Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

Bei keinem unserer deutschen Bäume ist die Korkbildung so reichlich
wie bei der Korkeiche, Quercus suber, welche im Süden von Europa
und in Algier in großen Beständen wächst. Je nach der Schnelligkeit
des Wachsens fängt man dort vom 15.--20. Lebensjahre an den Bäumen
die Korkschicht abzuschälen, was alle 3--5 oder auch erst alle 8 Jahre
wiederholt wird. Frischgeschälte Korkeichen, deren ich auf der spanischen
Seite der Pyrenäen viele gesehen habe, machen einen wahrhaft schmerz-
lichen Eindruck, denn sie sehen wie geschunden und blutend aus, indem die
der Korkschicht beraubte Rinde ziemlich lebhaft roth aussieht.

Wegen der geringen Durchdringbarkeit des weichen und elastischen
Korkes für Feuchtigkeit nutzt sich die äußerste Korklage auch nur sehr
langsam ab, ohne sich in Platten und Täfelchen abzulösen, wie wir dies
nachher bei der Borke kennen lernen werden; obschon man, was an
einem Korkstöpsel leicht zu bestätigen ist, in der Korkmasse dunklere, den
Jahresringen des Holzes gleichlaufende schmale Streifen bemerkt, welche
aus etwas dickwandigeren Zellen bestehen. Diese Streifen scheinen übrigens
nicht für Jahresabschnitte gehalten werden zu dürfen, denn ich sehe an
einem vierjährigen Korkeichenaste deutlich nur drei solche Korkabtheilungen,
auf deren äußerster die Oberhaut noch ganz wohlerhalten zu sehen ist.

Mit dem echten Kork müssen wir ihrer physiologischen Bedeutung,
wenn auch nicht ihren übrigen Eigenschaften nach die schon vorher er-
wähnte Rindenhaut, Periderm (S. 110) für gleichbedeutend halten,
denn auch sie besteht aus radial geordneten Lagen etwas platter würfeliger
Zellen. Sie nutzt sich nur äußerst wenig ab und verdickt sich von innen
auch nur wenig durch Zellenvermehrung. Diese unverwüstliche Rinden-
haut bildet die selbst an sehr alten Buchen noch überaus glatte Rinde,
und auch junge Eichen können bis in ihr 15.--20. Jahr eine solche und
zwar aus demselben Grunde haben. Die weiße sich leicht abblätternde
Schicht der Birkenrinde ist unter anderen ebenfalls hierher zu rechnen.

Bei der uns schon bekannten fast vollkommenen Undurchdringbarkeit
für Flüssigkeiten und Gase dient der Kork ebenso den Bäumen wie auf
unseren Champagnerflaschen zu Abschließung der Verdunstung von innen
heraus und des Eindringens atmosphärischer Feuchtigkeit in das Innere*).

*) Wir finden daher, beiläufig bemerkt, nicht blos an der Rinde Korkbildung, sondern
an vielen andern Pflanzentheilen, wenn es einen Abschluß, ein Absperren gegen Verdunstung

Bei keinem unſerer deutſchen Bäume iſt die Korkbildung ſo reichlich
wie bei der Korkeiche, Quercus suber, welche im Süden von Europa
und in Algier in großen Beſtänden wächſt. Je nach der Schnelligkeit
des Wachſens fängt man dort vom 15.—20. Lebensjahre an den Bäumen
die Korkſchicht abzuſchälen, was alle 3—5 oder auch erſt alle 8 Jahre
wiederholt wird. Friſchgeſchälte Korkeichen, deren ich auf der ſpaniſchen
Seite der Pyrenäen viele geſehen habe, machen einen wahrhaft ſchmerz-
lichen Eindruck, denn ſie ſehen wie geſchunden und blutend aus, indem die
der Korkſchicht beraubte Rinde ziemlich lebhaft roth ausſieht.

Wegen der geringen Durchdringbarkeit des weichen und elaſtiſchen
Korkes für Feuchtigkeit nutzt ſich die äußerſte Korklage auch nur ſehr
langſam ab, ohne ſich in Platten und Täfelchen abzulöſen, wie wir dies
nachher bei der Borke kennen lernen werden; obſchon man, was an
einem Korkſtöpſel leicht zu beſtätigen iſt, in der Korkmaſſe dunklere, den
Jahresringen des Holzes gleichlaufende ſchmale Streifen bemerkt, welche
aus etwas dickwandigeren Zellen beſtehen. Dieſe Streifen ſcheinen übrigens
nicht für Jahresabſchnitte gehalten werden zu dürfen, denn ich ſehe an
einem vierjährigen Korkeichenaſte deutlich nur drei ſolche Korkabtheilungen,
auf deren äußerſter die Oberhaut noch ganz wohlerhalten zu ſehen iſt.

