Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.uns vorgegangen sey. Bruno blickte mich an, ich ihn und uns beiden entstürzten Thränen. Sera- phine sagte schelmisch: Bruno Clärchen wieder küssen: ich wurde wie Glut. Auch Bruno errö- thete. Mein Vater sah uns beide fragend an. "Bruno, was ist das?" -- Bruno: das Kind hat mir Glücklichen die Zunge gelös't. Vater meiner herrlichen Clare, wollen Sie auch mein Vater seyn? wollen Sie den Bruno zum Sohn annehmen? Mein Vater suchte sich zu fassen, dann sagt' er: die Freude kommt mir zu plötzlich, fast muß ich ihr erliegen. Welchen bessern Sohn hätte ich mir wünschen dürfen! Laßt mich nur erst recht zu mir selbst kommen, meine Kinder, daß meine Seele euch mit Ruhe segne! O Deborah! könnt' ich Dich nur diesen Augenblick aus Deinem Him- mel zurückrufen, daß Du es sähest, wie glücklich Dein Verlaßner hier auf Erden noch werden konn- te! Jch schluchzte und sank zu des Vaters Füßen, Bruno neben mir. Segne mich auch, mein Va- ter, sagte er mit bebender Stimme! Und des Vaters Stimme wankte, und an seinen Wimpern hingen helle Tropfen. Seraphine war unterdessen uns vorgegangen ſey. Bruno blickte mich an, ich ihn und uns beiden entſtürzten Thränen. Sera- phine ſagte ſchelmiſch: Bruno Clärchen wieder küſſen: ich wurde wie Glut. Auch Bruno errö- thete. Mein Vater ſah uns beide fragend an. „Bruno, was iſt das?‟ — Bruno: das Kind hat mir Glücklichen die Zunge gelöſ’t. Vater meiner herrlichen Clare, wollen Sie auch mein Vater ſeyn? wollen Sie den Bruno zum Sohn annehmen? Mein Vater ſuchte ſich zu faſſen, dann ſagt’ er: die Freude kommt mir zu plötzlich, faſt muß ich ihr erliegen. Welchen beſſern Sohn hätte ich mir wünſchen dürfen! Laßt mich nur erſt recht zu mir ſelbſt kommen, meine Kinder, daß meine Seele euch mit Ruhe ſegne! O Deborah! könnt’ ich Dich nur dieſen Augenblick aus Deinem Him- mel zurückrufen, daß Du es ſäheſt, wie glücklich Dein Verlaßner hier auf Erden noch werden konn- te! Jch ſchluchzte und ſank zu des Vaters Füßen, Bruno neben mir. Segne mich auch, mein Va- ter, ſagte er mit bebender Stimme! Und des Vaters Stimme wankte, und an ſeinen Wimpern hingen helle Tropfen. Seraphine war unterdeſſen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0326" n="318"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> uns vorgegangen ſey. Bruno blickte mich an, ich<lb/> ihn und uns beiden entſtürzten Thränen. Sera-<lb/> phine ſagte ſchelmiſch: Bruno Clärchen wieder<lb/> küſſen: ich wurde wie Glut. Auch Bruno errö-<lb/> thete. Mein Vater ſah uns beide fragend an.<lb/> „Bruno, was iſt das?‟ — <hi rendition="#g">Bruno:</hi> das Kind<lb/> hat mir Glücklichen die Zunge gelöſ’t. Vater<lb/> meiner herrlichen Clare, wollen Sie auch mein<lb/> Vater ſeyn? wollen Sie den Bruno zum Sohn<lb/> annehmen? Mein Vater ſuchte ſich zu faſſen, dann<lb/> ſagt’ er: die Freude kommt mir zu plötzlich, faſt<lb/> muß ich ihr erliegen. Welchen beſſern Sohn hätte<lb/> ich mir wünſchen dürfen! Laßt mich nur erſt recht<lb/> zu mir ſelbſt kommen, meine Kinder, daß meine<lb/> Seele euch mit Ruhe ſegne! O Deborah! könnt’<lb/> ich Dich nur dieſen Augenblick aus Deinem Him-<lb/> mel zurückrufen, daß Du es ſäheſt, wie glücklich<lb/> Dein Verlaßner hier auf Erden noch werden konn-<lb/> te! Jch ſchluchzte und ſank zu des Vaters Füßen,<lb/> Bruno neben mir. Segne mich auch, mein Va-<lb/> ter, ſagte er mit bebender Stimme! Und des<lb/> Vaters Stimme wankte, und an ſeinen Wimpern<lb/> hingen helle Tropfen. Seraphine war unterdeſſen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [318/0326]
uns vorgegangen ſey. Bruno blickte mich an, ich
ihn und uns beiden entſtürzten Thränen. Sera-
phine ſagte ſchelmiſch: Bruno Clärchen wieder
küſſen: ich wurde wie Glut. Auch Bruno errö-
thete. Mein Vater ſah uns beide fragend an.
„Bruno, was iſt das?‟ — Bruno: das Kind
hat mir Glücklichen die Zunge gelöſ’t. Vater
meiner herrlichen Clare, wollen Sie auch mein
Vater ſeyn? wollen Sie den Bruno zum Sohn
annehmen? Mein Vater ſuchte ſich zu faſſen, dann
ſagt’ er: die Freude kommt mir zu plötzlich, faſt
muß ich ihr erliegen. Welchen beſſern Sohn hätte
ich mir wünſchen dürfen! Laßt mich nur erſt recht
zu mir ſelbſt kommen, meine Kinder, daß meine
Seele euch mit Ruhe ſegne! O Deborah! könnt’
ich Dich nur dieſen Augenblick aus Deinem Him-
mel zurückrufen, daß Du es ſäheſt, wie glücklich
Dein Verlaßner hier auf Erden noch werden konn-
te! Jch ſchluchzte und ſank zu des Vaters Füßen,
Bruno neben mir. Segne mich auch, mein Va-
ter, ſagte er mit bebender Stimme! Und des
Vaters Stimme wankte, und an ſeinen Wimpern
hingen helle Tropfen. Seraphine war unterdeſſen
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