bekommen hat, und sagte, es seyen in der ganzen Nachbarschaft jetzt keine zu haben, weil die vielen Fremden alles aufzehrten. "Ja dann weiß ich der kranken Frau nicht zu helfen." O Tante, Blaurock und Perdrix sollen daran. "Dann müssen sie aber auch hier in unsrer Küche zuberei- tet werden, Du weißt, Clärchen kocht vortreflich, und wird sie der Kranken gewiß recht nach Wunsch zubereiten." Gut, liebe Tante, aber bitte, laß die Hühner greifen und schlachten, wenn ich nicht da bin.
Dies ward zugestanden. Wir bestellten den armen Mann auf den folgenden Mittag. Er holte die Krankenmahlzeit, und kam mit musend Seg- nungen von der Kranken zurück. Tags darauf ward ihr das zweite bereitet. Jda war froh des kleinen Siegs. Von jetzt an wird fast täglich für die ar- me Kranke gekocht und gebraten, und wenn ihr gute Nahrung wieder aufhelfen kann, so kommt sie gewiß durch. Sorgfältiger ist wohl weit umher nicht leicht ein Armer verpflegt, als diese Kranke seit 8 Tagen. Es ist eine Freude zu sehen, wie
bekommen hat, und ſagte, es ſeyen in der ganzen Nachbarſchaft jetzt keine zu haben, weil die vielen Fremden alles aufzehrten. „Ja dann weiß ich der kranken Frau nicht zu helfen.‟ O Tante, Blaurock und Perdrix ſollen daran. „Dann müſſen ſie aber auch hier in unſrer Küche zuberei- tet werden, Du weißt, Clärchen kocht vortreflich, und wird ſie der Kranken gewiß recht nach Wunſch zubereiten.‟ Gut, liebe Tante, aber bitte, laß die Hühner greifen und ſchlachten, wenn ich nicht da bin.
Dies ward zugeſtanden. Wir beſtellten den armen Mann auf den folgenden Mittag. Er holte die Krankenmahlzeit, und kam mit muſend Seg- nungen von der Kranken zurück. Tags darauf ward ihr das zweite bereitet. Jda war froh des kleinen Siegs. Von jetzt an wird faſt täglich für die ar- me Kranke gekocht und gebraten, und wenn ihr gute Nahrung wieder aufhelfen kann, ſo kommt ſie gewiß durch. Sorgfältiger iſt wohl weit umher nicht leicht ein Armer verpflegt, als dieſe Kranke ſeit 8 Tagen. Es iſt eine Freude zu ſehen, wie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0190"n="182"/>
bekommen hat, und ſagte, es ſeyen in der ganzen<lb/>
Nachbarſchaft jetzt keine zu haben, weil die vielen<lb/>
Fremden alles aufzehrten. „Ja dann weiß ich<lb/>
der kranken Frau nicht zu helfen.‟ O Tante,<lb/>
Blaurock und Perdrix ſollen daran. „Dann<lb/>
müſſen ſie aber auch hier in unſrer Küche zuberei-<lb/>
tet werden, Du weißt, Clärchen kocht vortreflich,<lb/>
und wird ſie der Kranken gewiß recht nach Wunſch<lb/>
zubereiten.‟ Gut, liebe Tante, aber bitte, laß<lb/>
die Hühner greifen und ſchlachten, wenn ich nicht<lb/>
da bin.</p><lb/><p>Dies ward zugeſtanden. Wir beſtellten den<lb/>
armen Mann auf den folgenden Mittag. Er holte<lb/>
die Krankenmahlzeit, und kam mit muſend Seg-<lb/>
nungen von der Kranken zurück. Tags darauf ward<lb/>
ihr das zweite bereitet. Jda war froh des kleinen<lb/>
Siegs. Von jetzt an wird faſt täglich für die ar-<lb/>
me Kranke gekocht und gebraten, und wenn ihr<lb/>
gute Nahrung wieder aufhelfen kann, ſo kommt<lb/>ſie gewiß durch. Sorgfältiger iſt wohl weit umher<lb/>
nicht leicht ein Armer verpflegt, als dieſe Kranke<lb/>ſeit 8 Tagen. Es iſt eine Freude zu ſehen, wie<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[182/0190]
bekommen hat, und ſagte, es ſeyen in der ganzen
Nachbarſchaft jetzt keine zu haben, weil die vielen
Fremden alles aufzehrten. „Ja dann weiß ich
der kranken Frau nicht zu helfen.‟ O Tante,
Blaurock und Perdrix ſollen daran. „Dann
müſſen ſie aber auch hier in unſrer Küche zuberei-
tet werden, Du weißt, Clärchen kocht vortreflich,
und wird ſie der Kranken gewiß recht nach Wunſch
zubereiten.‟ Gut, liebe Tante, aber bitte, laß
die Hühner greifen und ſchlachten, wenn ich nicht
da bin.
Dies ward zugeſtanden. Wir beſtellten den
armen Mann auf den folgenden Mittag. Er holte
die Krankenmahlzeit, und kam mit muſend Seg-
nungen von der Kranken zurück. Tags darauf ward
ihr das zweite bereitet. Jda war froh des kleinen
Siegs. Von jetzt an wird faſt täglich für die ar-
me Kranke gekocht und gebraten, und wenn ihr
gute Nahrung wieder aufhelfen kann, ſo kommt
ſie gewiß durch. Sorgfältiger iſt wohl weit umher
nicht leicht ein Armer verpflegt, als dieſe Kranke
ſeit 8 Tagen. Es iſt eine Freude zu ſehen, wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/190>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.