Mit dem echten Kork müſſen wir ihrer phyſiologiſchen Bedeutung,
wenn auch nicht ihren übrigen Eigenſchaften nach die ſchon vorher er-
wähnte Rindenhaut, Periderm (S. 110) für gleichbedeutend halten,
denn auch ſie beſteht aus radial geordneten Lagen etwas platter würfeliger
Zellen. Sie nutzt ſich nur äußerſt wenig ab und verdickt ſich von innen
auch nur wenig durch Zellenvermehrung. Dieſe unverwüſtliche Rinden-
haut bildet die ſelbſt an ſehr alten Buchen noch überaus glatte Rinde,
und auch junge Eichen können bis in ihr 15.—20. Jahr eine ſolche und
zwar aus demſelben Grunde haben. Die weiße ſich leicht abblätternde
Schicht der Birkenrinde iſt unter anderen ebenfalls hierher zu rechnen.

Bei der uns ſchon bekannten faſt vollkommenen Undurchdringbarkeit
für Flüſſigkeiten und Gaſe dient der Kork ebenſo den Bäumen wie auf
unſeren Champagnerflaſchen zu Abſchließung der Verdunſtung von innen
heraus und des Eindringens atmoſphäriſcher Feuchtigkeit in das Innere*).

*) Wir finden daher, beiläufig bemerkt, nicht blos an der Rinde Korkbildung, ſondern
an vielen andern Pflanzentheilen, wenn es einen Abſchluß, ein Abſperren gegen Verdunſtung
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0140" n="116"/>
            <p>Bei keinem un&#x017F;erer deut&#x017F;chen Bäume i&#x017F;t die Korkbildung &#x017F;o reichlich<lb/>
wie bei der <hi rendition="#g">Korkeiche</hi>, <hi rendition="#aq">Quercus suber,</hi> welche im Süden von Europa<lb/>
und in Algier in großen Be&#x017F;tänden wäch&#x017F;t. Je nach der Schnelligkeit<lb/>
des Wach&#x017F;ens fängt man dort vom 15.&#x2014;20. Lebensjahre an den Bäumen<lb/>
die Kork&#x017F;chicht abzu&#x017F;chälen, was alle 3&#x2014;5 oder auch er&#x017F;t alle 8 Jahre<lb/>
wiederholt wird. Fri&#x017F;chge&#x017F;chälte Korkeichen, deren ich auf der &#x017F;pani&#x017F;chen<lb/>
Seite der Pyrenäen viele ge&#x017F;ehen habe, machen einen wahrhaft &#x017F;chmerz-<lb/>
lichen Eindruck, denn &#x017F;ie &#x017F;ehen wie ge&#x017F;chunden und blutend aus, indem die<lb/>
der Kork&#x017F;chicht beraubte Rinde ziemlich lebhaft roth aus&#x017F;ieht.</p><lb/>
            <p>Wegen der geringen Durchdringbarkeit des weichen und ela&#x017F;ti&#x017F;chen<lb/>
Korkes für Feuchtigkeit nutzt &#x017F;ich die äußer&#x017F;te Korklage auch nur &#x017F;ehr<lb/>
lang&#x017F;am ab, ohne &#x017F;ich in Platten und Täfelchen abzulö&#x017F;en, wie wir dies<lb/>
nachher bei der <hi rendition="#g">Borke</hi> kennen lernen werden; ob&#x017F;chon man, was an<lb/>
einem Kork&#x017F;töp&#x017F;el leicht zu be&#x017F;tätigen i&#x017F;t, in der Korkma&#x017F;&#x017F;e dunklere, den<lb/>
Jahresringen des Holzes gleichlaufende &#x017F;chmale Streifen bemerkt, welche<lb/>
aus etwas dickwandigeren Zellen be&#x017F;tehen. Die&#x017F;e Streifen &#x017F;cheinen übrigens<lb/>
nicht für Jahresab&#x017F;chnitte gehalten werden zu dürfen, denn ich &#x017F;ehe an<lb/>
einem vierjährigen Korkeichena&#x017F;te deutlich nur drei &#x017F;olche Korkabtheilungen,<lb/>
auf deren äußer&#x017F;ter die Oberhaut noch ganz wohlerhalten zu &#x017F;ehen i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Mit dem echten Kork mü&#x017F;&#x017F;en wir ihrer phy&#x017F;iologi&#x017F;chen Bedeutung,<lb/>
wenn auch nicht ihren übrigen Eigen&#x017F;chaften nach die &#x017F;chon vorher er-<lb/>
wähnte <hi rendition="#g">Rindenhaut, Periderm</hi> (S. 110) für gleichbedeutend halten,<lb/>
denn auch &#x017F;ie be&#x017F;teht aus radial geordneten Lagen etwas platter würfeliger<lb/>
Zellen. Sie nutzt &#x017F;ich nur äußer&#x017F;t wenig ab und verdickt &#x017F;ich von innen<lb/>
auch nur wenig durch Zellenvermehrung. Die&#x017F;e unverwü&#x017F;tliche Rinden-<lb/>
