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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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O wenn wir dies alle thäten, liebste Elvire, die
Wirkung würde bald allgemein sichtbar werden.
Und dann, gute Elvire, soll ja auch nur die noch
lernende, noch in ihrer ersten Ausbildung begriffene
Jugend von den Zirkeln der großen und lustigen
Welt ausgeschlossen seyn.

Der schon erzogene Mensch studiere diese und
empfange selbst, gebend von ihr, was sie Gutes
zu geben vermag. Elv. Sie, Freundin, geben
der Gesellschaft aber nicht, was sie so gern von
Jhnen empfienge: ich habe die Klage hierüber oft
gehört, und nie zu beantworten gewußt. Jch.
Wenn das nicht bloß Worte der Zeitverkürzung,
oder höfliche Redeformen waren (in diesem Fall
dient ja eine Verneigung, auch wenns unsere Freun-
de betrifft, statt aller Antwort)[,] so geben Sie der
Gesellschaft zu bedenken, daß ich für jetzt der
jungen aufblühenden Welt fast ausschließend ange-
höre. Meine Stelle in der großen geselligen Welt,
wenn ich je eine darin gehabt, ist so leicht auszu-
füllen. Bei dieser Jugend, der ich mich einmal
ganz gewidmet, wäre das vielleicht nicht völlig so



O wenn wir dies alle thäten, liebſte Elvire, die
Wirkung würde bald allgemein ſichtbar werden.
Und dann, gute Elvire, ſoll ja auch nur die noch
lernende, noch in ihrer erſten Ausbildung begriffene
Jugend von den Zirkeln der großen und luſtigen
Welt ausgeſchloſſen ſeyn.

Der ſchon erzogene Menſch ſtudiere dieſe und
empfange ſelbſt, gebend von ihr, was ſie Gutes
zu geben vermag. Elv. Sie, Freundin, geben
der Geſellſchaft aber nicht, was ſie ſo gern von
Jhnen empfienge: ich habe die Klage hierüber oft
gehört, und nie zu beantworten gewußt. Jch.
Wenn das nicht bloß Worte der Zeitverkürzung,
oder höfliche Redeformen waren (in dieſem Fall
dient ja eine Verneigung, auch wenns unſere Freun-
de betrifft, ſtatt aller Antwort)[,] ſo geben Sie der
Geſellſchaft zu bedenken, daß ich für jetzt der
jungen aufblühenden Welt faſt ausſchließend ange-
höre. Meine Stelle in der großen geſelligen Welt,
wenn ich je eine darin gehabt, iſt ſo leicht auszu-
füllen. Bei dieſer Jugend, der ich mich einmal
ganz gewidmet, wäre das vielleicht nicht völlig ſo

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[261/0269] O wenn wir dies alle thäten, liebſte Elvire, die Wirkung würde bald allgemein ſichtbar werden. Und dann, gute Elvire, ſoll ja auch nur die noch lernende, noch in ihrer erſten Ausbildung begriffene Jugend von den Zirkeln der großen und luſtigen Welt ausgeſchloſſen ſeyn. Der ſchon erzogene Menſch ſtudiere dieſe und empfange ſelbſt, gebend von ihr, was ſie Gutes zu geben vermag. Elv. Sie, Freundin, geben der Geſellſchaft aber nicht, was ſie ſo gern von Jhnen empfienge: ich habe die Klage hierüber oft gehört, und nie zu beantworten gewußt. Jch. Wenn das nicht bloß Worte der Zeitverkürzung, oder höfliche Redeformen waren (in dieſem Fall dient ja eine Verneigung, auch wenns unſere Freun- de betrifft, ſtatt aller Antwort), ſo geben Sie der Geſellſchaft zu bedenken, daß ich für jetzt der jungen aufblühenden Welt faſt ausſchließend ange- höre. Meine Stelle in der großen geſelligen Welt, wenn ich je eine darin gehabt, iſt ſo leicht auszu- füllen. Bei dieſer Jugend, der ich mich einmal ganz gewidmet, wäre das vielleicht nicht völlig ſo

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/269>, abgerufen am 21.11.2024.