Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

Wenn wir so in dem Korke eine normale Gewebebildung kennen
gelernt haben, so ist dagegen die Borke vielmehr fast ein pathologisches
Gebilde zu nennen, wenn auch nicht in dem Sinne, daß sie eine wahre
Krankheitserscheinung sei, da wir im Gegentheile wissen, daß viele Bäume
von einem gewissen Alter an regelmäßig eine dicke Borkenschicht bilden.

Die Borke umfaßt bei den verschiedenen Baumarten bald mehr bald
weniger tief, von außen her gerechnet, eindringende Schichten der Rinde.

Man muß hier ausdrücklich daran erinnern, daß im äußeren An-
sehen Kork und Borke kaum von einander zu unterscheiden sind. An der
Korkeiche findet der Unkundige scheinbar dasselbe wie an unseren deutschen
Eichen, dieselben tiefen Furchen und zwischen diesen die erhabenen Kämme.
Untersucht man jedoch die letzteren bei der Korkeiche, so findet man, daß
sie eben lediglich aus Korkzellen bestehen, während sie bei unseren Eichen
aus Rindenparenchym der von uns sogenannten Grünschicht und aus
Bastzellen bestehen. Die Korkzellen spielen aber dennoch eine wichtige
Rolle bei der Borkenbildung, indem sie das bekannte Abstoßen der Bor-
kentafeln einleiten, welches am ausgeprägtesten bei der Kiefer und bei der
bei uns eingebürgerten Platane stattfindet. Es bilden sich nämlich mitten
in der Rinde dünne mit dem Stammumfange gleich laufende Schichten
dickwandiger Korkzellen, wodurch die auswärts von ihnen liegende Rinden-
schicht abgesperrt und dem Absterben anheimgegeben wird, wodurch bei
der Platane bekanntlich das herbstliche Abblättern von großen etwa 1/4 Zoll
dicken Borkentafeln bedingt wird.

Neben diesen massenhaften Abstoßungen bewirkt noch die äußere Ver-
witterung eine Abnutzung der äußeren Borke, welche jedoch nur langsam
wirkt und am meisten noch dadurch, daß das atmosphärische Wasser von
den Seiten der Borkenfurchen in die Borkenhügel eindringt und den
Korkabsperrungen folgend, die abgesperrten Schichten abhebt, was am
deutlichsten bei der Kiefer zu sehen ist, bei welcher ohne Zweifel der
Wechsel zwischen feuchtem Wetter und austrocknender Wärme von großem
Einfluß auf die Abschuppung der oberen Stammtheile ist.

gilt. Dies ist namentlich sehr oft bei kleinen Verwundungen der Fall, die durch Kork-
bildung geschlossen werden. Bei dem Laubfall werden wir der Korkbildung wieder
begegnen.

Wenn wir ſo in dem Korke eine normale Gewebebildung kennen
gelernt haben, ſo iſt dagegen die Borke vielmehr faſt ein pathologiſches
Gebilde zu nennen, wenn auch nicht in dem Sinne, daß ſie eine wahre
Krankheitserſcheinung ſei, da wir im Gegentheile wiſſen, daß viele Bäume
von einem gewiſſen Alter an regelmäßig eine dicke Borkenſchicht bilden.

Die Borke umfaßt bei den verſchiedenen Baumarten bald mehr bald
weniger tief, von außen her gerechnet, eindringende Schichten der Rinde.

Man muß hier ausdrücklich daran erinnern, daß im äußeren An-
ſehen Kork und Borke kaum von einander zu unterſcheiden ſind. An der
Korkeiche findet der Unkundige ſcheinbar daſſelbe wie an unſeren deutſchen
Eichen, dieſelben tiefen Furchen und zwiſchen dieſen die erhabenen Kämme.
Unterſucht man jedoch die letzteren bei der Korkeiche, ſo findet man, daß
ſie eben lediglich aus Korkzellen beſtehen, während ſie bei unſeren Eichen
aus Rindenparenchym der von uns ſogenannten Grünſchicht und aus
Baſtzellen beſtehen. Die Korkzellen ſpielen aber dennoch eine wichtige
Rolle bei der Borkenbildung, indem ſie das bekannte Abſtoßen der Bor-
kentafeln einleiten, welches am ausgeprägteſten bei der Kiefer und bei der
bei uns eingebürgerten Platane ſtattfindet. Es bilden ſich nämlich mitten
in der Rinde dünne mit dem Stammumfange gleich laufende Schichten
dickwandiger Korkzellen, wodurch die auswärts von ihnen liegende Rinden-
ſchicht abgeſperrt und dem Abſterben anheimgegeben wird, wodurch bei
der Platane bekanntlich das herbſtliche Abblättern von großen etwa ¼ Zoll
dicken Borkentafeln bedingt wird.

Neben dieſen maſſenhaften Abſtoßungen bewirkt noch die äußere Ver-
witterung eine Abnutzung der äußeren Borke, welche jedoch nur langſam
wirkt und am meiſten noch dadurch, daß das atmoſphäriſche Waſſer von
den Seiten der Borkenfurchen in die Borkenhügel eindringt und den
Korkabſperrungen folgend, die abgeſperrten Schichten abhebt, was am
deutlichſten bei der Kiefer zu ſehen iſt, bei welcher ohne Zweifel der
Wechſel zwiſchen feuchtem Wetter und austrocknender Wärme von großem
Einfluß auf die Abſchuppung der oberen Stammtheile iſt.

gilt. Dies iſt namentlich ſehr oft bei kleinen Verwundungen der Fall, die durch Kork-
bildung geſchloſſen werden. Bei dem Laubfall werden wir der Korkbildung wieder
begegnen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0141" n="117"/>
            <p>Wenn wir &#x017F;o in dem Korke eine normale Gewebebildung kennen<lb/>
gelernt haben, &#x017F;o i&#x017F;t dagegen die <hi rendition="#g">Borke</hi> vielmehr fa&#x017F;t ein pathologi&#x017F;ches<lb/>
Gebilde zu nennen, wenn auch nicht in dem Sinne, daß &#x017F;ie eine wahre<lb/>
Krankheitser&#x017F;cheinung &#x017F;ei, da wir im Gegentheile wi&#x017F;&#x017F;en, daß viele Bäume<lb/>
von einem gewi&#x017F;&#x017F;en Alter an regelmäßig eine dicke Borken&#x017F;chicht bilden.</p><lb/>
            <p>Die Borke umfaßt bei den ver&#x017F;chiedenen Baumarten bald mehr bald<lb/>
weniger tief, von außen her gerechnet, eindringende Schichten der Rinde.</p><lb/>
            <p>Man muß hier ausdrücklich daran erinnern, daß im äußeren An-<lb/>
&#x017F;ehen Kork und Borke kaum von einander zu unter&#x017F;cheiden &#x017F;ind. An der<lb/>
Korkeiche findet der Unkundige &#x017F;cheinbar da&#x017F;&#x017F;elbe wie an un&#x017F;eren deut&#x017F;chen<lb/>
Eichen, die&#x017F;elben tiefen Furchen und zwi&#x017F;chen die&#x017F;en die erhabenen Kämme.<lb/>
Unter&#x017F;ucht man jedoch die letzteren bei der Korkeiche, &#x017F;o findet man, daß<lb/>
&#x017F;ie eben lediglich aus Korkzellen be&#x017F;tehen, während &#x017F;ie bei un&#x017F;eren Eichen<lb/>
aus Rindenparenchym der von uns &#x017F;ogenannten Grün&#x017F;chicht und aus<lb/>
Ba&#x017F;tzellen be&#x017F;tehen. Die Korkzellen &#x017F;pielen aber dennoch eine wichtige<lb/>
Rolle bei der Borkenbildung, indem &#x017F;ie das bekannte Ab&#x017F;toßen der Bor-<lb/>
kentafeln einleiten, welches am ausgeprägte&#x017F;ten bei der Kiefer und bei der<lb/>
bei uns eingebürgerten Platane &#x017F;tattfindet. Es bilden &#x017F;ich nämlich mitten<lb/>
in der Rinde dünne mit dem Stammumfange gleich laufende Schichten<lb/>
dickwandiger Korkzellen, wodurch die auswärts von ihnen liegende Rinden-<lb/>
&#x017F;chicht abge&#x017F;perrt und dem Ab&#x017F;terben anheimgegeben wird, wodurch bei<lb/>
der Platane bekanntlich das herb&#x017F;tliche Abblättern von großen etwa ¼ Zoll<lb/>
dicken Borkentafeln bedingt wird.</p><lb/>
            <p>Neben die&#x017F;en ma&#x017F;&#x017F;enhaften Ab&#x017F;toßungen bewirkt noch die äußere Ver-<lb/>
witterung eine Abnutzung der äußeren Borke, welche jedoch nur lang&#x017F;am<lb/>
wirkt und am mei&#x017F;ten noch dadurch, daß das atmo&#x017F;phäri&#x017F;che Wa&#x017F;&#x017F;er von<lb/>
den Seiten der Borkenfurchen in die Borkenhügel eindringt und den<lb/>
Korkab&#x017F;perrungen folgend, die abge&#x017F;perrten Schichten abhebt, was am<lb/>
deutlich&#x017F;ten bei der Kiefer zu &#x017F;ehen i&#x017F;t, bei welcher ohne Zweifel der<lb/>
Wech&#x017F;el zwi&#x017F;chen feuchtem Wetter und austrocknender Wärme von großem<lb/>
Einfluß auf die Ab&#x017F;chuppung der oberen Stammtheile i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>
              <note xml:id="seg2pn_3_2" prev="#seg2pn_3_1" place="foot" n="*)">gilt. Dies i&#x017F;t namentlich &#x017F;ehr oft bei kleinen Verwundungen der Fall, die durch Kork-<lb/>
bildung ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden. Bei dem Laubfall werden wir der Korkbildung wieder<lb/>
begegnen.</note>
            </p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0141] Wenn wir ſo in dem Korke eine normale Gewebebildung kennen gelernt haben, ſo iſt dagegen die Borke vielmehr faſt ein pathologiſches Gebilde zu nennen, wenn auch nicht in dem Sinne, daß ſie eine wahre Krankheitserſcheinung ſei, da wir im Gegentheile wiſſen, daß viele Bäume von einem gewiſſen Alter an regelmäßig eine dicke Borkenſchicht bilden. Die Borke umfaßt bei den verſchiedenen Baumarten bald mehr bald weniger tief, von außen her gerechnet, eindringende Schichten der Rinde. Man muß hier ausdrücklich daran erinnern, daß im äußeren An- ſehen Kork und Borke kaum von einander zu unterſcheiden ſind. An der Korkeiche findet der Unkundige ſcheinbar daſſelbe wie an unſeren deutſchen Eichen, dieſelben tiefen Furchen und zwiſchen dieſen die erhabenen Kämme. Unterſucht man jedoch die letzteren bei der Korkeiche, ſo findet man, daß ſie eben lediglich aus Korkzellen beſtehen, während ſie bei unſeren Eichen aus Rindenparenchym der von uns ſogenannten Grünſchicht und aus Baſtzellen beſtehen. Die Korkzellen ſpielen aber dennoch eine wichtige Rolle bei der Borkenbildung, indem ſie das bekannte Abſtoßen der Bor- kentafeln einleiten, welches am ausgeprägteſten bei der Kiefer und bei der bei uns eingebürgerten Platane ſtattfindet. Es bilden ſich nämlich mitten in der Rinde dünne mit dem Stammumfange gleich laufende Schichten dickwandiger Korkzellen, wodurch die auswärts von ihnen liegende Rinden- ſchicht abgeſperrt und dem Abſterben anheimgegeben wird, wodurch bei der Platane bekanntlich das herbſtliche Abblättern von großen etwa ¼ Zoll dicken Borkentafeln bedingt wird. Neben dieſen maſſenhaften Abſtoßungen bewirkt noch die äußere Ver- witterung eine Abnutzung der äußeren Borke, welche jedoch nur langſam wirkt und am meiſten noch dadurch, daß das atmoſphäriſche Waſſer von den Seiten der Borkenfurchen in die Borkenhügel eindringt und den Korkabſperrungen folgend, die abgeſperrten Schichten abhebt, was am deutlichſten bei der Kiefer zu ſehen iſt, bei welcher ohne Zweifel der Wechſel zwiſchen feuchtem Wetter und austrocknender Wärme von großem Einfluß auf die Abſchuppung der oberen Stammtheile iſt. *) *) gilt. Dies iſt namentlich ſehr oft bei kleinen Verwundungen der Fall, die durch Kork- bildung geſchloſſen werden. Bei dem Laubfall werden wir der Korkbildung wieder begegnen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/141
Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/141>, abgerufen am 22.12.2024.