflösung derselben besteht.

Die Einheit einer Gestalt kann sich in einfachen Unter¬
schieden wiederholen, nach einer gewissen Regel sich fortsetzen.

ſpielerkunſt verſteht uns in dieſer Hinſicht vorzüglich zu
unterhalten, indem ſie ſogar aus dem Nichts etwas hervor¬
zuzaubern weiß. Der Verſtand ſagt ſich, daß aus Nichts
Nichts werden kann und doch ſehen wir, ihm zum Trotz,
den Magier aus einem leeren Hut Strauß auf Strauß her¬
ausnehmen. Wir ſtaunen, aber wir lachen, weil unſer Ver¬
ſtand, während ihm öffentlich ſo widerſprochen wird, im
Stillen ſich doch ſagt, daß er an ſich Recht hat. Dieſer
Widerſpruch eben, mit Bewußtſein dupirt zu werden, ergötzt
uns. — Auch das Uebergehen Betrunkener aus dem Sprechen
in das bloße Lallen, in unarticulirte Laute, den Reflex der
Verwirrung, worin die Intelligenz verfallen, kann bis auf
einen gewiſſen Grad komiſch ſein. Der Schauſpieler Gern
der Sohn in Berlin konnte dieſe geſtaltſuchenden, brum¬
menden, quetſchenden, gurgelnden, miauenden Töne, unter¬
miſcht mit einzelnen Wortfragmenten, vortrefflich und zu
unfehlbarer Wirkung hervorbringen.


B.
Die Aſymmetrie.

Die Amorphie iſt unmittelbar die totale Unbeſtimmtheit
der Geſtalt. Dieſe hebt ſich auf zur Einheit einer Geſtalt,
der es aber an dem Unterſchied innerhalb ihrer ſelbſt gebricht,
ſo daß ſie durch die Ununterſchiedenheit in ſich geſtaltlos iſt.
Oder der Unterſchied bildet ſich an der Geſtalt hervor, aber
ſo, daß er in der Auflöſung derſelben beſteht.

Die Einheit einer Geſtalt kann ſich in einfachen Unter¬
ſchieden wiederholen, nach einer gewiſſen Regel ſich fortſetzen.

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[77/0099] ſpielerkunſt verſteht uns in dieſer Hinſicht vorzüglich zu unterhalten, indem ſie ſogar aus dem Nichts etwas hervor¬ zuzaubern weiß. Der Verſtand ſagt ſich, daß aus Nichts Nichts werden kann und doch ſehen wir, ihm zum Trotz, den Magier aus einem leeren Hut Strauß auf Strauß her¬ ausnehmen. Wir ſtaunen, aber wir lachen, weil unſer Ver¬ ſtand, während ihm öffentlich ſo widerſprochen wird, im Stillen ſich doch ſagt, daß er an ſich Recht hat. Dieſer Widerſpruch eben, mit Bewußtſein dupirt zu werden, ergötzt uns. — Auch das Uebergehen Betrunkener aus dem Sprechen in das bloße Lallen, in unarticulirte Laute, den Reflex der Verwirrung, worin die Intelligenz verfallen, kann bis auf einen gewiſſen Grad komiſch ſein. Der Schauſpieler Gern der Sohn in Berlin konnte dieſe geſtaltſuchenden, brum¬ menden, quetſchenden, gurgelnden, miauenden Töne, unter¬ miſcht mit einzelnen Wortfragmenten, vortrefflich und zu unfehlbarer Wirkung hervorbringen. B. Die Aſymmetrie. Die Amorphie iſt unmittelbar die totale Unbeſtimmtheit der Geſtalt. Dieſe hebt ſich auf zur Einheit einer Geſtalt, der es aber an dem Unterſchied innerhalb ihrer ſelbſt gebricht, ſo daß ſie durch die Ununterſchiedenheit in ſich geſtaltlos iſt. Oder der Unterſchied bildet ſich an der Geſtalt hervor, aber ſo, daß er in der Auflöſung derſelben beſteht. Die Einheit einer Geſtalt kann ſich in einfachen Unter¬ ſchieden wiederholen, nach einer gewiſſen Regel ſich fortſetzen.

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/99>, abgerufen am 23.11.2024.