Was für ein Hirngespinst du auch in ihr erkennst, Wenn du in ihr nur siehst kein grinsendes Gespenst,
Wie solch ein kranker Geist, der seine Todeswunden Gern fühlet überall, macht aus der kerngesunden.
55.
Was glänzt, daß du es siehst, ist gleichsam im Verbrennen; Die Farben werden sich davon wie Funken trennen.
Was schallt, daß du es hörst, ist nah dran zu zerspringen; Nur durch Erschütterung vermag's dich anzuklingen.
Was duftet, daß du's riechst, und was du schmeckest gar, In diesem nimmst du leicht der Theil' Auflösung wahr.
Und das was dich berührt, daß es dein Finger spürt, Ist seinem Untergang entgegen so geführt,
Wenn alles auch so leicht nicht der Zerstörung Staub Wird durch Berührung, wie des Silfen Flügelstaub.
Dem Sinne kann die Welt nicht anders kund sich geben Als nur im Uebergang zum Tode von dem Leben.
Was fuͤr ein Hirngeſpinſt du auch in ihr erkennſt, Wenn du in ihr nur ſiehſt kein grinſendes Geſpenſt,
Wie ſolch ein kranker Geiſt, der ſeine Todeswunden Gern fuͤhlet uͤberall, macht aus der kerngeſunden.
55.
Was glaͤnzt, daß du es ſiehſt, iſt gleichſam im Verbrennen; Die Farben werden ſich davon wie Funken trennen.
Was ſchallt, daß du es hoͤrſt, iſt nah dran zu zerſpringen; Nur durch Erſchuͤtterung vermag's dich anzuklingen.
Was duftet, daß du's riechſt, und was du ſchmeckeſt gar, In dieſem nimmſt du leicht der Theil' Aufloͤſung wahr.
Und das was dich beruͤhrt, daß es dein Finger ſpuͤrt, Iſt ſeinem Untergang entgegen ſo gefuͤhrt,
Wenn alles auch ſo leicht nicht der Zerſtoͤrung Staub Wird durch Beruͤhrung, wie des Silfen Fluͤgelſtaub.
Dem Sinne kann die Welt nicht anders kund ſich geben Als nur im Uebergang zum Tode von dem Leben.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0056"n="46"/><lgn="3"><l>Was fuͤr ein Hirngeſpinſt du auch in ihr erkennſt,</l><lb/><l>Wenn du in ihr nur ſiehſt kein grinſendes Geſpenſt,</l></lg><lb/><lgn="4"><l>Wie ſolch ein kranker Geiſt, der ſeine Todeswunden</l><lb/><l>Gern fuͤhlet uͤberall, macht aus der kerngeſunden.</l></lg><lb/></lg></div><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>55.</head><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l>Was glaͤnzt, daß du es ſiehſt, iſt gleichſam im Verbrennen;</l><lb/><l>Die Farben werden ſich davon wie Funken trennen.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Was ſchallt, daß du es hoͤrſt, iſt nah dran zu zerſpringen;</l><lb/><l>Nur durch Erſchuͤtterung vermag's dich anzuklingen.</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Was duftet, daß du's riechſt, und was du ſchmeckeſt gar,</l><lb/><l>In dieſem nimmſt du leicht der Theil' Aufloͤſung wahr.</l></lg><lb/><lgn="4"><l>Und das was dich beruͤhrt, daß es dein Finger ſpuͤrt,</l><lb/><l>Iſt ſeinem Untergang entgegen ſo gefuͤhrt,</l></lg><lb/><lgn="5"><l>Wenn alles auch ſo leicht nicht der Zerſtoͤrung Staub</l><lb/><l>Wird durch Beruͤhrung, wie des Silfen Fluͤgelſtaub.</l></lg><lb/><lgn="6"><l>Dem Sinne kann die Welt nicht anders kund ſich geben</l><lb/><l>Als nur im Uebergang zum Tode von dem Leben.</l></lg><lb/></lg></div><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[46/0056]
Was fuͤr ein Hirngeſpinſt du auch in ihr erkennſt,
Wenn du in ihr nur ſiehſt kein grinſendes Geſpenſt,
Wie ſolch ein kranker Geiſt, der ſeine Todeswunden
Gern fuͤhlet uͤberall, macht aus der kerngeſunden.
55.
Was glaͤnzt, daß du es ſiehſt, iſt gleichſam im Verbrennen;
Die Farben werden ſich davon wie Funken trennen.
Was ſchallt, daß du es hoͤrſt, iſt nah dran zu zerſpringen;
Nur durch Erſchuͤtterung vermag's dich anzuklingen.
Was duftet, daß du's riechſt, und was du ſchmeckeſt gar,
In dieſem nimmſt du leicht der Theil' Aufloͤſung wahr.
Und das was dich beruͤhrt, daß es dein Finger ſpuͤrt,
Iſt ſeinem Untergang entgegen ſo gefuͤhrt,
Wenn alles auch ſo leicht nicht der Zerſtoͤrung Staub
Wird durch Beruͤhrung, wie des Silfen Fluͤgelſtaub.
Dem Sinne kann die Welt nicht anders kund ſich geben
Als nur im Uebergang zum Tode von dem Leben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/56>, abgerufen am 19.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.