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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize.
selber trotz dieses überschüssigen Blutes nicht immerfort wächst,
so spricht dies zugleich dafür, dass er selber nicht blos nach
der Menge der vorhandenen Nahrung wächst, sondern dass ihm
zur Nahrungsaufnahme noch etwas anderes nöthig ist.

Dass die Organe in der Periode selbständigen er-
erbten Wachsthums
, also in der Jugend, bei stärkerer
Nahrungszufuhr, wenn auch, wie erwähnt, nicht proportional
derselben und nur bis zu einem gewissen Grade stärker wachsen,
ist eine allgemein bekannte Thatsache und für die abweichen-
den Resultate in einigen Experimenten müssen besondere Ur-
sachen gesucht werden.

Aber es scheint auch, dass es Gewebe giebt, welche selbst
im ausgewachsenen Zustande bei künstlich bewirkter Hyperaemie,
also Vergrösserung der Nahrungszufuhr, wieder zum Wachsthum
angeregt werden können. Dafür sprechen mancherlei patho-
logische Erfahrungen.

So kann vielleicht die Verdickung des Bindegewebes, welche
wir in der Umgebung und in der Tiefe unter chronischen Unter-
schenkelgeschwüren bis tief in die Muskeln hinein finden, auf
solche langdauernde Hyperaemie zurückgeführt werden, und
ebenso beobachtet man gelegentlich bei chronischer Hyperaemie
der Haut Hypertrophie derselben sowohl in Bindegewebe und
Epithelschicht, und bei Hyperaemie der Knochenhaut vermehrte
Knochenbildung.

Wir wissen indessen nicht, ob nicht in diesen und ähn-
lichen Fällen entzündlicher Hyperaemie zugleich noch chemische
oder mechanische Reize zur Vermehrung anregend wirksam sind,
wollen aber, um die Ungewissheit eher zu unseren Ungunsten
zu verwenden, im Folgenden annehmen, dass die Stütz-
substanzen
(Knochen, Knorpel und Bindegewebe), sowie auch
die Deckepithelien, also die Epithelien ohne secretorische
Function, durch Vergrösserung der Nahrungszufuhr

III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize.
selber trotz dieses überschüssigen Blutes nicht immerfort wächst,
so spricht dies zugleich dafür, dass er selber nicht blos nach
der Menge der vorhandenen Nahrung wächst, sondern dass ihm
zur Nahrungsaufnahme noch etwas anderes nöthig ist.

Dass die Organe in der Periode selbständigen er-
erbten Wachsthums
, also in der Jugend, bei stärkerer
Nahrungszufuhr, wenn auch, wie erwähnt, nicht proportional
derselben und nur bis zu einem gewissen Grade stärker wachsen,
ist eine allgemein bekannte Thatsache und für die abweichen-
den Resultate in einigen Experimenten müssen besondere Ur-
sachen gesucht werden.

Aber es scheint auch, dass es Gewebe giebt, welche selbst
im ausgewachsenen Zustande bei künstlich bewirkter Hyperaemie,
also Vergrösserung der Nahrungszufuhr, wieder zum Wachsthum
angeregt werden können. Dafür sprechen mancherlei patho-
logische Erfahrungen.

So kann vielleicht die Verdickung des Bindegewebes, welche
wir in der Umgebung und in der Tiefe unter chronischen Unter-
schenkelgeschwüren bis tief in die Muskeln hinein finden, auf
solche langdauernde Hyperaemie zurückgeführt werden, und
ebenso beobachtet man gelegentlich bei chronischer Hyperaemie
der Haut Hypertrophie derselben sowohl in Bindegewebe und
Epithelschicht, und bei Hyperaemie der Knochenhaut vermehrte
Knochenbildung.

Wir wissen indessen nicht, ob nicht in diesen und ähn-
lichen Fällen entzündlicher Hyperaemie zugleich noch chemische
oder mechanische Reize zur Vermehrung anregend wirksam sind,
wollen aber, um die Ungewissheit eher zu unseren Ungunsten
zu verwenden, im Folgenden annehmen, dass die Stütz-
substanzen
(Knochen, Knorpel und Bindegewebe), sowie auch
die Deckepithelien, also die Epithelien ohne secretorische
Function, durch Vergrösserung der Nahrungszufuhr

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[144/0158] III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize. selber trotz dieses überschüssigen Blutes nicht immerfort wächst, so spricht dies zugleich dafür, dass er selber nicht blos nach der Menge der vorhandenen Nahrung wächst, sondern dass ihm zur Nahrungsaufnahme noch etwas anderes nöthig ist. Dass die Organe in der Periode selbständigen er- erbten Wachsthums, also in der Jugend, bei stärkerer Nahrungszufuhr, wenn auch, wie erwähnt, nicht proportional derselben und nur bis zu einem gewissen Grade stärker wachsen, ist eine allgemein bekannte Thatsache und für die abweichen- den Resultate in einigen Experimenten müssen besondere Ur- sachen gesucht werden. Aber es scheint auch, dass es Gewebe giebt, welche selbst im ausgewachsenen Zustande bei künstlich bewirkter Hyperaemie, also Vergrösserung der Nahrungszufuhr, wieder zum Wachsthum angeregt werden können. Dafür sprechen mancherlei patho- logische Erfahrungen. So kann vielleicht die Verdickung des Bindegewebes, welche wir in der Umgebung und in der Tiefe unter chronischen Unter- schenkelgeschwüren bis tief in die Muskeln hinein finden, auf solche langdauernde Hyperaemie zurückgeführt werden, und ebenso beobachtet man gelegentlich bei chronischer Hyperaemie der Haut Hypertrophie derselben sowohl in Bindegewebe und Epithelschicht, und bei Hyperaemie der Knochenhaut vermehrte Knochenbildung. Wir wissen indessen nicht, ob nicht in diesen und ähn- lichen Fällen entzündlicher Hyperaemie zugleich noch chemische oder mechanische Reize zur Vermehrung anregend wirksam sind, wollen aber, um die Ungewissheit eher zu unseren Ungunsten zu verwenden, im Folgenden annehmen, dass die Stütz- substanzen (Knochen, Knorpel und Bindegewebe), sowie auch die Deckepithelien, also die Epithelien ohne secretorische Function, durch Vergrösserung der Nahrungszufuhr

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/158>, abgerufen am 23.11.2024.