Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.Erst glaubt' es ewig sich, am Ende fiel ihm bei, Daß es von Anfang nur das Licht gewesen sei. Und es beschloß die Welt von unten auf zu treiben, Wie Licht von oben her; so wird die Schöpfung bleiben. 71. Nicht erst vom Werkzeug wird Naturtrieb angehaucht, Naturtrieb bringt hervor das Werkzeug das er braucht. Das Vögelchen im Nest will schon Gefieder regen, Das nicht gewachsen ist, und muß sich wieder legen. Mit ungewachsnem Horn siehst du das Böckchen stoßen, Und mit noch glatter Stirn vergebens sich erboßen. Das Böckchen fühlt sein Horn, das Vögelchen die Schwingen Zum Voraus, und ihr Trieb sucht sie hervor zu bringen. So siehst du auch das Kind mit weicher Zunge lallen, Eh noch das Werkzeug läßt vollkommne Tön' erschallen, Erſt glaubt' es ewig ſich, am Ende fiel ihm bei, Daß es von Anfang nur das Licht geweſen ſei. Und es beſchloß die Welt von unten auf zu treiben, Wie Licht von oben her; ſo wird die Schoͤpfung bleiben. 71. Nicht erſt vom Werkzeug wird Naturtrieb angehaucht, Naturtrieb bringt hervor das Werkzeug das er braucht. Das Voͤgelchen im Neſt will ſchon Gefieder regen, Das nicht gewachſen iſt, und muß ſich wieder legen. Mit ungewachſnem Horn ſiehſt du das Boͤckchen ſtoßen, Und mit noch glatter Stirn vergebens ſich erboßen. Das Boͤckchen fuͤhlt ſein Horn, das Voͤgelchen die Schwingen Zum Voraus, und ihr Trieb ſucht ſie hervor zu bringen. So ſiehſt du auch das Kind mit weicher Zunge lallen, Eh noch das Werkzeug laͤßt vollkommne Toͤn' erſchallen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0071" n="61"/> <lg n="6"> <l>Erſt glaubt' es ewig ſich, am Ende fiel ihm bei,</l><lb/> <l>Daß es von Anfang nur das Licht geweſen ſei.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Und es beſchloß die Welt von unten auf zu treiben,</l><lb/> <l>Wie Licht von oben her; ſo wird die Schoͤpfung bleiben.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>71.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Nicht erſt vom Werkzeug wird Naturtrieb angehaucht,</l><lb/> <l>Naturtrieb bringt hervor das Werkzeug das er braucht.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Das Voͤgelchen im Neſt will ſchon Gefieder regen,</l><lb/> <l>Das nicht gewachſen iſt, und muß ſich wieder legen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Mit ungewachſnem Horn ſiehſt du das Boͤckchen ſtoßen,</l><lb/> <l>Und mit noch glatter Stirn vergebens ſich erboßen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Das Boͤckchen fuͤhlt ſein Horn, das Voͤgelchen die Schwingen</l><lb/> <l>Zum Voraus, und ihr Trieb ſucht ſie hervor zu bringen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>So ſiehſt du auch das Kind mit weicher Zunge lallen,</l><lb/> <l>Eh noch das Werkzeug laͤßt vollkommne Toͤn' erſchallen,</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0071]
Erſt glaubt' es ewig ſich, am Ende fiel ihm bei,
Daß es von Anfang nur das Licht geweſen ſei.
Und es beſchloß die Welt von unten auf zu treiben,
Wie Licht von oben her; ſo wird die Schoͤpfung bleiben.
71.
Nicht erſt vom Werkzeug wird Naturtrieb angehaucht,
Naturtrieb bringt hervor das Werkzeug das er braucht.
Das Voͤgelchen im Neſt will ſchon Gefieder regen,
Das nicht gewachſen iſt, und muß ſich wieder legen.
Mit ungewachſnem Horn ſiehſt du das Boͤckchen ſtoßen,
Und mit noch glatter Stirn vergebens ſich erboßen.
Das Boͤckchen fuͤhlt ſein Horn, das Voͤgelchen die Schwingen
Zum Voraus, und ihr Trieb ſucht ſie hervor zu bringen.
So ſiehſt du auch das Kind mit weicher Zunge lallen,
Eh noch das Werkzeug laͤßt vollkommne Toͤn' erſchallen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |