Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Siebende Betr. Von Jesu Christo er die Wahrheit, gestehen und nicht zum Schein denHelden machen will, oder bey der Vorstellung des Künftigen gedankenlos und unempfindlich ist, so wird er nicht leugnen, daß ihn eine Furcht über- falle, so oft er sich seinen Tod mit allen seinen möglichen Umständen, und nach seinen Folgen leb- haft vorstellet. Hätte nun wohl dem menschlichen Ge- terli-
Siebende Betr. Von Jeſu Chriſto er die Wahrheit, geſtehen und nicht zum Schein denHelden machen will, oder bey der Vorſtellung des Künftigen gedankenlos und unempfindlich iſt, ſo wird er nicht leugnen, daß ihn eine Furcht über- falle, ſo oft er ſich ſeinen Tod mit allen ſeinen möglichen Umſtänden, und nach ſeinen Folgen leb- haft vorſtellet. Hätte nun wohl dem menſchlichen Ge- terli-
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Siebende Betr. Von Jeſu Chriſto
er die Wahrheit, geſtehen und nicht zum Schein den
Helden machen will, oder bey der Vorſtellung des
Künftigen gedankenlos und unempfindlich iſt, ſo
wird er nicht leugnen, daß ihn eine Furcht über-
falle, ſo oft er ſich ſeinen Tod mit allen ſeinen
möglichen Umſtänden, und nach ſeinen Folgen leb-
haft vorſtellet.
Hätte nun wohl dem menſchlichen Ge-
ſchlechte eine größere Wohlthat erwieſen werden
können, als da demſelben dieſe Todesfurcht be-
nommen würde? Hiervon hängt in der That
unſere wahre Ruhe, und alle wahre, dauerhafte
Zufriedenheit ab, wenn wir gewiß überzeugt
ſind, daß wir bey dem Tode unſers Leibes nicht in
unſer erſtes Nichts zurückefallen, daß unſere Seele
lebt, auch wann ſie von dem Körper getrennet iſt,
daß ſie in dieſem Zuſtande alle die Freude und Wol-
luſt empfindet, die mit dem Bewuſtſeyn der Gna-
de Gottes und eines guten Gewißens verbunden
iſt, daß ſie einſtens wieder mit ihrem wiederherge-
ſtellten und ungleich feinern Körper in alle Ewig-
keit das unausſprechliche Vergnügen genießen wer-
de, das aus der möglichſt großen Erkenntnis Got-
tes, aus dem Umgang mit allen vortreflichen und
ehrwürdigen Geſchöpfen, und aus der beſtändigen
Ausübung alles deßen was gut, edel und groß
heißen kan, nothwendig entſtehen muß. Wenn
wir gewiß überzeugt ſind, daß dieienige Verände-
rung, die wir Tod zu nennen pflegen, nur der
Anfang eines deſto glücklichern Lebens iſt, wie kön-
nen wir den Tod noch fürchten? Die Sinnen
können zwar von der Vorſtellung nicht alles Fürch-
terli-
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