Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.fahrten u. s. w. man dafür haben könne; dann sagt man ihm: All' dies Geld ist dein! wenn du groß bist, so bekommst du das alles zu deinem Ge- brauche! Man läßt das Kind jedesmal vergeblich um einen Dukaten aus diesem Schatze bitten, wenn es etwa einmal eine Anwandlung zu einem schönen Gebrauche in sich verspüren sollte. Es müßte eine vorzüglich stark ausgeprägte Seele seyn, wenn auf diesem Wege bei ihr der gehoffte Respekt vor dem Gelde nicht endlich eintreten sollte! Wie die Lehre vom Eigenthumsrecht auch klei- Vor etwa fünf Jahren besuchte sie meine Schwe- fahrten u. ſ. w. man dafür haben könne; dann ſagt man ihm: All’ dies Geld iſt dein! wenn du groß biſt, ſo bekommſt du das alles zu deinem Ge- brauche! Man läßt das Kind jedesmal vergeblich um einen Dukaten aus dieſem Schatze bitten, wenn es etwa einmal eine Anwandlung zu einem ſchönen Gebrauche in ſich verſpüren ſollte. Es müßte eine vorzüglich ſtark ausgeprägte Seele ſeyn, wenn auf dieſem Wege bei ihr der gehoffte Reſpekt vor dem Gelde nicht endlich eintreten ſollte! Wie die Lehre vom Eigenthumsrecht auch klei- Vor etwa fünf Jahren beſuchte ſie meine Schwe- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0110" n="96"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> fahrten u. ſ. w. man dafür haben könne; dann<lb/> ſagt man ihm: All’ dies Geld iſt dein! wenn du<lb/> groß biſt, ſo bekommſt du das alles zu deinem Ge-<lb/> brauche! Man läßt das Kind jedesmal vergeblich<lb/> um einen Dukaten aus dieſem Schatze bitten,<lb/> wenn es etwa einmal eine Anwandlung zu einem<lb/> ſchönen Gebrauche in ſich verſpüren ſollte. Es<lb/> müßte eine vorzüglich ſtark ausgeprägte Seele ſeyn,<lb/> wenn auf dieſem Wege bei ihr der gehoffte Reſpekt<lb/> vor dem Gelde nicht endlich eintreten ſollte!</p><lb/> <p>Wie die Lehre vom Eigenthumsrecht auch klei-<lb/> nen Kindern beizubringen ſey, und was ſie da<lb/> wirke, wo ſie den Zunder im Kinde findet, davon<lb/> ſahe ich manches Beiſpiel. Höre, wie eine Mut-<lb/> ter mit ihrem einzigen Kinde dabei zu Werke ging,<lb/> und wie es ihr gelang.</p><lb/> <p>Vor etwa fünf Jahren beſuchte ſie meine Schwe-<lb/> ſter mit ihrem damals vier Jahre alten Knaben.<lb/> Es war eins der unbändigſten Kinder, und zeigte<lb/> viel Charakter, wie man das nennt. Meine<lb/> Schweſter, welche Kinder eben ſo leidenſchaftlich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0110]
fahrten u. ſ. w. man dafür haben könne; dann
ſagt man ihm: All’ dies Geld iſt dein! wenn du
groß biſt, ſo bekommſt du das alles zu deinem Ge-
brauche! Man läßt das Kind jedesmal vergeblich
um einen Dukaten aus dieſem Schatze bitten,
wenn es etwa einmal eine Anwandlung zu einem
ſchönen Gebrauche in ſich verſpüren ſollte. Es
müßte eine vorzüglich ſtark ausgeprägte Seele ſeyn,
wenn auf dieſem Wege bei ihr der gehoffte Reſpekt
vor dem Gelde nicht endlich eintreten ſollte!
Wie die Lehre vom Eigenthumsrecht auch klei-
nen Kindern beizubringen ſey, und was ſie da
wirke, wo ſie den Zunder im Kinde findet, davon
ſahe ich manches Beiſpiel. Höre, wie eine Mut-
ter mit ihrem einzigen Kinde dabei zu Werke ging,
und wie es ihr gelang.
Vor etwa fünf Jahren beſuchte ſie meine Schwe-
ſter mit ihrem damals vier Jahre alten Knaben.
Es war eins der unbändigſten Kinder, und zeigte
viel Charakter, wie man das nennt. Meine
Schweſter, welche Kinder eben ſo leidenſchaftlich
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