haut bildet die &#x017F;elb&#x017F;t an &#x017F;ehr alten Buchen noch überaus glatte Rinde,<lb/>
und auch junge Eichen können bis in ihr 15.&#x2014;20. Jahr eine &#x017F;olche und<lb/>
zwar aus dem&#x017F;elben Grunde haben. Die weiße &#x017F;ich leicht abblätternde<lb/>
Schicht der Birkenrinde i&#x017F;t unter anderen ebenfalls hierher zu rechnen.</p><lb/>
            <p>Bei der uns &#x017F;chon bekannten fa&#x017F;t vollkommenen Undurchdringbarkeit<lb/>
für Flü&#x017F;&#x017F;igkeiten und Ga&#x017F;e dient der Kork eben&#x017F;o den Bäumen wie auf<lb/>
un&#x017F;eren Champagnerfla&#x017F;chen zu Ab&#x017F;chließung der Verdun&#x017F;tung von innen<lb/>
heraus und des Eindringens atmo&#x017F;phäri&#x017F;cher Feuchtigkeit in das Innere<note xml:id="seg2pn_3_1" next="#seg2pn_3_2" place="foot" n="*)">Wir finden daher, beiläufig bemerkt, nicht blos an der Rinde Korkbildung, &#x017F;ondern<lb/>
an vielen andern Pflanzentheilen, wenn es einen Ab&#x017F;chluß, ein Ab&#x017F;perren gegen Verdun&#x017F;tung</note>.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0140] Bei keinem unſerer deutſchen Bäume iſt die Korkbildung ſo reichlich wie bei der Korkeiche, Quercus suber, welche im Süden von Europa und in Algier in großen Beſtänden wächſt. Je nach der Schnelligkeit des Wachſens fängt man dort vom 15.—20. Lebensjahre an den Bäumen die Korkſchicht abzuſchälen, was alle 3—5 oder auch erſt alle 8 Jahre wiederholt wird. Friſchgeſchälte Korkeichen, deren ich auf der ſpaniſchen Seite der Pyrenäen viele geſehen habe, machen einen wahrhaft ſchmerz- lichen Eindruck, denn ſie ſehen wie geſchunden und blutend aus, indem die der Korkſchicht beraubte Rinde ziemlich lebhaft roth ausſieht. Wegen der geringen Durchdringbarkeit des weichen und elaſtiſchen Korkes für Feuchtigkeit nutzt ſich die äußerſte Korklage auch nur ſehr langſam ab, ohne ſich in Platten und Täfelchen abzulöſen, wie wir dies nachher bei der Borke kennen lernen werden; obſchon man, was an einem Korkſtöpſel leicht zu beſtätigen iſt, in der Korkmaſſe dunklere, den Jahresringen des Holzes gleichlaufende ſchmale Streifen bemerkt, welche aus etwas dickwandigeren Zellen beſtehen. Dieſe Streifen ſcheinen übrigens nicht für Jahresabſchnitte gehalten werden zu dürfen, denn ich ſehe an einem vierjährigen Korkeichenaſte deutlich nur drei ſolche Korkabtheilungen, auf deren äußerſter die Oberhaut noch ganz wohlerhalten zu ſehen iſt. Mit dem echten Kork müſſen wir ihrer phyſiologiſchen Bedeutung, wenn auch nicht ihren übrigen Eigenſchaften nach die ſchon vorher er- wähnte Rindenhaut, Periderm (S. 110) für gleichbedeutend halten, denn auch ſie beſteht aus radial geordneten Lagen etwas platter würfeliger Zellen. Sie nutzt ſich nur äußerſt wenig ab und verdickt ſich von innen auch nur wenig durch Zellenvermehrung. Dieſe unverwüſtliche Rinden- haut bildet die ſelbſt an ſehr alten Buchen noch überaus glatte Rinde, und auch junge Eichen können bis in ihr 15.—20. Jahr eine ſolche und zwar aus demſelben Grunde haben. Die weiße ſich leicht abblätternde Schicht der Birkenrinde iſt unter anderen ebenfalls hierher zu rechnen. Bei der uns ſchon bekannten faſt vollkommenen Undurchdringbarkeit für Flüſſigkeiten und Gaſe dient der Kork ebenſo den Bäumen wie auf unſeren Champagnerflaſchen zu Abſchließung der Verdunſtung von innen heraus und des Eindringens atmoſphäriſcher Feuchtigkeit in das Innere *). *) Wir finden daher, beiläufig bemerkt, nicht blos an der Rinde Korkbildung, ſondern an vielen andern Pflanzentheilen, wenn es einen Abſchluß, ein Abſperren gegen Verdunſtung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/140
Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/140>, abgerufen am 22.12.2024.