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Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

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Herr Thomas Wagstaff,
die er ihr beständig erwiese, zugienge; Da sie im-
mittelst ihre Passion klüglich zu verbergen suchte
und ihn freundlich fragte, was dieses für ein Buch
wäre, so er in seiner Hand habe. Es sind, Ma-
dame,
sagte Wagstaff, Quevedos Visions
oder Gesichte: Er ist ein lustiger Gesel-
le, mit dem ich mir manche verdrüßliche
Stunden und
melancholische Gedan-
cken vertrieben habe; Wenn er ihnen
nicht bekannt ist, belieben sie ihn von mei-
ner Hand anzunehmen, so bin ich versi-
chert, sie werden ihn, nach genauerer Be-
kanntschafft, der besten Aufnahme wür-
digen, die er verdienet.
Madame Charl-
ton
nahm es an, und entdeckte zugleich durch ei-
nen verliebten Blick, die Schwachheit derjenigen
Tugend, welche zuvor für unüberwindlich gehalten
worden, nunmehro aber sich gezwungen sahe, den
kürtzern zu ziehen, und einem mächtigern und sieg-
hafftem Laster das Feld zu räumen. Jhre öfftern
Zusammenkünffte machten das harte Hertz der
Madame Charlton endlich gelinde, und ihre
Unschuld und keuscher Vorsatz wurde nach und nach
geschwächet, biß alle ihre Ansprüche zur Ehre durch
die List des Wagstaffs, und Täuscherey des Gad-
bury,
in den Staub geleget waren. Was die erste
Begebenheit betrifft, wollte ich sie aus Liebe fast
unschuldig sprechen, massen sie arglistiger Weise

dar-

Herr Thomas Wagſtaff,
die er ihr beſtaͤndig erwieſe, zugienge; Da ſie im-
mittelſt ihre Paſſion kluͤglich zu verbergen ſuchte
und ihn freundlich fragte, was dieſes fuͤr ein Buch
waͤre, ſo er in ſeiner Hand habe. Es ſind, Ma-
dame,
ſagte Wagſtaff, Quevedos Viſions
oder Geſichte: Er iſt ein luſtiger Geſel-
le, mit dem ich mir manche verdruͤßliche
Stunden und
melancholiſche Gedan-
cken vertrieben habe; Wenn er ihnen
nicht bekannt iſt, belieben ſie ihn von mei-
ner Hand anzunehmen, ſo bin ich verſi-
chert, ſie werden ihn, nach genauerer Be-
kanntſchafft, der beſten Aufnahme wuͤr-
digen, die er verdienet.
Madame Charl-
ton
nahm es an, und entdeckte zugleich durch ei-
nen verliebten Blick, die Schwachheit derjenigen
Tugend, welche zuvor fuͤr unuͤberwindlich gehalten
worden, nunmehro aber ſich gezwungen ſahe, den
kuͤrtzern zu ziehen, und einem maͤchtigern und ſieg-
hafftem Laſter das Feld zu raͤumen. Jhre oͤfftern
Zuſammenkuͤnffte machten das harte Hertz der
Madame Charlton endlich gelinde, und ihre
Unſchuld und keuſcher Vorſatz wurde nach und nach
geſchwaͤchet, biß alle ihre Anſpruͤche zur Ehre durch
die Liſt des Wagſtaffs, und Taͤuſcherey des Gad-
bury,
in den Staub geleget waren. Was die erſte
Begebenheit betrifft, wollte ich ſie aus Liebe faſt
unſchuldig ſprechen, maſſen ſie argliſtiger Weiſe

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[408/0428] Herr Thomas Wagſtaff, die er ihr beſtaͤndig erwieſe, zugienge; Da ſie im- mittelſt ihre Paſſion kluͤglich zu verbergen ſuchte und ihn freundlich fragte, was dieſes fuͤr ein Buch waͤre, ſo er in ſeiner Hand habe. Es ſind, Ma- dame, ſagte Wagſtaff, Quevedos Viſions oder Geſichte: Er iſt ein luſtiger Geſel- le, mit dem ich mir manche verdruͤßliche Stunden und melancholiſche Gedan- cken vertrieben habe; Wenn er ihnen nicht bekannt iſt, belieben ſie ihn von mei- ner Hand anzunehmen, ſo bin ich verſi- chert, ſie werden ihn, nach genauerer Be- kanntſchafft, der beſten Aufnahme wuͤr- digen, die er verdienet. Madame Charl- ton nahm es an, und entdeckte zugleich durch ei- nen verliebten Blick, die Schwachheit derjenigen Tugend, welche zuvor fuͤr unuͤberwindlich gehalten worden, nunmehro aber ſich gezwungen ſahe, den kuͤrtzern zu ziehen, und einem maͤchtigern und ſieg- hafftem Laſter das Feld zu raͤumen. Jhre oͤfftern Zuſammenkuͤnffte machten das harte Hertz der Madame Charlton endlich gelinde, und ihre Unſchuld und keuſcher Vorſatz wurde nach und nach geſchwaͤchet, biß alle ihre Anſpruͤche zur Ehre durch die Liſt des Wagſtaffs, und Taͤuſcherey des Gad- bury, in den Staub geleget waren. Was die erſte Begebenheit betrifft, wollte ich ſie aus Liebe faſt unſchuldig ſprechen, maſſen ſie argliſtiger Weiſe dar-

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Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/428>, abgerufen am 21.11.2024.