Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.Blick richtete sich von ihr zum Himmel, vom Him- mel wieder zu ihr, uns andere gar nicht bemerkend, und als ob niemand sonst außer ihr und ihm in der Welt sey. Sie erholte sich. Matt richtete sich ihr Blick empor, bang und schüchtern sah sie sich in seinen Armen, und eine sanfte Röthe über- goß sie schnell. Doch hatte sie die Kraft nicht, sich loszuwinden. Er entließ sie leise schonend, und sie erholte sich immer mehr, und sah' uns alle mit frommer Liebe an; mit gleicher Liebe, als ob wir drei nur eine Person wären. Platov näherte sich ihr bebend wieder und er- Blick richtete ſich von ihr zum Himmel, vom Him- mel wieder zu ihr, uns andere gar nicht bemerkend, und als ob niemand ſonſt außer ihr und ihm in der Welt ſey. Sie erholte ſich. Matt richtete ſich ihr Blick empor, bang und ſchüchtern ſah ſie ſich in ſeinen Armen, und eine ſanfte Röthe über- goß ſie ſchnell. Doch hatte ſie die Kraft nicht, ſich loszuwinden. Er entließ ſie leiſe ſchonend, und ſie erholte ſich immer mehr, und ſah’ uns alle mit frommer Liebe an; mit gleicher Liebe, als ob wir drei nur eine Perſon wären. Platov näherte ſich ihr bebend wieder und er- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0336" n="328"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Blick richtete ſich von ihr zum Himmel, vom Him-<lb/> mel wieder zu ihr, uns andere gar nicht bemerkend,<lb/> und als ob niemand ſonſt außer ihr und ihm in<lb/> der Welt ſey. Sie erholte ſich. Matt richtete<lb/> ſich ihr Blick empor, bang und ſchüchtern ſah ſie<lb/> ſich in ſeinen Armen, und eine ſanfte Röthe über-<lb/> goß ſie ſchnell. Doch hatte ſie die Kraft nicht, ſich<lb/> loszuwinden. Er entließ ſie leiſe ſchonend, und<lb/> ſie erholte ſich immer mehr, und ſah’ uns alle mit<lb/> frommer Liebe an; mit gleicher Liebe, als ob wir<lb/> drei nur eine Perſon wären.</p><lb/> <p>Platov näherte ſich ihr bebend wieder und er-<lb/> griff ihre Hände, die ſie ohne Weigerung nehmen<lb/> ließ. „Und wenn Du ins Leben wirklich zurück-<lb/> gekehrt, willſt Du für den leben, der ohne Dich<lb/> nicht mehr ſeyn kann? Willſt Du meinem Leben<lb/> ſeine verlorne Bedeutung wiedergeben?‟ — Jda<lb/> ſah ihn mit ſonderbar ſtillem Lächeln an. „O ſprich<lb/> nur ein einzig Wort, mir dieſes fromme Lächeln<lb/> zu deuten. Willſt Du für den leben, der außer<lb/> Dir nichts mehr am Leben hat noch will? Kannſt<lb/> Du, willſt Du ihn ganz hinnehmen, Dich ihm<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [328/0336]
Blick richtete ſich von ihr zum Himmel, vom Him-
mel wieder zu ihr, uns andere gar nicht bemerkend,
und als ob niemand ſonſt außer ihr und ihm in
der Welt ſey. Sie erholte ſich. Matt richtete
ſich ihr Blick empor, bang und ſchüchtern ſah ſie
ſich in ſeinen Armen, und eine ſanfte Röthe über-
goß ſie ſchnell. Doch hatte ſie die Kraft nicht, ſich
loszuwinden. Er entließ ſie leiſe ſchonend, und
ſie erholte ſich immer mehr, und ſah’ uns alle mit
frommer Liebe an; mit gleicher Liebe, als ob wir
drei nur eine Perſon wären.
Platov näherte ſich ihr bebend wieder und er-
griff ihre Hände, die ſie ohne Weigerung nehmen
ließ. „Und wenn Du ins Leben wirklich zurück-
gekehrt, willſt Du für den leben, der ohne Dich
nicht mehr ſeyn kann? Willſt Du meinem Leben
ſeine verlorne Bedeutung wiedergeben?‟ — Jda
ſah ihn mit ſonderbar ſtillem Lächeln an. „O ſprich
nur ein einzig Wort, mir dieſes fromme Lächeln
zu deuten. Willſt Du für den leben, der außer
Dir nichts mehr am Leben hat noch will? Kannſt
Du, willſt Du ihn ganz hinnehmen, Dich ihm
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